Vaterstetten:Konkursmasse eines Baulöwen

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Tiefer Fall eines einstigen Self-Made-Millionärs: Das Anwesen des früheren CSU-Kreisschatzmeisters Martin Decker soll zwangsversteigert werden.

Lars Brunckhorst

Martin Decker war ganz oben. Als Inhaber eines Bauunternehmens hat der Baldhamer jahrzehntelang Häuser und sogar ganze Siedlungen gebaut. Seine Hausverwaltung hat zahlreiche Wohnanlagen innerhalb und außerhalb des Landkreises betreut. Damit hat der Self-made-Mann Millionen verdient. Decker war zu seinen besten Zeiten Hauptsponsor von Fußballvereinen wie dem Landesligisten FC Falke Markt Schwaben, er war Verwaltungsrat der Kreissparkasse Ebersberg und zudem lange Zeit Mitglied des Gemeinderats und Schatzmeister des CSU-Kreisverbands. Als solcher verkehrte er mit den Mächtigen in Politik und Wirtschaft. Im südwestafrikanischen Namibia besaß Decker sogar eine Farm.

Eine Veränderungssperre gilt für den ehemaligen Firmensitz von Martin Decker. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Vor drei Jahren folgte der Absturz. Der Konkurs der Baufirma und der Verlust seines Vermögens. Als persönlich haftender Gesellschafter und alleiniger Geschäftsführer seiner Firma Dewobau musste Decker für deren Millionenschulden gerade stehen. Decker und seine Firma hatten sich mit dem Kauf von 285 Wohnungen am Haarer Jagdfeldring im Jahr 1998 überhoben. Am Ende dieses tiefen Falls steht nun wohl die Zwangsversteigerung von Deckers eigenem Anwesens in Baldham. Für Dezember ist vor dem Amtsgericht München ein Termin angesetzt.

Die Kreissparkasse Ebersberg betreibt als Gläubiger nach erfolglosen Verwertungsversuchen die Vollstreckung und nimmt dabei keine Rücksicht auf ihr ehemaliges Verwaltungsratsmitglied: Dessen Kinder und deren Mutter sollen laut Nachbarn noch in dem Haus leben, während Decker selbst in der Gemeinde nur noch selten gesehen wird. Auch ehemals enge Parteifreunde wissen nichts von ihm. Die CSU hat mit ihrem einstigen Schatzmeister gebrochen. Mit 1,4 Millionen Euro sind das Haus und das Grundstück an der Gartenstraße bei der Versteigerung angesetzt. Wie der Bekanntmachung zu entnehmen ist, die sich auch im Internet findet, gibt sich die Kreissparkasse aber offenbar auch mit 70 Prozent des Verkehrswertes zufrieden: 980.000 Euro.

Es dürfte der Rest der Konkursmasse sein, die unter den Hammer kommt. Die Sägmühle bei Markt Schwaben, die Decker zu seinem Wohnsitz umbauen wollte, wurde bereits wie vieles andere versteigert. Vor knapp drei Jahren hatte sich zum Beispiel die Gemeinde Vaterstetten ein 80.000 Quadratmeter großes Grundstück am nordwestlichen Ortsrand gesichert - zum Schnäppchenpreis. Nach damaligen Informationen sollen für den Acker- und Waldstreifen weniger als 20 Euro pro Quadratmeter bezahlt worden sein. Mittlerweile ist dieses Areal als Bauland im Gespräch, um die Gemeindekasse aufzufüllen.

Der Preis für das Decker-Grundstück an der Gartenstraße wirkt nur auf den ersten Blick hoch: Tatsächlich ist das Grundstück mehr als viertausend Quadratmeter groß und der Quadratmeterpreis für Bauland mitten in Baldham liegt bei durchschnittlich 640 Euro. Doch das Grundstück kann nur eingeschränkt genutzt werden. Gerade erst hat der Gemeinderat wieder den Erhalt des sogenannten Klimaschutzwaldes in diesem Bereich beschlossen und ein Großteil des Grundstücks ragt in diesen Wald. Dennoch wird die Immobilie im Internet mit dem Hinweis auf "deutlich höheres Baurecht" angeboten.

Versuche, das alte Haus abzureißen und das Grundstück stärker zu bebauen, sind in der Vergangenheit gescheitert. So wollte die Kreissparkasse voriges Jahr zwei Doppelhäuser oder alternativ ein Doppelhaus und drei Einfamilienhäuser errichten. Der Bauausschuss des Gemeinderats lehnte den Antrag ab und erließ stattdessen eine Veränderungssperre. Man will das Viertel vor einer "Totalverdichtung" bewahren und den Abstand zur alten Wasserschutzzone erhalten.

Ob Bauwerber künftig mehr Chancen haben, dazu kann Vaterstettens Baurätin Tanja Debes nicht sagen. Dass Immobilienanbieter das Grundstück mit der Aussicht auf mehr Baurecht bewerben, hat auch sie vernommen. Kommentieren will die Bauamtsleiterin das aber nicht. Das zusammen mit der Veränderungssperre veranlasste Bebauungsplanverfahren ist noch nicht abgeschlossen, welche Bebauung die Gemeinde an der Gartenstraße künftig zulassen wird, könne "nicht abschließend beurteilt werden". Voraussichtlich im Januar wird sich der Bauausschuss Debes zufolge mit einem ersten Entwurf beschäftigen. Die Veränderungssperre gilt noch bis ins nächste Jahr hinein und kann danach maximal zweimal verlängert werden.

Das erschwert nach Ansicht von Maklern den Verkauf des Grundstücks. Wegen der Veränderungssperre darf bis auf weiteres nicht einmal das aus den dreißiger Jahren stammende Haus abgerissen werden. Das hat einschließlich Büroanbau und Garage rund 400 Quadratmeter Nutzfläche. Dennoch soll es Interessenten geben, wie eine Maklerin sagt. Sie hofft, dass es noch vor dem Vollstreckungstermin zu einem Verkauf kommt. "Vielleicht", so spekuliert die Expertin, "könnte man das Baurecht auf 900 Quadratmeter hochpokern."

© SZ vom 19.11.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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