Vaterstetten:Klage gegen Segmüller und Co.

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Gemeinderat Manfred Schmidt sieht durch die verkaufsoffenen Sonntage in Parsdorf ein Grundrecht verletzt. Der Bayerische Verfassungsgerichtshof soll entscheiden.

Lars Brunckhorst

Es geht vorerst nur um Parsdorf und die Firma Segmüller, aber es könnte ein Präzedenzfall daraus werden, der Auswirkungen auf ganz Bayern hätte: Der Vaterstettener FBU-Gemeinderat Manfred Schmidt hat beim Bayerischen Verfassungsgerichtshof Popularklage gegen die verkaufsoffenen Sonntage des Möbelhauses eingereicht. Sollte Schmidt Erfolg haben, würden vermutlich auch andernorts die Ladenöffnungen an Sonn- und Feiertagen kippen.

Die Frage ist: Wie viele Besucher fahren am verkaufsoffenen Sonntag vor allem wegen des Marktes nach Parsdorf - und wie viele lediglich, um Möbel, Feinkost und anderes einzukaufen? Laut Landratsamt überwiegen letztere. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Schmidts Klage richtet sich gegen die Rechtsverordnung der Gemeinde Vaterstetten, mit der diese seit dem Jahr 2002 dem Segmüller-Möbelhaus wie auch allen anderen Geschäften in Parsdorf vier Mal im Jahr erlaubt, sonntags für fünf Stunden zu öffnen. Mit ihrer Verordnung beruft sich die Gemeinde auf das Ladenschlussgesetz. Danach dürfen Städte und Gemeinden vier Marktsonntage pro Jahr festlegen und zu diesen die Ladenöffnung zulassen.

Die seit Jahren umstrittene Frage ist jedoch: Handelt es sich bei dem Markt, der seit 1999 auf dem Freigelände des Parsdorfer Möbelhauses stattfindet, um einen traditionellen Markt im Sinne des Ladenschlussgesetzes, der eine Ladenöffnung rechtfertigt? Das zweifeln nicht nur Vertreter von Kirchen und Gewerkschaften an, die gegen die Zunahme verkaufsoffener Sonntage sind, sondern auch das Möbelhaus XXXLutz in Aschheim. Diesem wurde voriges Jahr vom Verwaltungsgericht München die Öffnung am Sonntag untersagt. Schmidt, der im Vaterstettener Gemeinderat stets gegen die Zulassung der verkaufsoffenen Sonntage gestimmt hat, sieht in dem Markt lediglich ein "Feigenblatt": Die Märkten dienten nur der "Konstruktion zur Erfüllung formaler Erfordernisse".

Schmidts Klage stützt sich aber vor allem auf eine jüngere Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts. Dieses misst Schmidt zufolge dem Sonntagsschutz seit neuestem "Grundrechtscharakter" bei. Ein "Sonntagsgrundrecht" finde sich auch in Kommentaren von Verfassungsrechtlern und in Urteilen anderer Gerichte. Somit begeht die Gemeinde Vaterstetten mit ihrer Verordnung laut dem FBU-Gemeinderat eine "Grundrechtsverletzung".

Denn die vom Ladenschlussgesetz erlaubten Ausnahmen von der Sonntagsruhe erfüllt die Vaterstettener Verordnung nach Ansicht Schmidts nicht. So sei der Besucherstrom zum Möbelhaus größer als zum Markt. Schmidt beruft sich dabei auf Zahlen aus dem Landratsamt Ebersberg, wonach einer Umfrage zufolge angeblich nur 40 bis 42 Prozent der Kunden an den verkaufsoffenen Sonntagen wegen des Marktes kommen. Und selbst diese Zahlen hält Schmidt für möglicherweise geschönt.

Die Erfolgsaussichten der Klage sind ungewiss. Schmidt hat vorerst aber wenigstens einen Teilerfolg errungen: So hat der Verfassungsgerichtshof seine Klage immerhin angenommen und in einem nächsten Schritt bereits die Gemeinde zur Stellungnahme bis Freitag, 6. Mai, aufgefordert. Doch nicht nur Vaterstetten muss sich innerhalb der nächsten zwei Monate äußern: Bayerns oberste Verfassungshüter haben auch den Landtag und die Staatsregierung um Stellungnahme gebeten. Im Anschluss wird das Gericht entscheiden, ob es zu einer mündlichen Verhandlung kommt. Ein ist aber sicher: Der nächste verkaufsoffene Sonntag in Parsdorf wird auf jeden Fall noch stattfinden. Er ist bereits am 10. April.

© SZ vom 08.03.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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