Streit über Brucker Windrad:Mit frustrierten Grüßen...

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Ein Holzpfosten markiert die Stelle in einem Wäldchen bei Hamberg, wo das Windrad stehen soll. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Lange hat Landrat Robert Niedergesäß die heftige Kritik der Gegner des Brucker Windrads geduldig ertragen. Nun wird er aber doch einmal deutlich - in einer um 2 Uhr morgens versendeten Mail

Von Barbara Mooser, Ebersberg

Die Mail hat er im Parkhaus der Allianz-Arena verfasst; nach dem frustrierenden Ausscheiden der Bayern im DFB-Pokal-Halbfinale war der Landrat, wie er selbst zugibt, "in der richtigen Stimmung". Mit ungewöhnlich deutlichen Worten hat Robert Niedergesäß (CSU) auf die andauernden, heftigen Anwürfe der Gegner des Brucker Windrads geantwortet. "Mit frustrierten Grüßen . . ." endet die Mail, die an Thomas Feneberg und Peter Pfaff gerichtet ist, wie die bisherige Korrespondenz über einen großen Verteiler aber auch viele anderen Adressaten erreicht.

Vor allem gegen den Vorwurf, dass eine politische Motivation hinter der Genehmigung stecke, wehrt sich der Landrat, "aber vermutlich wird das niemand aus Ihren Köpfen herausbringen". Genervt beschreibt er die Windkraftgegner: "Sie sind die Gutmenschen und haben die Moral und den gesunden Menschenverstand auf Ihrer Seite, wir sind die Bösen, die Beamten, die Behörde, die Windradgeilen, die Bürgerfernen und Demokratie-, Menschen- und Naturverächter . .

." Die nächtlichen Mails zwischen dem Landrat und den Windrad-Gegnern sind nichts Neues, offenbar bevorzugen beide Parteien die Stunden nach Mitternacht, um ihre Gedanken schriftlich niederzulegen. Der Ton ist auf beiden Seiten höflich, man garniert die Mails mit Smileys und sagt "vielen lieben Dank" für Antworten.

Das ändert freilich nichts an der Tatsache, dass die Vorwürfe gegen den Landrat und seine Verwaltung gravierend sind. Da zeigen sich die Sprecher der Bürgerinitiative sicher, dass die Windkraftanlage nahe des Weilers Hamberg genehmigt wurde, weil Mitarbeiter im Landratsamt "dieses Projekt eben wollen". Da sprechen die Windradgegner auch von "juristischer Winkelakribie", mit Hilfe derer ein Weg gefunden worden sei, das Vorhaben trotz vieler Gründe, die dagegen sprächen, zu genehmigen. Und da heißt es in einer Mail, dass es keinerlei öffentlichen Bürgerdialog gegeben habe: "Das Verfahren WEA-Bruck und die verunglückte Kommunikation dazu sind der Stoff, aus dem nachhaltig Politikverdrossenheit gemacht wird."

Die Antwortmail des Landrats - versendet um 2 Uhr morgens - beginnt wiederum freundlich, mit einem "Dank für Ihre offenen, emotionalen und ausführlichen Zeilen". Dann aber merkt man, wie Niedergesäß von Zeile zu Zeile wütender wird. "Nachhaltig unwahr" sei, dass das Landratsamt keinen Willen zum Bürgerdialog gezeigt habe. Obwohl das Gesetz bei diesem Genehmigungsverfahren gar keine Bürgerbeteiligung vorsehe, habe das Landratsamt von Anfang an Runde Tische mit Antragstellern und Gegnern organisiert und somit den Dialog intensiv betrieben.

Überdies, so Niedergesäß, habe es noch vor ein paar Wochen so ausgesehen, dass eine Genehmigung für das Projekt nicht möglich sei; erst eine Stellungnahme des Landesamts für Umwelt habe die Situation am Ende noch gedreht. "Wie positiv und erfreulich wären Ihre Stellungnahmen gewesen, welche Elogen auf die Demokratie und die Behörden hätten wir vermutlich vernommen, wäre das Windrad abgelehnt worden?", fragt der Landrat. Er selbst habe immer gesagt, dass es sich um keine politische und persönliche Entscheidung, sondern um eine möglichst rechtssichere Entscheidung handeln müsse und er die fachliche Entscheidung seines Hauses akzeptieren werde.

Die Kritiker sollten einmal auch versuchen, sich in eine andere Perspektive zu versetzen, es gebe eben im Leben und in der Demokratie nicht immer nur Schwarz und Weiß, sondern verschiedene Zwischentöne. Im Übrigen verweist der Landrat darauf, dass die Sache ja nun vor Gericht weitergedreht werde: "Möge nun ein Gericht eine weise, richtige, wahre, ökologisch und ökonomisch glaubwürdige und bürgerfreundliche Entscheidung treffen. Je nachdem wie es ausgeht, ist dieses Gericht entweder genau so schlecht und menschenverachtend wie wir oder es ist halt doch deutlich besser und ganz toll . .

." Die Antwort auf die Wut-Mail des Landrats folgte übrigens prompt am Mittwochvormittag. Es sei ihm klar, dass im Verfahren kein Bürgerdialog vorgesehen sei, dieser aber dennoch "intensiv stattgefunden" habe, schreibt Thomas Feneberg: "Persönlich habe ich mich sehr dafür eingesetzt, dass es auf der informativen Ebene zu einer für alle passenden Lösung kommt - und da bin ich dem Landratsamt Ebersberg auch sehr dankbar, dass diese 41 Monate lange Prüfung die inhaltliche Tiefe und ungewöhnliche Intensität genommen hat - und das ist bestimmt einzigartig in Bayern."

© SZ vom 30.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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