Vaterstetten:Gericht untersagt Arbeiterunterkunft

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Weil in dem Zweifamilienhaus derzeit 19 Personen leben, muss der Augenscheintermin des Verwaltungsgerichts vornehmlich im Freien stattfinden. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Grund für die Entscheidung ist die hohe Zahl der Bewohner in den Zweifamilienhaus

Von Wieland Bögel, Vaterstetten

Ein Zimmer, ein Bewohner. So lautet verkürzt das Ergebnis eines Gerichtsverfahrens um eine umstrittene Arbeiterunterkunft in Baldham. Im Sommer vorigen Jahres hatte der Besitzer eines Zweifamilienhauses in der Hochwaldstraße dieses an teilweise mehr als 30 Gastarbeiter gleichzeitig vermietet. Später beantragte er bei der Gemeinde, bis zu 28 Personen in dem Haus unterbringen zu dürfen. Dies wurde ihm untersagt - zu Recht, wie nun das zuständige Verwaltungsgericht München feststellte.

Der Augenschein, zu dem sich das Gericht vor dem Streitobjekt einfand, begann mit einer Überraschung für die Vorsitzende Richterin Cornelia Dürig-Friedl: "Wieso ist das Haus belegt, Sie haben doch eine Nutzungsuntersagung?", fragte sie den Kläger, einen Fuhrunternehmer und CSU-Gemeinderat aus dem nördlichen Landkreis. Seine Anwältin erklärte dies mit der aufschiebenden Wirkung der Klage: Aufgrund dieser sei die Nutzungsuntersagung der Gemeinde noch nicht gültig, daher wohnten in der Immobilie derzeit 19 Personen. Was für das Gericht eine gewisse Erschwernis mit sich brachte: "Ich dachte, wir könnten das anschauen", so Dürig-Friedl, dies sei aber natürlich nicht möglich, solange das Haus bewohnt sei.

Schließlich einigten sich die Streitparteien und das Gericht darauf, jeweils zwei Berichterstatter in das Gebäude zu schicken, wobei die bewohnten Räume ausdrücklich nicht betreten werden durften. Viel zu berichten gab es anschließend allerdings nicht, besichtigt wurden ein als Aufenthaltsraum genutztes Zimmer sowie eine Abstellkammer für Bettzeug und Matratzen im ebenfalls bewohnten Keller. Dies alles deute eher auf eine gewerbliche Bettenvermietung als auf klassisches Wohnen hin, so das Fazit der Richter, zumal von den derzeit 19 Bewohnern laut Auskunft der Gemeinde nur einer seinen Wohnsitz in Vaterstetten angemeldet habe. Ein echter Gewerbebetrieb wie ein Hotel oder eine Pension sei in dem Haus aber auch nicht entstanden, die genaue verwaltungsrechtliche Bezeichnung lautet hier: "wohnähnliche Verhältnisse."

Die Frage, ob diese in dem Haus zulässig seien, beantwortete das Gericht mit einem klaren "so nicht." Zwar sei es durchaus legal, ein Haus zimmerweise zu vermieten, wie es beispielsweise in Studenten-WGs üblich ist, allerdings mit einer Einschränkung: Es gehe nicht an, sagte Dürig-Friedl, "dass man mehrere Personen in ein Zimmer stopft, die nicht eng verwandt sind, so dass es keine Rückzugsmöglichkeit gibt". Die Gemeinde habe daher "die Nutzung, so wie das Haus derzeit belegt ist, zu Recht untersagt", so die Vorsitzende, das Vorhaben sei auch nicht genehmigungsfähig. "Das bedeutet: nix geht."

Die Vertreterin des Hausbesitzers hielt dennoch an der Klage fest, sie forderte erneut die Aufhebung der Nutzungsuntersagung sowie eine Genehmigung zum Umbau des Hauses. Letztere hatte die Gemeinde mit Verweis auf ein laufendes Verfahren zur Aufstellung eines neuen Bebauungsplanes verweigert und außerdem eine Veränderungssperre über das Haus verhängt. Dies sei unzulässig, argumentierte die Klägeranwältin, die Baugenehmigung sei vor Erlass der Veränderungssperre beantragt worden, und müsse daher bewilligt werden. Die Gemeinde beantragte Abweisung der Klage.

Ein schriftliches Urteil wird das Gericht voraussichtlich erst Ende dieser Woche fällen, klar ist aber bereits, dass es die derzeitige Nutzung des Hauses untersagen wird. Wobei man bei der Gemeinde für Kompromisse offen sei, wie Zweiter Bürgermeister Martin Wagner (CSU) nach der mündlichen Verhandlung erklärte. Falls der Hausbesitzer die vom Gericht als möglich bezeichnete weniger intensive Nutzung beantragen würde, könne er sich eine Zustimmung durchaus vorstellen. Schließlich sei eine Übereinkunft besser als jahrelange Streitereien vor Gericht, so Wagner.

© SZ vom 01.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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