Theater:Vom Pferd zur Pflanze

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Judith Huber und Peter Pichler aus München gastieren im Meta-Theater mit ihrem Bühnenbilderbuch "Mix Match". (Foto: Christian Endt)

Das Kindertheater "Mix Match" im Meta-Theater lebt von Kostümwechseln und Elektro-Klängen

Von Peter Kees, Moosach

"Macht da ein Clown mit?" So die Frage eines besorgten Vaters am Sonntagnachmittag vor der Vorstellung im Meta-Theater. Schließlich ist die Coulrophobie, die Angst vor diesen stark geschminkten, oftmals unberechenbaren Zeitgenossen, unter Kindern ein verbreitetes Phänomen. Doch die Sorge ist unbegründet, denn in Moosach gastieren Judith Huber und Peter Pichler aus München mit ihrem Verwandlungsschauspiel "Mix Match" für Menschen ab vier Jahren.

Die Spannung ist groß, schließlich weckt ein auf der Bühne stehender Stuhl mit der Aufschrift "Reserviert Feuerwehr" Neugierde. Dann schiebt sich Schauspielerin Judith Huber mit großem Gestus auf die Bühne - wie sollte es anders sein? - als Feuerwehrmann. Die Kinder sind schonungslos. "Langweilig!", lautet sogleich der Kommentar eines kleinen Buben - nicht ganz zu Unrecht. Die Darstellerin setzt sich auf den Stuhl, verrückt ihn, erkundet die Bühne und stößt mit dem Kopf gegen ein Mikrofon. Gelächter. Die plumpen Tricks funktionieren also. Auf die mit samtenem Lila ausgelegte Bühne tritt Musiker Peter Pichler in einem ebenso samtig-lila Kostüm. Das Stück könnte also beginnen, wäre da nicht ein Miauen. Doch das Katzengejammer gehört natürlich dazu. Man holt einen Stoff, der das Tier imitiert, und legt das Bündel in eine Kuscheldecke.

Erst dann setzt sich Pichler an sein Mixturtrautonium, einen schwer zu bedienenden, archaischen Vorläufer des Synthesizers, auf den sich der Münchner spezialisiert hat. Er unterlegt das Bühnengeschehen mit elektronisch-wummenden Klängen, zaubert kindgerecht Melodien. Die Kleinen im Publikum sind nun voll bei der Sache. Der Feuerwehrmann versucht, seine Jacke auszuziehen, doch das will ihm nicht so recht gelingen: Sein Kostüm stülpt sich immer wieder um, so dass wundersam-komische Figuren entstehen.

Als es schließlich ausgezogen ist, hängen die Haare einer Perücke im Gesicht der Spielerin. Die Kinder lachen. Und abermals verwandelt sich die Protagonistin mittels ihres Kostümes in diverse Fantasiefiguren. "Was macht die da?" fragt ein kleines Mädchen. "Sie ist jetzt ein Tier", erklärt die Mutter. Und schon reitet Huber als Pferd über die Bühne, vom skurrilen Klang des Mixturtrautoniums begleitet.

Wie das Entpuppen einer Larve wirken diese Kostümwechsel, aus einer Figur entsteht immer wieder eine neue. Mit einer Felljacke wird Huber zum Affen, später zum Monster. Als sie von Kleiderhüllen umgeben am Boden kauert, sollte eigentlich ihr Kopf zum Vorschein kommen. "Sie kommt gleich raus", beruhigt eine Mama ihren fragenden Buben. Aber es sind Luftballons, die der Öffnung entweichen.

Eine Geschichte wird hier nicht erzählt. Nicht einmal gesprochen wird auf der Bühne, nur einmal benutzen die beiden Darsteller eine Fantasiesprache, als sie mit einem Duschkopf telefonieren. Doch halt, die Worte Topfpflanze, Königstochter, Kuscheltier und Feuerwehr werden ins Publikum gerufen, die Kinder dürfen sie dann ins Mikrofon sprechen. Daraus entstehen Samples, und, oh Wunder, die Kinder hören sich nun selbst.

Irgendwann zieht der Musiker einen großen Karton auf die Bühne. Freilich wird Huber darin versteckt sein, das leuchtet selbst den Kleinsten ein. Und tatsächlich, die große Kiste bewegt sich. Die Kinder lachen. Ein sehr hübsches Bild, wie die Kiste eine auf der Bühne stehende Zimmerpflanze frisst. Als der Karton schließlich hochgehoben wird, erscheint die Darstellerin als grünes lebendiges Gewächs.

Schließlich kommt noch eine Kiste auf die Bühne. Gespannt verfolgen die Kinder, was Pichler da jetzt hervorholt. Es ist ein Mixer, der mit übertrieben großer Mimik an einer Steckdose angeschlossen wird. Und schon entschlüsselt sich der Titel: "Mix Match". Auch die obligatorischen Seifenblasen bleiben am Ende nicht aus.

Pantomime, Kostümwechsel-Orgien und Elektro-Klangwelten prägen dieses Kindertheater, doch etwas mehr Fantasie und Absurdität hätten der Darbietung gut getan. Nach der Vorstellung dürfen die Kinder die Monstermütze selbst einmal aufsetzen, was zu Gedränge auf der Bühne führt. Monster sind offenbar längst nicht so gefährlich wie Clowns.

© SZ vom 04.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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