Vaterstetten/Grasbrunn:Geothermie ist gescheitert

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Nachdem es ihm nicht gelungen ist, eine Versicherung für die 25 Millionen Euro teure Bohrung abzuschließen, steigt der Investor aus dem Erdwärmeprojekt für Vaterstetten, Grasbrunn und Zorneding aus.

Von Wieland Bögel, Vaterstetten/Grasbrunn

Nun ist offiziell, worüber schon länger spekuliert wurde: Das interkommunale Geothermieprojekt kann nicht fortgesetzt werden. Der Investor, ein Konsortium aus der Projektentwicklungsgesellschaft Geysir-Exorka und der Bohrfirma Daldrup & Söhne AG, teilte den drei beteiligten Gemeinden nun mit, dass er sich aus dem Vorhaben zurückziehen werde. Grund ist, dass es nicht gelungen ist, einen Versicherer zu finden, der das Risiko einer Fehlbohrung abdeckt. Viel länger nach einem Versicherer zu suchen, ist nicht möglich. Denn bereits im September müsste die Bohrung beginnen, sonst läuft die Aufsuchungserlaubnis aus.

Seit einem Jahr gibt es bereits Spekulationen über das bevorstehende Scheitern des Tiefenwärmeprojekts von Vaterstetten, Grasbrunn und Zorneding. Knapp sechs Monate, nachdem die Gemeinden nach gut sieben Jahren erfolgloser Suche Anfang 2013 endlich einen Investor und einen konkreten Zeitplan präsentieren konnten, war die Euphorie in den Rathäusern deutlich abgekühlt.

War man im Januar vorigen Jahres noch davon ausgegangen, dass sich Mitte 2014 die ersten Bohrer in die Erde senken könnten, hieß es im Juli 2013 aus dem Vaterstettener Rathaus, damit sei "nicht in absehbarer Zeit" zu rechnen. Schon damals gab der Investor zu, er habe Schwierigkeiten, einen Versicherer zu finden, zeigte sich aber optimistisch, dass dieses Problem zu lösen sei. Auch der Zeitplan sei einzuhalten, hieß es seitens der Geldgeber, die beteuerten: Binnen eines Jahres könnten die Bohrungen starten.

Anfang 2014 kam ein weiterer Rückschlag. Offenbar gab es neue Zahlen zur Rentabilität des Vorhabens. Demnach seien die Kosten für den Bau des Leitungsnetzes weit höher, die erwartbaren Erträge indes weit niedriger als gedacht. Als Gründe dafür gelten der stetig sinkende Heizwärmebedarf von immer besser gedämmten Neubauten und die geringe Zahl an Großabnehmern in den drei Gemeinden.

Dass dies auch ein Grund für die Zurückhaltung der Versicherer war, ist nicht unwahrscheinlich. Zumindest hatten diese offenbar Zweifel daran, dass das Tiefenwasser zwischen Vaterstetten und Grasbrunn für den rentablen Betrieb eines Heiznetzes warm genug ist. Je kälter das Wasser, desto weniger Nutzer lassen sich versorgen und um so geringer fällt die Rentabilität am Ende aus. In einem Schreiben an die drei Gemeinden erklärt die Investorengruppe, es sei problematisch gewesen, sich im Bereich der "Temperatur-Fündigkeit" zu versichern, also gegen das Risiko, zwar genügend, aber zu kaltes Wasser zu finden. Alleine könne man dieses Risiko - vorläufigen Schätzungen zufolge kostet die Bohrung etwa 25 Millionen Euro - nicht tragen, so der Investor weiter. Daher müsse man die Verhandlungen über das Projekt einstellen, wünsche den drei Gemeinden bei dessen Fortgang aber "viel Glück".

Die Bürgermeister von Grasbrunn, Vaterstetten und Zorneding, Korneder, Niedergesäß und Mayr, mit Geothermie-Investorenvertreter Curd Bems (2. v. li). (Foto: Endt)

Besonders glücklich ist man dort verständlicherweise nicht. Der Rückzug des Investors "kam überraschend", sagt Grasbrunns Bürgermeister Klaus Korneder (SPD). Schließlich hätten sich die Bürgermeister und die Investoren noch vor wenigen Wochen miteinander besprochen, ein Scheitern des Projekts sei da nicht Thema gewesen, so Korneder.

Auch sein Vaterstettener Amtskollegen Georg Reitsberger (FW) hatte bis zuletzt gehofft, dass sich die Geothermie noch umsetzen lässt, auch wenn dies in den vergangenen eineinhalb Jahren immer unwahrscheinlicher geworden war. Nun gelte es, Alternativen zu finden, so Reitsberger, etwa den Aufbau von Wärmenetzen, die von lokalen Blockheizkraftwerken versorgt würden. Einen ersten Schritt dazu, nämlich Pläne für sogenannte "Wärmeinseln", hatte die Großgemeinde bereits auf der Bürgerversammlung im Mai vorgestellt. Dies sind kleinere Nahwärmenetze, die etwa das geplante Schulzentrum oder das neue Baugebiet Vaterstetten Nordwest versorgen könnten.

Dass die Geothermie nach dem Ausstieg des Investors nun komplett vom Tisch ist, darauf möchte man sich zumindest in Grasbrunn noch nicht festlegen. Zwar spricht sich Korneder dagegen aus zu versuchen, die Aufsuchungserlaubnis erneut zu verlängern, schließt aber nicht aus, in einigen Jahren eine neue zu beantragen. Denn langfristig sei Erdwärme eine sehr interessante regenerative Energieform. Vielleicht ergebe sich einmal wieder die Gelegenheit, diese zu nutzen. Ganz ausschließen will man das zwar auch in Vaterstetten nicht, "aber", sagt Reitsberger, "im Moment ist das nicht darstellbar".

© SZ vom 30.08.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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