Vaterstetten:Mit dem Mikrofon die Welt entdecken

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Die Vaterstettener Klangforscher mit Coach Bernhard Jungel bei Aufnahmen im Studio des Bayerischen Rundfunks. (Foto: BR/oh)

Schüler des Vaterstettener Gymnasiums nehmen an dem bundesweiten Projekt "Klangforscher" teil. Aufgenommen wurden auch die "Stimmen" von Rehen und Schafen.

Von Anja Blum, Vaterstetten

Rehe machen praktisch keine Geräusche. Wenn man ihnen ein Mikrofon vor die Nase hält, schlecken sie es meist mit der Zunge ab. Das ist eine von vielen Erkenntnissen, die eine Gruppe von Vaterstettener Gymnasiasten im Laufe der vergangenen Monaten gewonnen hat. Die Schüler nahmen teil am bundesweiten Projekt "Klangforscher" und erkundeten als solche die Welt der Töne und Geräusche. In drei Gruppen recherchierten sie zu ganz unterschiedlichen Themen, lauschten ganz genau hin und befragten auskunftsfreudige Experten.

Ergebnis des Projekts sind drei kurze Hörspiele, die die Jugendlichen ganz professionell in einem Studio des Bayerischen Rundfunks produzieren durften. Dieser hatte den Klangforschern zudem einen Mediencoach zur Seite gestellt: Der Hörfunkjournalist Bernhard Jugel erarbeitete mit den Gymnasiasten ihre Konzepte und war auch im Studio mit dabei.

"Das Besondere war, dass man sich hier den Inhalten über den Klang nähern sollte, nicht über das Wort", sagt Deutschlehrerin Amelie Cocron. "Und das ist den Schülern am Anfang gar nicht so leicht gefallen. Wir mussten viele Ideen wieder verwerfen, weil sie nicht gut mit Klängen zu erzählen waren." Cocron hatte ihren Wahlkurs "Begabtenförderung" für das Projekt angemeldet, er besteht aus acht Schülern der sechsten bis zehnten Jahrgangsstufe, sie alle haben besonders gute Noten. Herausgekommen sind schließlich drei Themen: "Klänge im Wildpark", "Der Klang der Sprache" und "Schulwege: Großeltern, Eltern und wir".

Für Interviews mit Busfahrern braucht es eine Genehmigung

Die eine Gruppe besuchte also mit offenen Ohren und scharfem Aufnahmegerät Rehe, Schafe, Bär und Co. in Poing und sprach mit einer Tierärztin. Die andere Truppe fragte sich: Welche unterschiedlichen Spracharten gibt es auf der Welt und wie hören sie sich an? Dazu befragten die Schüler zwei renommierte Phonetiker und probierten selbst aus, wie unterschiedlich Sprache klingen kann.

Drei Generationen und ihren unterschiedlichen Schulwegen spürte die dritte Gruppe nach, auch mit Interviews im Altenheim. Welche Transportmittel kamen und kommen zum Einsatz und wie klingen sie? Mit Holzpantinen kilometerweit über die Felder gehen, heimlich in der ersten Klasse der S-Bahn sitzen, mit dem Bus direkt vor die Schule fahren.

"Das Projekt hat allen wahnsinnig Spaß gemacht", schwärmt Cocron. "Und was ich neben der Arbeit mit dem Mikro besonders toll fand, dass es hier nicht um Wissensanhäufung ging, sondern die Schüler ganz praktische Dinge gelernt haben, zum Beispiel per Telefon Kontakt mit der Welt außerhalb der Schule aufzunehmen." Mit der Ludwig-Maximilians-Universität etwa oder dem Pressesprecher der Bahn. Eine Gruppe nämlich interviewte einen beliebten Vaterstettener Busfahrer - und brauchte dafür erst eine Genehmigung.

Einblicke in ein Hörspielstudio

"Erstaunlich waren die Neugier der Schüler und ihre Hartnäckigkeit bei der Organisation der Interviews. Und ihre Lust, selber Klänge zu erkunden - zum Beispiel die Buchstaben des Alphabets in einem spontan improvisierten Chorprojekt", erzählt Coach Jugel. "Ich würde auf jeden Fall wieder mitmachen," sagt dann auch Marc aus der siebten Klasse. "Das hat mich schon verändert: Ich höre jetzt viel genauer hin im Alltag. Und ich wollte unbedingt mal sehen, wie ein Hörspielstudio aussieht." Für den Achtklässler Chanh war vor allem wichtig, dass sich die Jugendlichen ihre Themen frei aussuchen durften.

Die Ergebnisse ihrer Forschungsreise in die Klangwelt präsentieren die Vaterstettener Schüler nun - mit Schulkollegen von fünf weiteren Schulen aus Bayern, Hamburg, Hessen und dem Saarland - bei einer feierlichen Abschlussveranstaltung an diesem Montag beim Hessischen Rundfunk in Frankfurt am Main. Das Projekt ist eine Kooperation der Stiftung Zuhören, der PWC-Stiftung und Chunderksen, einem Büro für Filmproduktion und Kommunikationsdesign. Mehr Infos online unter www.klang-forscher.de.

© SZ vom 09.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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