Prozess in Ebersberg:Falsches Motiv

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Ein Freundschaftsdienst bringt einen 20-Jährigen wegen Drogenhandels vor Gericht

Von Andreas Junkmann, Ebersberg

Soziale Medien haben die praktische Eigenschaft, Erlebtes schnell und einfach mit Freunden und Familie teilen zu können. Seien es Urlaubsfotos vom Badestrand oder ein Schnappschuss vom besonders gelungenen Sonntagsbraten - ein bisschen Prahlerei gehört bei Instagram, Facebook und Co. schlichtweg dazu. Etwas Eindruck schinden wollte offenbar auch ein 20-Jähriger aus dem nördlichen Landkreis Ebersberg, als er seinem Kumpel Anfang des vergangenen Jahres ein Foto via Snapchat hat zukommen lassen. Ob er dieses Ziel erreicht hat, ist nicht verbürgt, dass die ganze Sache keine sonderlich gute Idee war, allerdings schon. Denn wegen des Fotos musste sich der junge Mann nun vor dem Ebersberger Amtsgericht verantworten. Der Vorwurf unter anderem: Besitz von Drogen und Beihilfe zum Handel.

Denn auf dem Bild war nicht etwa ein flauschiges Katzenbaby zu sehen, sondern eine Tüte mit einem halben Kilo Marihuana. So kam es auch, dass die Polizei auf den Mann aufmerksam geworden ist und Ermittlungen aufgenommen hat. Das Ergebnis fasste die Staatsanwältin nun vor dem Jugend-Schöffengericht wie folgt zusammen: Bereits vor etwa drei Jahren soll der Angeklagte diverse Drogen - darunter Amphetamine, LSD und Ecstasy - im Internet bestellt haben. Dazu kam der Vorwurf, eben jenes Pfund Marihuana zu Hause aufbewahrt zu haben. Tatsächlich konnten Beamte bei einer Wohnungsdurchsuchung im März 2019 geringe Mengen auffinden, von den knapp 500 Gramm Gras aber fehlte jede Spur.

Dass er die von der Polizei sichergestellten etwas mehr als drei Gramm Marihuana und die zwei Ecstasy-Tabletten für den Eigenbedarf daheim aufbewahrt habe, bestritt der junge Mann vor Gericht ebenso wenig, wie die Tatsache, dass er sich tatsächlich einige Rauschmittel aus dem Ausland hat einfliegen lassen. Nur mit der, wie es im Gerichtsjargon heißt, "nicht geringen Menge" Marihuana, wollte der 20-Jährige nichts zu tun haben - zumindest nicht direkt.

Wie es zu dem Anklagepunkt kam, versuchte schließlich dessen Rechtsanwalt dem Gericht um Vorsitzenden Markus Nikol zu erklären: Sein Mandant sei von einem Freund gefragt worden, ob er ihm nicht einen Gefallen tun könne, indem er ihn zu einer Drogenübergabe nach München fahre. Mit dem Geschäft selbst habe der Angeklagte aber nichts zu tun gehabt, auch seien die Drogen zu keiner Zeit bei ihm zu Hause gewesen. "Mein Mandant hatte nie unmittelbaren Zugriff auf die Rauschmittel. Aber natürlich ist die Fahrt auch als Beihilfe zu werten", räumte der Verteidiger ein.

Auf die ganze Sache habe er sich auch nur deshalb eingelassen, weil ihm selbst fünf Gramm als Entschädigung für seinen Fahrdienst versprochen wurden, so der Angeklagte. So richtig gelohnt scheint es sich allerdings nicht zu haben, denn die Qualität des Stoffes war "nicht überragend", wie der junge Mann recht offen erzählte. Den eigentlichen Fehler habe er dann begangen, als er und sein Freund von ihrer Kurierfahrt wieder heimgekommen sind. Dann nämlich habe er "in der Faszination" eben jenes Bild von dem Rauschgift an einen anderen Kumpel geschickt - und damit den Verdacht der Ermittler auf sich selbst gelenkt.

Auch bei den anschließenden Handyuntersuchungen seitens der Polizei sei man immer wieder auf das Thema Drogen gestoßen, so ein Beamter vor Gericht. "Da gab es aber wenig Konkretes. Meistens waren es nur Freundschaftsdienste." Mit einer Ausnahme: Bei den Ermittlungen tauchte auch eine etwas ältere Internet-Bestellliste mit diversen Rauschmitteln auf, die der Angeklagte ebenfalls leichtfertig an einen Freund verschickt hatte. Ansonsten konnten ihm die Beamten aber keinen Handel in größerem Stil nachweisen.

Von Drogen wolle er seit der Hausdurchsuchung ohnehin nichts mehr wissen, beteuerte der 20-Jährige vor Gericht. Dass er inzwischen auf einem guten Weg ist, bescheinigte ihm auch die Vertreterin der Jugendgerichtshilfe: "Ich habe den Eindruck, dass dieses Kapitel für ihn abgeschlossen ist." Nicht abgeschlossen war jedoch die Verhandlung, denn obwohl sich die Vorwürfe als nicht ganz so schlimm darstellten, kam der Angeklagte um eine Verurteilung nicht herum. Diese bewegt sich mit einer Woche Arrest allerdings am unteren Rand des möglichen Strafrahmens und soll, wie Richter Markus Nikol sagte, vor allem erzieherischen Charakter haben. Weil er bei dem Mann "ein äußerst positives Nachtatverhalten" erkennen könne, soll der kurze Haftaufenthalt eher eine Art Denkzettel sein, um zu verdeutlichen was passieren kann, sollte er wieder rückfällig werden.

© SZ vom 14.02.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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