Tickets zu gewinnen:Konzert mit preisgekrönten Talenten

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Der 23-jährige Grammygewinner Jacob Collier kommt mit seiner Ein-Mann-Performance nach Ebersberg. Den Opening-Act bestreitet das "Vincent Eberle Quintett".

Von Anja Blum, Ebersberg

Es ist schon paradox: Als der neue Messias des Jazz - eines Genres, das wie kaum ein anderes vom Zusammenspiel lebt - wird nun einer gefeiert, dessen Musik im Alleingang entsteht. Der sich seinen guten Ruf nicht in unzähligen kleinen Jamsessions erarbeitet hat, sondern auf der großen Bühne des Internets: Jacob Collier beginnt bereits als Teenager, auf Youtube selbst produzierte Videos zu veröffentlichen, und zwar Covers von Klassikern wie "Isn't she lovely" von Steve Wonder oder "Georgia on my mind" von Ray Charles. Indem sich der Protagonist optisch wie akustisch multipliziert, entstehen beschwingte Choralversionen im Stile von Take Six, harmonisch wie stimmlich extrem anspruchsvoll. Der junge Collier aber schichtet die Vielstimmigkeit derart lässig und unschuldig auf quirlig instrumentierte Grooves, dass einem schier die Spucke wegbleibt.

Kein Wunder also, dass sich die Clips viral verbreiten, Colliers Version von "Don't you worry 'bout a thing" etwa zählt mittlerweile 2,4 Millionen Klicks. Und nicht nur das: Quincy Jones, der legendäre Produzent von Micheal Jackson, entdeckt Collier und protegiert ihn. Nun hat Collier ein Album veröffentlicht und aus seinen solitären Produktionen eine Ein-Mann-Bühnenshow entwickelt. Das Jazzpiano-Studium muss also erst einmal warten.

Sein Zimmer in der elterlichen Wohnung in London ist Colliers Studio

Beides, CD und Show, nennt der 23-Jährige "In my room", denn der gleichnamige Song der Beach Boys ist ihm nicht nur musikalisch wie auf den Leib geschnitten: Collier produziert nach wie vor in einem Zimmer der elterlichen Wohnung in London. Hier hat er all das Equipment versammelt, zahllose Instrumente wie Computer, das es ihm erlaubt, immer wieder in die Wundertüte zu greifen.

Colliers Spektrum reicht von verflixt synkopiertem Jazz über Funk im Stile Jamiroquais bis zu Radiohead, von traditionellem Dulcimer über Akkordeon bis zum choralartigen "In My Room". "Für mich ist das der schönste Ort der Welt", sagt Collier über sein Zuhause. Schließlich ermöglichen dieses Zimmer und das Internet dem neuen Messias, sein vielschichtiges Musikantentum unabhängig von Plattenfirmen oder anderen Schranken auszuleben. "I'm weird", sagt Collier über sich selbst und lacht. Das Wort kann "ulkig" bedeuten, aber auch "komisch", "seltsam" oder "gruselig".

Die Organisatoren des Internationalen Jazzfestivals freuen sich nun über ihren guten Riecher bei der Einladung des Nachwuchsstars: Kurz nach seiner Verpflichtung für ein Konzert im Alten Speicher erntete Collier für sein Debütalbum zwei Grammys. Seine multi-instrumentale und multi-visuelle Performance war im November erstmals in Deutschland zu sehen, am Donnerstag, 19. Oktober, spielt er "My Room" exklusiv in Ebersberg.

Für Colliers Auftritte haben Techniker aus Boston ein irres "Live Performance Vehicle" entwickelt, gegenüber dem sich die Loop-Station, mit der längst jeder Songwriter durchs Land zieht, ausnimmt wie ein Papierflieger vor einem Raumschiff. Der 23-Jährige bringt seine Stücke alleine auf die Bühne, spielt Klavier, Bass, Gitarre, Drums, Percussions und zaubert einen üppigen Klangkosmos - mithilfe von Loopgeräten, Sampling, Effekten und vor allem einer"Vocal-Harmonizing-Machine", die aus seinem Gesang entsprechend den Akkorden, die er auf dem Keyboard spielt, einen mehrstimmigen Satz zaubert. Dazu hat Collier Off-Stage-Helfer, die vorproduzierte Spuren einspeisen. Ein Weiteres tun in Echtzeit projizierte Videosequenzen von Collier. Wie die musikalischen Phrasen erscheinen so auch Avatare des Musikers in vervielfachter und verfremdeter Weise.

Der 23-Jährige verblüfft mit atemberaubender Virtuosität

Es ist einfach nur verblüffend, wie souverän sich dieser digital erweiterte Musiker die Technik zu eigen macht. Doch Colliers Talent erschöpft sich nicht in diesem Spiel, in den Manierismen des digitalen Zeitalters. Es ist für ihn keineswegs damit getan, den Startknopf zu drücken, vielmehr ist der Bühnenraum vollgestellt mit dem Instrumentarium eines Oktetts, zwischen dem Collier voller Spielfreude umherhechtet. Man mag das dem Jazz eigne Zusammenspiel bei diesem Künstler vermissen - doch Collier zündet eben auch im Alleingang mit seiner atemberaubenden Virtuosität und unglaublich viel Charme ein Feuerwerk.

Jacob Colliers Auftritt im Alten Speicher ist Teil eines Doppelkonzerts unter dem Titel "Fresh Jazz": Die Landesarbeitsgemeinschaft Jazz in Bayern (LAG) lobt alljährlich einen Wettbewerb unter aufstrebenden Musikern aus. Der diesjährige Preisträger, das Vincent Eberle Quintett, bestreitet den Opening-Act.

Die gemeinsame Leidenschaft für die Musik von Charlie Parker, Dizzy Gillespie und Bud Powell entdeckten Vincent Eberle (Trompete, Flügelhorn), der Rosenheimer Leo Betzl (Klavier) und Paul Brändle (Gitarre) bereits in den ersten Jahren ihres gemeinsamen Studiums. Als die richtigen Mitstreiter an Bass (Maximilian Hirning) und Schlagzeug (Sebastian Wolfgruber) gefunden waren, wurde daraus mehr: ein origineller Klang, der trotzdem der Tradition verbunden ist. Ende 2016 brachte die Formation ihr Debütalbum "Holding" heraus.

Den Abend moderieren wird der Vorsitzende der LAG Jazz in Bayern und zugleich Professor an der Hochschule für Musik und Theater München, Tizian Jost. Das Konzert wird von BR-Klassik aufgezeichnet. Im Anschluss findet im Café Zimtblüte eine Jamsession mit dem David Patrick Trio statt.

Die Ebersberger SZ verlost im Rahmen ihres Jubiläums Karten für das Jazz-Festival. Für "Fresh Jazz" mit dem "Vincent Eberle Quintett" und Jacob Collier am Donnerstag, 19. Oktober, um 19 Uhr im Alten Speicher gibt es an diesem Dienstag dreimal zwei Tickets zu gewinnen. Die Hotline ist von 10 bis 10.10 Uhr unter (08092) 82 66 12 zu erreichen.

© SZ vom 10.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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