Prozess in München:Todesfahrer muss ins Gefängnis

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  • Ein Gerüstbauer, der betrunken und ohne Führerschein einen schweren Unfall verursacht hat, ist zu einer Haftstrafe von sieben Jahren verurteilt worden.
  • Er hatte eine 45 Jahre alte Frau angefahren, die wenig später an ihren Verletzungen starb.

Von Andreas Salch, Forstinning/München

"Ein dumpfer Schlag", dann flog eine Frau "in hohem Bogen" in ein Feld am Forsthausweg. So hat eine Augenzeugin vor der Schwurgerichtskammer am Landgericht München II einen der schrecklichsten Verkehrsunfälle geschildert, der sich in der jüngeren Vergangenheit im Landkreis zugetragen hat.

Es war am Spätnachmittag des 17. Januar dieses Jahres, als ein völlig betrunkener Gerüstbauer aus Forstinning eine 45-jährige verheiratete Mutter von zwei Kindern mit seinem BMW im Forsthausweg erfasste. Der Gerüstbauer, der noch nie einen Führerschein besessen hat, beging Unfallflucht. Die 45-Jährige erlitt einen Genickbruch und starb zwei Wochen später in einer Münchner Klinik. Für diese Tat verurteilte die 1. Strafkammer am Landgericht München II den Gerüstbauer an diesem Mittwoch zu sieben Jahren Haft.

Der 39-Jährige nahm das Urteil regungslos zur Kenntnis und starrte während der Urteilsbegründung durch den Vorsitzenden, Richter Martin Rieder, die meiste Zeit vor sich hin. Das Gericht ging in seinem Urteil von fahrlässiger Tötung und versuchtem Mord aus. Außerdem verurteilte es den 39-Jährigen wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Führerschein, fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr, unerlaubten Entfernens vom Unfallort sowie wegen eines vorsätzlichen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr.

Gerüstbauer hatte mindestens 2,08 Promille Alkohol im Blut

Unmittelbar bevor der Angeklagte die 45-jährige Mutter mit seinem Pkw anfuhr, hatte er, ebenfalls im Forsthausweg, schon einen Unfall gebaut. Beim Wenden touchierte er einen geparkten BMW und raste einfach weiter, ohne sich um den Schaden zu kümmern. Dabei fuhr der Angeklagte auch an einem Kindergarten vorbei. Glücklicherweise passierte nichts. Schließlich schoss der Gerüstbauer mit viel zu hoher Geschwindigkeit in eine enge Linkskurve im Forsthausweg. Dabei geriet sein BMW von der Straße ab, kam ins Schleudern und erfasste die 45-Jährige, die ihren Hund ausführte.

Zum Zeitpunkt des Unfall hatte der alkoholabhängige Gerüstbauer laut dem Gutachten eines Rechtsmediziners eine Blutalkoholkonzentration von mindestens 2,08 Promille. Es könnten aber auch, so der Sachverständige, "maximal 3,23 Promille" gewesen sein. An der Stelle, an dem der Angeklagte die Frau anfuhr, ist eine Höchstgeschwindigkeit von 30 Stundenkilometern erlaubt. Dem Gutachten eines Sachverständigen zufolge fuhr der Mann jedoch mit mindestens 63 Stundenkilometern in die enge Kurve.

Die 45-jährige Mutter wurde zunächst gegen die Windschutzscheibe vom Auto des Gerüstbauers geschleudert und von dort in ein angrenzendes Feld. Als der Unfall passierte, saß der 13 Jahre alte Sohn der Verlobten des Gerüstbauers auf dem Beifahrersitz. Er soll den 39-Jährigen angeschrien haben mit den Worten: "Halt an, halt an, ich will jetzt sehen, was mit der Frau ist."

Doch das Schicksal der Mutter sei dem Angeklagten "wurscht" gewesen, sagte Richter Martin Rieder. Dieser habe nur daran gedacht, nicht bestraft zu werden. Als Mordmerkmal ging das Gericht von der Verdeckung einer Straftat aus. Den Tod der 45-jährigen Mutter habe der Angeklagte schlichtweg billigend in Kauf genommen, so der Vorsitzende.

Mit seinem Urteil blieb das Gericht am Ende nur knapp unter dem Antrag von Staatsanwalt Florian Gliwitzky. Er forderte acht Jahre Haft für die schreckliche Tat. Nach der Einschätzung eines psychiatrischen Sachverständigen war die Steuerungsfähigkeit des Angeklagten trotz seiner hohen Blutalkoholkonzentration bei dem Unfall nicht erheblich vermindert. Neben der Haftstrafe ordnete das Gericht die Unterbringung des Gerüstbauers in einer Entziehungsanstalt an. Ob er die Therapie durchstehen wird, sei mehr als fraglich, meinte Richter Rieder. Doch der Angeklagte solle ein Chance bekommen. Sein Opfer hatte keine.

© SZ vom 11.12.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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