Verkehrsbelastung:Weiter Stau in Parsdorf

Lesezeit: 3 min

Die seit Jahren geplante Umfahrung für Vaterstettens nördliche Ortschaften hängt in der Warteschleife fest. Doch Bürgermeister Leonhard Spitzauer weiß, dass man den Bürgern eine Verkehrsentlastung versprochen hat

Von Wieland Bögel, Vaterstetten

Nicht einmal zwei Jahre bleiben Vaterstetten noch, den ersten Teil der seit Jahren geplanten Umfahrung für Parsdorf und Weißenfeld fertigzustellen. Zumindest wenn man einen Zuschuss in Höhe von vier Millionen Euro nicht verlieren will. Dennoch wird im Norden der Großgemeinde aktuell nicht gegraben und gebaut, Bürgermeister Leonhard Spitzauer (CSU), erwartet auch nicht, dass sich daran bald etwas ändern wird.

"Ich kann mir nicht vorstellen, dass in diesem Jahr noch etwas gebaut wird", sagt der Rathauschef. Auf die Frage, wann es denn endlich losgeht mit der von vielen Anwohnern der Ortschaften lange erwarteten Straße, muss Spitzauer passen, er traue sich derzeit nicht zu, einen Zeitplan zu nennen. Grund für die Verzögerung ist eine Klage von mehreren Landwirten, über deren Grund die Straße gebaut werden soll. Diese wollen nicht verkaufen - jedenfalls nicht zu dem Preis, welchen die Gemeinde bietet. Diese plant darum Besitzeinweisungen, das ist keine direkte Enteignung, aber quasi ein Zwangsverkauf. Dieser ist rechtlich möglich, wenn erstens ein übergeordnetes Interesse besteht und zweitens die Entschädigung angemessen ist. Über beides wird wohl letztlich ein Verwaltungsgericht zu entscheiden haben.

Ein Szenario, mit dem man bei der Gemeinde grundsätzlich schon länger gerechnet hat. Bereits im Anhörungsverfahren mit Vertretern der Regierung von Oberbayern vor gut zwei Jahren hatten sich einige Landwirte gegen einen Verkauf ihrer Flächen gestellt, womit der Weg vor Gericht quasi vorgezeichnet war. Dass dieser Weg allerdings ein sehr langwieriger ist, macht in Vaterstetten nun Schwierigkeiten.

Denn, wie Bürgermeister Spitzauer erklärt, habe man bisher weder einen Gerichtstermin noch die Klagebegründung der Gegenseite, wisse also weder über was genau verhandelt werden soll, noch wann. Dass die Sache in diesem Jahr zu Ende verhandelt sein wird, davon geht Spitzauer nicht aus, und bevor kein Urteil gefallen ist, darf die Gemeinde nicht bauen.

Dies habe die Regierung von Oberbayern den Vaterstettenern bereits mitgeteilt, so der Bürgermeister, beantragt war der "vorzeitige Maßnahmebeginn". Der Bau der Straße hätte also - auf eigenes Risiko - begonnen werden können, dass diese Option nicht besteht, hatten die Vaterstettener bereits im Herbst auf der Bürgerversammlung erfahren. Immerhin hat seitdem ein Kläger - die Nachbargemeinde Feldkirchen - zurückgezogen, die Landwirte halten an ihren Klagen jedoch fest.

Im Rathaus hat man auf die unsichere Lage reagiert und die Planungen für die Straße bis auf weiteres gestoppt. Im April vergangenen Jahres hatte noch der alte Gemeinderat den Bürgermeister ermächtigt, die Planungsleistungen für den ersten Abschnitt der Straße zu vergeben. Als Kosten wurde damals eine Summe zwischen 345 000 und einer halben Million Euro genannt. Allerdings war man in der Verwaltung damals auch noch davon ausgegangen, bis zum Sommer einen Planfeststellungsbeschluss der Bezirksregierung für die Straße zu haben. Dieses Geld werde man sich bis auf weiteres sparen, sagt Spitzauer, "weitergeplant wird, wenn es absehbar ist".

Die Frage, ob man es denn noch schaffen könne, bis Ende 2023 den nördlichen Abschnitt der Straße fertigzustellen, beantwortet der Bürgermeister sehr eindeutig: "Ich weiß es nicht." Dieses Zeitlimit hatte der Investor des 2014 eröffneten Parsdorfer Gewerbegebietes gesetzt. Wenn der östliche Teil der Umfahrung bis dahin benutzbar ist, beteiligt er sich an den Kosten mit etwas mehr als vier Millionen Euro, ansonsten ist das Geld weg. Dass dann auch die Umfahrung weg ist, galt bisher im Gemeinderat auch unter den Befürwortern des Projekts als gesetzt.

Allerdings, darauf verweist nun auch Spitzauer, habe man den Bewohnern der Ortschaften eben auch über viele Jahre eine Verkehrsentlastung versprochen, besonders nach der Erweiterung des Gewerbegebietes vor sechs Jahren. Umgekehrt sieht Spitzauer auch die großen finanziellen Belastungen der Gemeinde, die durch die anhaltende Corona-Krise sicher noch verschärft werden dürften. Auch diese ist eine Unsicherheit bei der Straßenplanung, sagt der Bürgermeister, derartige Projekte - immerhin werde mit Kosten von rund 35 Millionen Euro gerechnet, von denen aber noch Zuschüsse abgezogen werden müssen - könne man eigentlich nur in Angriff nehmen, "wenn wir wissen wie es mit Corona weitergeht". Zumindest sind die beiden Probleme - das Virus und die Klagen - gleichzeitig aufgetreten und nicht hintereinander, übt sich Spitzauer in Zweckoptimismus.

Dennoch könnte "am Ende des Tages eine Frage stehen wie: Kümmern wir uns um die Schulen oder um die Umfahrung?". Doch auch falls letztere tatsächlich nicht umgesetzt werden solle, am Versprechen der Verkehrsentlastung der Ortschaften will Spitzauer festhalten. Es gebe schließlich andere Entwicklungen, die vielversprechend seien. Etwa die Verkehrsallianz München Ost, bei dem mehrere Kommunen der drei Landkreise Ebersberg, Erding und München gemeinsam die Verkehrsprobleme angehen wollen. Oder die geplanten Umbauten am Autobahnkreuz mit der möglichen Verlegung der EBE 4. "Vielleicht", so der Bürgermeister, "kommt am Ende etwas Besseres dabei raus."

© SZ vom 22.02.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: