Verkehr:"Überall anders funktioniert es besser"

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Auch in der Pleiningerstraße in Ebersberg gilt: Nur wer ein Anliegen hat, darf sie befahren. Das sind allerdings nicht nur Personen, die dort wohnen und deren Gäste. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Damit weniger Autos durchfahren, setzt die Stadt Ebersberg mittlerweile fast schon inflationär auf Anliegerstraßen. Die übrigen Orte im Landkreis sind bei den Verbotsschilder deutlich sparsamer.

Von Wieland Bögel, Ebersberg

In der Kreisstadt gibt es viele Dinge, die es in anderen Kommunen nicht gibt. Ein Krankenhaus, einen Aussichtsturm - und eine Vielzahl roter runder Schilder. Diese verbieten in vielen Straßen die Durchfahrt, außer man ist Anlieger, wie auf einem Zusatzschild zu lesen ist. Darüber, wer Anlieger ist und wer nicht, gibt es in Ebersberg regelmäßig Streit, besonders in der Rosenheimer Straße scheinen viele das Anliegerschild nicht so ernst zu nehmen. Ansonsten scheint es aber seine Wirkung zu tun, sagt Bürgermeister Walter Brilmayer. Er ist vom Konzept der Anliegerstraßen in Ebersberg nach wie vor überzeugt.

Dieses funktioniert genau anders herum, als in den meisten Kommunen, wo Anliegerschilder bei Bedarf und für einzelne Straßen montiert werden. In Ebersberg dagegen sind "alle Straßen, die keine Durchgangsstraßen sind" nur für Anlieger reserviert. Das bedeutet konkret, dass sich alle anderen eigentlich nur auf den zwei Hauptachsen durch Ebersberg bewegen dürfen. Also in West-Ost-Richtung von der Münchner zur Wasserburger Straße und von Nord nach Süd entlang der Staatsstraße 2080, von der Eberhard- zur Bahnhofstraße. Außerdem gilt noch die Eichthalstraße vor dem Landratsamt als für den allgemeinen Verkehr freigegeben, genau wie die Heinrich-Vogl-Straße.

"Alles andere, alles was in die Wohngebiete führt, ist Anliegerstraße", so der Bürgermeister. Und in den allermeisten Fällen habe sich dies auch bewährt. Beschwerden von Anliegern über Durchgangsverkehr gebe es natürlich schon gelegentlich, die meisten davon beträfen aber tatsächlich die Rosenheimer Straße. "Überall anders funktioniert es besser."

Ein Problem der Ortskenntnis?

Dies könnte laut Brilmayer an der Ortskenntnis der Autofahrer liegen. Wenn eine Kommune einen Verkehrsweg zur Anliegerstraße deklariert, geht diese Information an die Hersteller von Navigationsgeräten, erklärt Brilmayer. Nach dem nächsten Update würden die Nutzer dann nur noch in diese Straße gelotst, wenn diese ihr Ziel ist, aber sie taucht nicht mehr als Durchgangsstraße oder Abkürzung auf.

Im Fall der Rosenheimer Straße scheitere das aber oft an der Gewohnheit der Autofahrer, sagt der Bürgermeister. Diese sei eben besonders bei älteren Ebersbergern als kürzester Weg Richtung Berge oder in die Nachbarstadt bekannt. Womit aber ohnehin bald Schluss sei, wie Brilmayer erwartet. Denn sobald die Grafinger Ortsumfahrung fertig ist, werde zumindest die Abkürzung zur B 304 nicht mehr möglich, die Fahrt durch die Rosenheimer Straße somit weniger attraktiv sein.

In anderen Kommunen ist man dagegen sparsamer mit dem Aufhängen von Anliegerschildern. Diese gebe es in Grafing nur an einigen wenigen Stellen, sagt Bürgermeisterin Angelika Obermayr. Meist stehe vor der Umwidmung zur Anliegerstraße eine Beschwerde der Bewohner, dann prüfe man, ob es möglich sei. In Grafing sei dies vielerorts eben nicht der Fall.

"Wir haben viele Durchgangsstraßen", die man nicht einfach sperren könne, sagt die Bürgermeisterin. Auch in Vaterstetten gebe es solche für den allgemeinen Verkehr gesperrten Straßen nur bei Bedarf, so Manfred Weber, bei der Gemeinde zuständig für Tiefbau und Verkehrsrecht. Etwa wenn die Straße "eine geringe Tragfähigkeit" habe, also aus technischen Gründen für viel Verkehr nicht ausgelegt sei.

"Beruhigende Elemente" in Markt Schwaben

Ansonsten sei in Vaterstetten "grundsätzlich jede gewidmete Straße für den öffentlichen Verkehr freigegeben". Weber verweist zudem auf ein anderes Problem der Anliegerstraßen: "Die Beschilderung ,Anlieger frei' bedeutet, dass jeder, der ein Anliegen hat, diese Straße auch nutzen kann."

Diese Erfahrung hat man auch in Markt Schwaben gemacht, so Bürgermeister Georg Hohmann: Es habe sich gezeigt "dass einerseits diejenigen, die trotzdem in die Straßen fahren, Gründe vorbringen, die man schwer widerlegen kann. Andererseits erzeugt es bei den Anwohnern Unmut, weil ihnen eine ,Straßenberuhigung' suggeriert wird, aber es diese oft nicht gibt, weil die Anordnung nicht befolgt wird." Sinnvoller sei laut Hohmann gleich eine Verkehrsberuhigung, also das Spielstraßenschild, aufzuhängen und die Straße entsprechend zu gestalten. Etwa mit Einbahnregelungen oder "beruhigenden Elementen".

In Ebersberg setzt man auch noch auf andere Mittel, um unerwünschten Autoverkehr fernzuhalten. Etwa durch Engstellen, Blumenkübel und Parkplätzen an den Straßen. Im Ebersberger Nordwesten hat die Stadt sogar eine Straße - die Verbindung zwischen Josef-Brendle- und Von-Scala-Straße - mit Pollern unpassierbar gemacht, damit diese nicht als Schleichweg genutzt werden kann. Durchfahren können hier nur Rettungsdienst und Polizei, die haben einen Schlüssel für die Poller.

© SZ vom 21.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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