Verhandlung in Ebersberg:Zu den Akten

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Hat ein Mann seiner Ex-Frau sensible Dokumente gestohlen? Diese Frage musste nun das Ebersberger Amtsgericht klären

Von Andreas Junkmann, Ebersberg

Wenn Dokumente im heimischen Papierwust verschwinden, ist das zwar ärgerlich, hat in aller Regel aber keine direkten Konsequenzen. Anders verhält es sich mit den Unterlagen, die einer 33-jährigen Frau aus dem nördlichen Landkreis Ebersberg abhanden gekommen sind. Diese nämlich tauchten wenig später an unerwarteter Stelle wieder auf: im gerichtlichen Unterhaltsstreit mit ihrem Ex-Partner. Das wiederum hatte zur Folge, dass sich die beiden ehemaligen Lebensgefährten nun zusätzlich in einem Strafprozess gegenüberstanden. Denn die Frau verdächtigte ihren Ex-Mann, die Dokumente gestohlen zu haben, um diese anschließend gegen sie zu verwenden. Der 34-Jährige musste sich deshalb nun vor dem Ebersberger Amtsgericht verantworten.

Dort lautete die Anklage auf Diebstahl, was aber nicht nur die Papiere seiner ehemaligen Lebenspartnerin mit einschloss, sondern auch rund 600 Euro, die er aus der Spardose der gemeinsamen Tochter geklaut haben soll. Dem Staatsanwalt zufolge habe der Mann dazu eine Gelegenheit Anfang Mai vergangenen Jahres genutzt, als er im Haus der Frau auf das Kind der beiden aufpasste - und sich dabei an den Aktenordnern und am Sparschwein zu schaffen machte. Verschwunden seien neben dem Bargeld auch Bankunterlagen und weitere Schriftstücke, wie etwa Kreditverträge oder berufliche Dokumente der Frau.

All das könne er gar nicht gestohlen haben, sei ihr Mandant doch überhaupt nicht im Haus seiner Ex-Partnerin gewesen, gab hingegen die Verteidigerin des 34-Jährigen zu Protokoll. Die Geschichte des besagten Tages sei eine andere: Er habe lediglich die gemeinsame Tochter am Gartenzaun in Empfang genommen und sei mit ihr spazieren gegangen. Als vermeintliches Beweismittel legte die Verteidigern dem Gericht Handyfotos vor, die laut Datum an jenem Tag entstanden sind. Auch ein Chatverlauf, in dem er unter anderem seiner Ex-Partnerin geschrieben hatte, er sei nun vom Spaziergang zurück, sollte die Unschuld des Mannes beweisen.

Dennoch blieb die Frage im Raum, wie denn nun die Dokumente in die Hände seiner Anwältin im Verfahren vor dem Familiengericht gekommen waren. Doch auch darauf hatte der 34-Jährige eine Antwort: Er und seine Frau hätten während ihrer Beziehung ein gemeinsames E-Mail-Konto angelegt, auf das nach wie vor beide Zugriff haben. Von dort habe er die besagten Unterlagen runtergeladen, die Erlaubnis dazu habe er gehabt. Dass er auch das Geld aus der Spardose der gemeinsamen Tochter genommen habe, bestritt der Mann.

Dessen ehemalige Partnerin hingegen präsentierte dem Gericht um Vorsitzende Vera Hörauf eine andere Geschichte. Sehr wohl sei ihr Ex-Mann an dem Tag im Haus gewesen - und das auch noch alleine mit dem Kind, da sie selbst zum Einkaufen musste. "Ich ärger mich, dass ich so blöd war und ihn reingelassen habe", sagte die 33-Jährige im Zeugenstand. Sie war sich sicher, dass der Mann während ihrer Abwesenheit die Aktenordner durchwühlt hat, schließlich habe dort ein "heilloses Durcheinander" geherrscht. Auch sei die Spardose der Tochter bis auf ein paar Münzen leer gewesen, obwohl doch deren Oma erst wenige Tage zuvor Geld hineingesteckt habe.

Die Erklärung des Mannes, es habe ein gemeinsames E-Mail-Konto gegeben, sei hingegen Unfug. So etwas hätten sie nie gehabt - und obendrein würde sie dort sicher keine vertraulichen Dokumente abspeichern, so die Frau. Selbst für die Fotos, die an jenem Tag gemacht wurden, hatte sie eine Erklärung: Diese könnten auch einfach im Garten entstanden sein und seien deshalb kein Beweis dafür, dass der Mann tatsächlich mit der Tochter spazieren war.

Richterin Hörauf war diese Beweislage für eine Verurteilung allerdings noch zu dünn. Sie brachte zwei Möglichkeiten ins Spiel: entweder weitere Zeugen zu hören oder das Verfahren gegen eine Geldauflage einzustellen. Angesichts der Gefahr weiterer Gerichtskosten, die er bei einer Verurteilung hätte tragen müssen, entschied sich der Mann für letztere Option. Nun muss er 3000 Euro an einen gemeinnützigen Verein zahlen.

© SZ vom 26.01.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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