Zum Tag der Einheit:Wider die Ideologie

Lesezeit: 3 min

Prost! In Neufarn beim Stanglwirt feiert die CSU den Tag der deutschen Einheit. Hier im Bild: Landrat Robert Niedergesäß und die Abgeordneten Angelika Niebler, Andreas Lenz, Manfred Weber und Thomas Huber. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

"Europa! Wie einig bist du?" Das fragt der CSU-Kreisverband Ebersberg. Bei der Podiumsdiskussion mit drei Abgeordneten geht es vor allem gegen die Grünen.

Von Louis Menzel, Vaterstetten

Vier Schläge braucht Thomas Huber zum Anzapfen. Aber: zu früh gefreut. Schaum spritzend fällt der Zapfhahn vom Fass, es muss noch zweimal nachgeschlagen werden. Nicht so tragisch, möchte man meinen. Unglücklich nur, dass der Anstich zuvor durch Manfred Weber, den Vorsitzenden der Europäischen Volkspartei, als Beweis zur Tauglichkeit einer Wiederwahl Hubers in den bayerischen Landtag angekündigt worden war. Doch das Publikum in der dicht gefüllten Remise des Gutsgasthofs Stangl in Neufarn reagiert, spätestens als die Musikkapelle Poing "Ein Prosit der Gemütlichkeit" anspielt, auf den Fass-Fauxpas sehr gelassen.

Nach dem holprigen Start geht es zügig mit Inhalten los: Landtagsabgeordneter Thomas Huber begrüßt die Gäste zum "Tag der Einheit - Tag der Begegnung". Am "Runden Tisch" beantworten dieses Jahr der Fraktions- und Parteivorsitzende der größten Fraktion im EU-Parlament, Manfred Weber, die EU-Abgeordnete und stellvertretende CSU-Vorsitzende Angelika Niebler und der Bundestagsabgeordnete Andreas Lenz die Fragen von Thomas Huber, diesmal in der Rolle des Moderators. Unter dem Thema "Europa! Wie einig bist du?" rückt der aktuelle Landtagswahlkampf jedoch in den Hintergrund, von Beginn an liegt der Fokus auf der internationalen Politik.

Angelika Niebler fordert hartes Durchgreifen gegen Klimakleber

"Man kann eines sicher sagen: Politik ist ernster geworden", konstatiert Weber, woraufhin Parteikollege Lenz bestätigt, dass diese Feststellung auch schon bei der jungen Generation angekommen sei. Das Publikum, dessen Altersdurchschnitt nur durch einen Tisch am Ende des Saales leicht gesenkt wird, versucht sich an einem etwas unentschlossenen Applaus. Niebler, seit 1999 Mitglied im EU-Parlament, sagt, Demokratie sei nicht selbstverständlich - und bei den Klimaklebern müsse der Rechtsstaat hart durchgreifen. Das scheint bei den Gästen besser anzukommen, es wird eifrig geklatscht.

Doch der kleine nationale Exkurs hält nicht lange an, es geht direkt weiter mit der internationalen Politik: Nach dem Sonderbudget "Next Generation EU" und der Notwendigkeit neuer Handelsabkommen landet das Gespräch bei jenem Thema, das beim Publikum die größten Emotionen hervorruft: die Grünen. Eines der Hauptprobleme der EU sei ihre langsame Entscheidungsfindung, sagt Niebler und liefert den Grund direkt hinterher: Die linke und grüne Ideologie sorge für unnötig viele Regularien, die die Wettbewerbsfähigkeit europäischer Firmen einschränken würden. Im Speziellen bezieht sich Niebler hier auf das europäische Lieferkettengesetz zur Einhaltung von Menschenrechten und Umweltstandards bei der Produktion in Drittstaaten: "Die EU kann nicht versuchen, mit ihren Gesetzen die Welt zu retten." Allgemeine Zustimmung.

Manfred Weber verteidigt seine Zusammenarbeit mit Populisten. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Weber wiederum versucht sich an einer Erklärung zu seinem Umgang mit Populisten in der EU, er wird seit längerem für eine enge Zusammenarbeit mit der italienischen Regierungspartei Fratelli d'Italia kritisiert: "Wir müssen in Europa lernen, mit unseren Nachbarn zusammenzuarbeiten." Weber jedenfalls sieht in den Ansichten der als postfaschistisch eingestuften Partei keinen Widerspruch zu den Prinzipien der EVP. Nicht nur vom Publikum gibt es dafür Applaus, auch Niebler lobt den "pragmatischen Umgang" ihres Parteikollegen mit den italienischen Vertretern.

Bevor sich im Publikum der Gedanke an einen ähnlichen Umgang auf Landesebene mit der AfD ausbreiten kann, zeigt Weber klare Kante: Die "Nazis von der AfD" wollten die mühsam erkämpfte europäische Einheit zerstören, daher sei eine Zusammenarbeit hier undenkbar. Andreas Lenz wiederum erzählt von seinen Erfahrungen aus dem Bundestag, wo es immer wieder "respektlose und menschenverachtende Kommentare" von den rechten Plätzen gebe.

"Der Staat entscheidet wer kommt, nicht die Schlepperbanden"

Dann leitet Huber durch die letzten zwei Themen: Ukraine-Krieg und Migration. Zu ersterem erklärt Nieber, dass es - mit Blick auf eine erneute Präsidentschaft Trumps - eine gemeinsame europäische Verteidigung in Richtung Osten brauche, denn nach einer Wiederwahl werde die USA ihren militärischen Beitrag massiv herunterfahren. Beim Thema Migration mahnt Manfred Weber an, aus europäischer Sicht nicht nur an sich zu denken, sondern den Blick zu weiten und beispielsweise mit Ländern wie Tunesien auch Abkommen abseits von Fluchtfragen zu schließen. Auch sieht er die Notwendigkeit eines harten Durchgreifens der EU: "Der Staat entscheidet wer kommt, nicht die Schlepperbanden."

Zu guter Letzt stellt sich die Runde den Fragen des Publikums. Der Klage von zu viel Bürokratie in der Landwirtschaft hält Weber entgegen: Bürokratie sei ein gesamtgesellschaftliches Problem, außerdem werde oftmals vergessen, wie sehr bayerische Bauern von der EU profitierten - da fließe monatlich eine Milliarde Euro. Akustisch bemerkbar macht sich das Publikum dann wieder, als Angelika Niebler von der Debatte im europäischen Parlament zur Führerscheinreform berichtet: Diese sei ein Versuch der Grünen, das Autofahren unattraktiv zu machen. Thematisch passend schließt Huber dann die Runde: "Gegen Ideologie gibt es leider keine Argumente." Ein Blick ins Publikum jedoch verrät: Genug Gegenwind gibt es allemal.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusEbersberger Forst
:Gespenster, Irrlichter, kopflose Reiter

Immer wieder geistern verkleidete Menschen in Gestalt der berüchtigten Weißen Frau durch den Ebersberger Forst. Was es mit dem Mythos der Geisterfrau in Weiß und anderen gruseligen Gestalten im Forst auf sich hat, weiß Kreisheimatpfleger Thomas Warg.

Von Charlotte Haft

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: