Vaterstetten:Über den Berg

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Das historische Wasenmeisterhaus in Neufarn darf wieder aufgebaut werden. Nach einer missglückten Renovierung hätte es zunächst eigentlich komplett abgerissen werden sollen.

Von Wieland Bögel, Vaterstetten

Die Ruine am Neufarner Berg darf wieder auferstehen. Wie Vaterstettens Bürgermeister Georg Reitsberger (FW) diese Woche erklärte, kann die bereits vor einem Jahr erteilte Baugenehmigung nun wirksam werden. Um den Wiederaufbau des ehemaligen Straßenmeisterhauses aus dem Jahr 1907 war seit mehr als zwei Jahren kontrovers debattiert worden, sogar der Petitionsausschuss des Bayerischen Landtages beschäftigte sich mit dem Fall.

Der ist durchaus kurios, denn dass von dem auch als Wasenmeisterhaus bekannten Gebäude seit 2014 lediglich noch Mauerreste zu sehen sind, war weder genehmigt noch - zumindest nach Angaben der Eigentümerin - beabsichtigt. Diese hatte zwar eine Genehmigung vom Bauamt, allerdings nur für einen Umbau samt Sanierung. Was aber tatsächlich entstand - oder im Entstehen begriffen war - sei ein echter Neubau, urteilte das Bauamt im Sommer 2014 nach einer Begehung und ordnete die Einstellung der Arbeiten an.

Normalerweise würde der Bauwerber nun einfach einen korrekten Bauantrag einreichen und hätte eine realistische Chance auf dessen Genehmigung - nicht so in diesem Fall. Das Häuschen steht - oder stand - nämlich im sogenannten Außenbereich, wo nur sehr eingeschränkt gebaut werden darf. Etwa Gebäude für die Land- und Forstwirtschaft, nicht jedoch Neubauten für reine Wohnzwecke.

Wurde gegen den Willen der Eigentümerin abgerissen?

Dass man sich bei der Gemeinde dennoch darum bemühte, einen Wiederaufbau zu ermöglichen, hat zwei Gründe. Zum einen glaubte man der Eigentümerin, dass die Abrissarbeiten gegen ihren Willen ausgeführt worden seien. Demnach habe sie einen angeblichen Experten für die Sanierung historischer Gebäude angeheuert, der das Haus dann beinahe komplett abreißen ließ. Man dürfe die Eigentümerin nicht für den Fehler anderer bestrafen, so die mehrheitliche Auffassung im Gemeinderat.

Zum anderen betonte besonders der Bürgermeister, der als fundierter Kenner der Ortsgeschichte gilt, die historische Bedeutung des Häuschens. So sei der Neufarner Berg seit der frühen Neuzeit eine wichtige Landmarke für die von und nach München fahrenden Fuhrwerke gewesen, und es habe wohl auch schon lange einen Wasenmeister - also jemanden, der für den Erhalt der Straße zuständig war - gegeben.

Daher sei das alte Wasenmeisterhaus "ein Stück Heimatgeschichte", wie Reitsberger kürzlich wieder erklärte. Eigentlich hätte das Häuschen auch längst unter Schutz gestellt werden müssen - nur hatte offenbar bis zu seinem Abriss niemand daran gedacht. Der Wiederaufbau wäre damit so etwas wie ein rückwirkender Denkmalschutz. Voraussetzung ist allerdings, dass das Haus getreu den Plänen von 1907 wieder aufgebaut wird.

Der Landtag empfahl, eine Baugenehmigung auszustellen

Eine Auffassung, der man sich beim Petitionsausschuss des Bayerischen Landtags angeschlossen hatte. Bei einem Lokalaugenschein im Frühjahr vergangenen Jahres mit den Abgeordneten Benno Zierl (FW) und Martin Huber (CSU) konnten diese die Argumente der Gemeinde durchaus nachvollziehen - der Ausschuss ebenfalls. Dieser empfahl einige Wochen nach dem Augenschein der Gemeinde, eine Baugenehmigung auszustellen. Dass dies nicht ganz den geltenden Vorgaben entspricht, war den Ausschussmitgliedern durchaus bewusst, weshalb sie noch eine Aufforderung an die Regierung von Oberbayern formulierten, von einer Rüge abzusehen.

Wozu die Regierung zunächst allerdings nicht bereit war, sie forderte von der Gemeinde Vaterstetten, die bereits in den Gremien beschlossene Baugenehmigung nicht zu erteilen. Man müsse die Sache noch ausgiebig prüfen, hieß es damals bei der Regierung, bevor man über den Antrag entscheiden könne. Hintergrund war wohl, dass die Oberste Baubehörde einen anderen Weg vorgeschlagen hatte, wie das Häuschen zu retten sei. Demnach sollte die Eigentümerin zunächst zivilrechtlich gegen den angeblichen Verursacher des Schadens vorgehen. Bei einem für sie positiven Ausgang des Verfahrens könne in der Folge als eine Art Wiedergutmachung auch die Rekonstruktion des Hauses genehmigt werden.

Inzwischen hat man sich bei der Regierung aber entschieden - für den Wiederaufbau: "Nach abschließender Abwägung aller Argumente und in Respekt vor dem Beschluss des Petitionsausschusses des Bayerischen Landtags", heißt es in einer Presseauskunft, werde die Regierung "von dem ihr zustehenden aufsichtlichen Ermessen Gebrauch machen. Die Angelegenheit ist damit für die Regierung von Oberbayern erledigt".

© SZ vom 03.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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