Tagespflege:Mehr Betreuung für Senioren

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Die Nachbarschaftshilfe Vaterstetten will eine Tagespflege-Einrichtung schaffen, die zweite Im Landkreis. Die Leiter von Altenheimen freuen sich, denn ihre Häuser bieten bislang nur vereinzelt Plätze für externe Gäste an

Von Anja Blum, Vaterstetten

Die Nachbarschaftshilfe (NBH) der Gemeinden Vaterstetten, Zorneding und Grasbrunn plant, in Baldham eine Tagespflegeeinrichtung für Senioren zu eröffnen - und erntet dafür von allen Seiten Applaus. Selbst von denjenigen, die ein solches neues Angebot als Konkurrenz auffassen könnten. "Das ist eine sinnvolle Idee", lobt zum Beispiel Sebastian Rokita, Leiter des GSD-Seniorenwohnparks in Vaterstetten, das Projekt der Nachbarschaftshilfe. "Denn dadurch wird das kommunale Netz noch enger, und das ist sehr gut." Keine Bedenken äußert auch die Caritas, die in Baldham das Altenheim Sankt Korbinian betreibt. Ganz im Gegenteil: Dem Ansinnen stehe nichts im Weg, man werde bei der Tagespflegeeinrichtung sogar kooperieren, sagt eine Pressesprecherin, schließlich sei die NBH Mitglied im Verband. Konkret bedeutet das vor allem, dass die Caritas wohl den Platz für die neue Einrichtung zur Verfügung stellen wird.

Geplant ist, die Tagespflege für Senioren in den leer stehenden Räumen der ehemaligen Altenpflegeschule in der Brunnenstraße 26 einzurichten, also in Nachbarschaft zu Sankt Korbinian und der NBH-Geschäftsstelle. Wie viele Plätze dort durch einen Umbau geschaffen werden können, ist allerdings noch nicht klar - so neu ist die Idee. Man stehe aber mit dem Eigentümer, eben der Caritas, wegen eines Mietvertrags bereits in Verhandlungen, sagte Vorstand Franz Pfluger auf der NBH-Mitgliederversammlung.

Das Angebot der Tagespflege richtet sich vor allem an ältere Menschen, die aufgrund körperlicher oder geistiger Einschränkungen nicht mehr längere Zeit alleine zu Hause sein können. In der Tagespflege werden sie betreut, können in Gesellschaft und mit allerhand Angeboten Zeit verbringen. "Neben der pflegerischen Versorgung steht der Spaß an gemeinsamen Aktivitäten wie Kegeln, Gedächtnistraining, Kochen und Backen im Vordergrund", heißt es etwa auf der Homepage des "Grafinger Seniorentreffs". Die Besuchszeiten sind individuell buchbar.

Sollte die Nachbarschaftshilfe ihren Plan in die Tat umsetzen, so wäre dies erst die zweite Tagespflege im Landkreis, denn bislang ist der Seniorentreff des Pflegesterns die einzige Einrichtung dieser Art. Der Seniorenwegweiser des Landratsamtes zählt zwar unter dem Stichwort Tagespflege fünf Heime auf, doch sie alle bieten lediglich ein paar sogenannte eingestreute Plätze. Das bedeutet, dass es für externe Gäste weder gesonderte Räume noch Extrapersonal gibt. Vielmehr werden sie in den Heimalltag integriert. "Das ist aber nicht immer einfach, weil die Bewohner oft andere Bedürfnisse haben als die Tagespflege-Senioren", so Simone Rohrer, Leiterin des AWO-Seniorenzentrums in Markt Schwaben. "Die einen ruhen zum Beispiel nach dem Mittagessen gerne, die anderen vermissen dann die Gesellschaft." Im GSD in Vaterstetten startete man vor einigen Jahren den Versuch einer Tagesbetreuung, musste jedoch bald aufgeben. "Das war vor allem ein enormer bürokratischer Aufwand", sagt Rokita, außerdem habe das Projekt das Haus vor erhebliche Probleme gestellt. "Das hat schon bei den Fahrern angefangen: Da kann man ja keine Aushilfen beschäftigen, denn sie sind die Schnittstelle zwischen den Angehörigen daheim und der Einrichtung."

Seit Anfang 2015 jedoch sei Tagespflege - dank eines neuen Gesetzes - für alle Beteiligten unkomplizierter und ohne großes finanzielles Risiko umzusetzen, da sind sich die Akteure einig. Warum es dieses Angebot dann nicht schon öfter gibt, etwa als eigene Bereiche in den Heimen? "Das wird wohl kommen - dauert aber", sagt Rohrer. Sehr freuen würde dies nicht zuletzt Christa Stewens, die ehemalige bayerische Sozialministerin aus Poing. "Ziel sollte sein, das Augenmerk nicht auf die Defizite, sondern auf die Kompetenzen der Pflegebedürftigen zu richten", sagt sie, "und in diesem Sinne ist die Tagespflege ein ideales Angebot." Sie nämlich verschaffe den Betroffenen und ihren Angehörigen mehr Flexibilität und Autonomie.

© SZ vom 22.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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