Bundesfreiwilligendienst:Als Rentner in den Kindergarten

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Michael Krug hat im Rentenalter noch Bundesfreiwilligendienst geleistet - und es genossen. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Auf den Fernsehsessel hatte der Markt Schwabener Michael Krug nach dem Ausscheiden aus dem Berufsleben keine Lust. Stattdessen leistete er einen Freiwilligendienst ab. Wie es ist, wenn die Kollegen 40 Jahre jünger sind.

Interview von Franziska Langhammer, Markt Schwaben

Genau einen Monat Zeit nahm sich Michael Krug aus Markt Schwaben, um seine Rente zu genießen. Dann arbeitete der jetzt 66-Jährige 18 Monate lang als Bundesfreiwilliger - ein Angebot, das meist von Jüngeren als Überbrückung zu Studium oder Ausbildung genutzt wird.

SZ Ebersberg: Warum haben Sie an Ihren Austritt aus dem Arbeitsleben gleich 18 Monate Freiwilligendienst dran gehängt? Angst vor der großen Leere?

Michael Krug: Ich sag mal so: Meine Frau ist sieben Jahre jünger als ich und geht weiter ganz normal arbeiten. So allein zuhause im Fernsehsessel, das ist mir ein bisschen zu langweilig.

Und wieso ein BFD?

Damals, in den 1970er Jahren, musste ich zur Bundeswehr. Es wäre sinnvoll gewesen, dazu eine Alternative zu haben, die gab es aber nicht. Vielleicht bin ich da auch ein bisschen zu sehr Altruist, aber ich finde es wichtig, nicht nur immer sich selbst in den Vordergrund zu schieben. Das wollte ich nach meiner Berufstätigkeit nachholen.

Als Einsatzort für Ihr BFD haben Sie die Offene Behindertenarbeit (OBA) Markt Schwaben ausgewählt.

Da bin ich schon seit 2012 ehrenamtlich unterwegs. 2021 habe ich beschlossen, das Arbeitsleben ausklingen zu lassen. Ich habe 46 Jahre gearbeitet und brauche nicht noch mehr Zahlen und Umsatz. Zum Spaß hab ich dann gesagt: Jetzt mach ich bei euch BFD.

Was waren Ihre Aufgaben?

Zuerst ein bisschen Büroarbeit. Dann habe ich eine Zeitlang eine junge Frau in die Arbeit begleitet. Sie hat sich in einer Kantine in München um das Geschirr gekümmert. Danach bin ich in den Kindergarten gekommen. Ich selbst war als Kind nie im Kindergarten und hab dann gesagt: "Ich hab so lange gewartet, bis ich meinen Kindergarten-Platz kriege." Das war unwahrscheinlich bereichernd. Ich habe die Kinder ins Herz geschlossen.

Wie ging es weiter in Ihrem BFD?

Ich war dann Schulbegleiter in Poing, an der Seerosenschule. Ich saß im Unterricht neben zwei jungen Menschen und hab geschaut, wie ich sie unterstützen kann. Und am Ende von meinem BFD war ich dann nochmal im Kindergarten.

Als Bufdi muss man auch Seminare mit anderen Freiwilligen machen. Die meisten anderen BFD-ler sind eher jünger. War das komisch für Sie?

(lacht) Nö. Wir haben zusammen in einem Projekt T-Shirts entworfen -und uns mit der Frage beschäftigt, warum wir uns für ein BFD entschieden haben. Das war interessant, auch junge Menschen kennenzulernen.

Was hat Ihnen die Zeit als Bufdi gebracht?

Das war lustig, vor allem mit den Kindern. Einige, die ich betreut habe, sind jetzt in die Schule gekommen. Ich treffe sie noch öfter auf der Straße, dann rufen sie: Hallo Michi!

Wie sieht es für die weitere Zukunft aus, winkt jetzt der Fernsehsessel?

Nö, nö. Seit 2012 biete ich ehrenamtlich Versicherungsberatung an. Weil einige Gemeinden keine Ansprechpartner mehr dazu finden, berate ich jetzt auch zweimal die Woche in Sachen Rentenantrag. Außerdem gehe ich einmal im Monat zum offenen Treff bei der OBA. Man soll ja nicht nachlassen.

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Von Franziska Langhammer

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