Streitthema in Kirchseeon:Auf unterschiedlichen Frequenzen

Lesezeit: 2 min

Gemeinderat hält trotz zahlreicher Bedenken von Anwohnern am Mobilfunkmasten auf dem ATSV-Gelände fest

Von Andreas Junkmann, Kirchseeon

Er soll 25 Meter hoch und etwa einen Meter breit werden - und ist nicht nur aufgrund seiner Ausmaße vielen Kirchseeonern ein großer Dorn im Auge: Der geplante Mobilfunkmast neben der ATSV-Halle erhitzt seit etwa einem dreiviertel Jahr die Gemüter vieler Anlieger. Nachdem der Marktgemeinderat im April dieses Jahres den Bau gebilligt hatte, prasselte gleich eine ganze Reihe von Einwänden inklusive einer Petition auf das Rathaus ein. Mit eben diesen Beschwerden haben sich die Gemeinderäte nun in ihrer jüngsten Sitzung erneut auseinandergesetzt - und beschlossen, am eingeschlagenen Kurs festzuhalten.

Bereits 2015 ist die Deutsche Telekom auf die Marktgemeinde zugekommen, mit der Bitte um ein Grundstück für einen Funkmasten. Mit diesem sollte vor allem die S-Bahnstrecke mit schnellem Internet versorgt werden. Eine Analyse hatte ergeben, dass der Mast dafür im Bereich zwischen Bahnhof Kirchseeon und dem Sportplatz errichtet werden müsste. Um Mitspracherecht bei der Planung zu haben, hat die Gemeinde daraufhin einen Standort auf dem ATSV-Gelände unmittelbar neben der dortigen Halle ins Spiel gebracht. Die Telekom war einverstanden, die Verträge wurden unterzeichnet - oder, wie Bürgermeister Udo Ockel (CSU) nun sagte: "Soweit war alles in trockenen Tüchern." Mehr als vier Jahre später steht der Funkturm aber immer noch nicht.

Denn nachdem der Gemeinderat per Beschluss das Bauvorhaben endgültig auf den Weg gebracht hatte, regte sich Widerstand. In einer Online-Petition haben sich 35 Bürger gegen den Bau ausgesprochen, zudem sind noch 37 Unterschriften schriftlich im Rathaus eingegangen. Während einige Gegner komplett gegen das Vorhaben sind, fordern andere mehrere kleine Masten mit entsprechend geringerer Strahlung über das Gemeindegebiet verteilt. Für die Gemeinde eine Zwickmühle: Einerseits sind die Verträge bereits geschlossen, andererseits müsste sie das Vorhaben gegen den Willen der Anwohner durchdrücken. "Ich glaub', ich würde es heute nicht mehr machen. Rein aus Bequemlichkeit", sagte deshalb Bürgermeister Ockel mit Blick auf das Standort-Angebot an die Telekom. Denn würde das Vorhaben auf Privatgrund statt auf einer Gemeindefläche umgesetzt, müsse man sich jetzt nicht die ganze Kritik gefallen lassen.

"Ich dachte eigentlich, wir machen da was Gutes", so Ockel. Das sehen aber offenbar einige Bürger anders, die sich außer über die unschöne Optik auch Gedanken wegen der möglichen Strahlung machen - eine Sorge, die zumindest Gemeinderat Benjamin Kirmeier (SPD) nachvollziehen kann. "Die Bedürfnisse von einzelnen Leuten werden hier über die Bedürfnisse der Anlieger gestellt." Der Turm wäre "ein Schandfleck und eine Herabwertung für das neue Vereinsheim", so Kirmeier, der sich bereits in frühen Sitzungen gegen den Bau ausgesprochen hatte.

Für einen Rückzieher seitens der Gemeinde ist es nun aber reichlich spät, wie Bürgermeister Ockel sagte. Allein für eine Veränderung des Standortes müsse man der Verwaltung zufolge mit Schadensersatzansprüchen im fünfstelligen Bereich rechnen. Hinzu kämen die bereits ausgegeben Planungskosten von etwa 20 000 Euro.

Um einen Ausweg aus diesem Dilemma zu finden, schlug Rüdiger Za (Grüne) vor, nochmals mit dem Bauherrn - der Deutschen Funkturm - in Verhandlungen zu treten. Seine Forderung: Die Funkleistung in Richtung der bewohnten Gebiete soll 25 Prozent unter dem erlaubten Höchstwert liegen. Damit fand Za jedoch keine Mehrheit im Gremium.

Dieses einigte sich schließlich mit 14 zu sechs Stimmen darauf, an dem geplanten Standort und den bereits geschlossenen Verträgen festzuhalten. Ausschlaggebend war die Befürchtung vieler Gemeinderäte, dass man den Funkturm ja ohnehin nicht verhindern könne, oder wie Bürgermeister Ockel sagte: "Dann gehen sie eben auf ein Privatgrundstück." Durch die aktuelle Lösung verspricht man sich in der Gemeinde zumindest noch ein gewisses Mitspracherecht bei der Baumaßnahme. Wann genau diese starten wird, ist indes noch unklar. Seit dieser Gemeinderatssitzung steht aber fest: Weitere vier Jahre wird es nun nicht mehr dauern.

© SZ vom 17.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: