Satzung zur Informationsfreiheit kommt nicht:Die Akten bleiben zu

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Grüne, ÖDP und Teile der SPD-Fraktion im Kreistag wollten jedem Bewohner des Landkreises freien Zugang zu allen Angelegenheiten des Kreises geben. Doch die Mehrheit stimmte dagegen. CSU, FDP und Freie Wähler befürchten eine Überlastung der Verwaltung.

Lars Brunckhorst

Die Akten im Landratsamt bleiben für die Öffentlichkeit verschlossen. Der Kreistag hat mit der Mehrheit von CSU, Freien Wählern und FDP den Erlass einer Informationsfreiheitssatzung abgelehnt, wie sie die Grünen in einem Antrag gefordert hatten. Während die Befürworter einer solchen Satzung auf die positiven Erfahrungen etlicher Kommunen in Bayern verwiesen, warnten die Gegner vor einer starken Beanspruchung der Verwaltung.

Andere Städte und Gemeinden haben gute Erfahrungen mit der Informationsfreiheitssatzung gemacht. Aber die Kreistags-Mehrheit befürchtete, dass einzelne Bürger durch zu viele Anfragen die Verwaltung lahmlegen könnten. (Foto: Ronald Wittek/dpa)

Wäre es nach Grünen und ÖDP sowie der Mehrheit der SPD-Fraktion gegangen, dann hätte jeder Bewohner des Landkreises Anspruch auf freien Zugang zu Informationen über Angelegenheiten des Kreises erhalten. "Informationsfreiheit gehört zur demokratischen Kontrolle und Mitgestaltung des Gemeinwesens", begründeten die Grünen ihren Antrag. "Ein bürgerfreundliches Landratsamt sollte den Bürgern, die das Ganze finanzieren, die von ihnen gewünschten Informationen geben", so Grünen-Kreisrat Max Maier im Kreistag.

Norbert Neugebauer, der Büroleiter des Landrats, und CSU-Fraktionschef Martin Wagner sprachen dagegen von "bürokratischem Aufwand". Wagner warnte zudem vor Missbrauch: "Einzelne Bürger könnten die Verwaltung lahmlegen." Nach Ansicht von Götz Schindler (SPD) ist diese Gefahr allerdings gering. In Städten, die eine Informationsfreiheitssatzung haben, sei der Umfang der Anfragen nicht signifikant gestiegen.

Aber auch in der SPD gab es Gegner der Satzung. Sie sei sich mit den "Bürgermeister-Freunden" in ihrer Fraktion einig, dass eine Satzung überflüssig sei, weil den Bürgern in der Regel bereits jetzt Akteneinsicht gewährt werde, sagte die ehemalige Kirchseeoner Rathauschefin Uschi Bittner. Diese Ansicht vertrat auch Florian Alte (CSU): Nach der Rechtslage reiche ein berechtigtes Interesse aus, um Einsicht nehmen zu können. Alte löste einen Disput aus, als er zudem die Auffassung vertrat, dass es nicht nur einen Informationsanspruch der Bürger gebe, sondern auch Persönlichkeitsrechte der Mandatsträger. "Wenn jeder Bürger das Recht hat, sich Informationen über Kreistagssitzungen zu verschaffen, besteht die Gefahr, dass die kritische Auseinandersetzung eingeschränkt wird." Einem "Druck durch die Öffentlichkeit", so Alte, müsse sich "nicht jeder aussetzen, der in diesem Kreis sitzt".

Dem entgegnete Ralf Kirchner von der SPD: "Ich habe kein Problem, dass die Bürger meine Aussagen mitbekommen. Wenn Sie damit ein Problem haben, dann stellt sich die Frage, ob dies das richtige Mandat für Sie ist." Auch Reinhard Oellerer von den Grünen sagte, er stehe zu dem, was er im Kreistag sage. Grünen-Fraktionssprecherin Waltraud Gruber ergänzte: "Jetzt wird klar, was die CSU meint, wenn sie immer von dem Bürger da draußen spricht - sie will, dass er draußen bleibt."

Als Abteilungsleiter Andreas Stephan vom Landratsamt sagte, die Behörde gewähre schon jetzt jedes Einsichtsrecht, dass man verantworten könne, folgerte Johanna Weigl-Mühlfeld (ÖDP): "Wenn man es schon macht, dann dürfte eine Satzung nicht mehr Arbeit machen." Antwort Stephan: "Aber jetzt dürfen wir noch nein sagen."

In der Endabstimmung votierten neben der CSU auch FDP-Kreisrat Wolfgang Will und die Freien Wähler gegen die Informationsfreiheitssatzung, obwohl sich der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Freien Wähler im Landtag, Florian Streibl, noch vor zwei Wochen in Ebersberg für solche Satzungen stark gemacht hatte. Als einzige aus der SPD-Fraktion stimmte auch Uschi Bittner mit Nein. Die SPD-Bürgermeister Martin Esterl, Albert Hingerl und Bernhard Winter hatten zu diesem Zeitpunkt allerdings die Sitzung bereits verlassen.

© SZ vom 30.10.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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