Prozess in Ebersberg:Ausflug ins organisierte Verbrechen

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Ein 32-Jähriger aus dem Landkreis soll über Mittelsmänner bei einer "Hells Angels"-nahen Bande Drogen gekauft haben

Von Andreas Junkmann, Ebersberg

Rockerbanden, Schusswaffen, kiloweise harte Drogen - und ein Mann aus dem Raum Ebersberg, der sich als kleines Zahnrad in der großen Welt des organisierten Verbrechens nun der Justiz stellen musste. All das waren die Rahmenbedingungen eines Prozesses vor dem Ebersberger Amtsgericht am Dienstagnachmittag. Dort musste sich der aus dem nördlichen Landkreis stammende 32-Jährige wegen mehrerer Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz verantworten. Die Staatsanwaltschaft warf dem Mann nicht nur vor, harte Drogen besessen zu haben, sondern diese auch zu verkaufen. Dabei war es nicht er selbst, der an einem Junimorgen im vergangenen Jahr mit einem Kilo Amphetaminen im Auto auf dem Weg nach München von der Polizei gestoppt worden ist. Die beiden Insassen aber belasteten den Mann schwer.

Demnach habe dieser die beiden Kuriere dazu beauftragt, die Drogen im Wert von rund 3000 Euro bei einem Hintermann im baden-württembergischen Tuttlingen abzuholen. Dabei habe es sich allerdings um "keine normalen Straßendealereien" gehandelt, wie der Staatsanwalt während der Verhandlung sagte, sondern um ein Geschäft mit organisierten Drogenbanden. Denn wie aus den Polizeiaussagen der beiden Fahrer hervorging, habe der Hintermann enge Verbindungen zur Rockergruppe "Red Devils" gehabt, einer Unterstützerorganisation der "Hells Angels". Bei Übergabe der Ware habe der Dealer auch stolz seine Pumpgun und seine Messersammlung präsentiert.

Von all dem wollte der Angeklagte, der inzwischen im Landkreis München wohnt, zunächst nichts gewusst haben. Einer der beiden Männer habe in dieser Zeit bei ihm gewohnt, sei aber mit der Miete in Rückstand gewesen. Als Ausgleich dafür habe er ihm die Drogen mitbringen wollen. "Ich hab' damit nichts zu tun", sagte er vor dem Schöffengericht um den vorsitzenden Richter Markus Nikol. Lediglich die rund 20 Gramm Amphetamine und rund 2,5 Gramm Marihuana, die die Polizei einige Wochen später in seiner Wohnung fand, hätten tatsächlich ihm gehört - allerdings nur zum Eigenbedarf und nicht zum Verkauf.

Angesichts der belastenden Aussagen von gleich drei verschiedenen Zeugen redete Richter Nikol dem Mann nochmals ins Gewissen. "Wenn sich die Vorwürfe bestätigen, dann sind sie massiv", sagte er. Auch der Staatsanwalt bekräftigte, dass ein Geständnis zu einem frühen Zeitpunkt hier durchaus hilfreich sei. Zumal mehrere Zeugen am Dienstag aus verschiedenen Gründen verhindert waren und sich das Verfahren bei voller Beweisaufnahme dadurch lange gezogen hätte.

Schließlich lenkte der Angeklagte, dem Gericht und Staatsanwalt eine Bewährungsstrafe in Aussicht stellten, nach Rücksprache mit seiner Verteidigerin ein. Ja, er habe von den Drogen gewusst, die sein Mitbewohner bei dem Hintermann für ihn erworben hatte. Einen Auftrag habe er diesem dafür aber nicht erteilt. "Ich habe ihn nicht dazu gezwungen", so der 32-Jährige. Es habe sich dabei tatsächlich nur um einen Ausgleich für die Miete gehandelt. "Naturalien oder Geld, das war mir eigentlich egal", sagte der Angeklagte vor Gericht. Einen Großteil der Drogen habe er ohnehin für den Eigenbedarf behalten wollen, lediglich ein Teil davon sollte an einen weiteren Beteiligten verkauft werden.

Nachdem die beiden Kuriere, die in einem anderen Verfahren vor dem Amtsgericht München bereits zu Bewährungsstrafen verurteilt worden sind, auf der Autobahn erwischt worden waren, kamen auch die Ermittlungen gegen den 32-Jährigen ins Rollen. Wie ein Polizeibeamter der Kripo Erding vor Gericht sagte, habe man zunächst die Telefone des Mannes überwacht und diesen schließlich auch observiert. Bei einer Hausdurchsuchung im Dezember 2020 fanden die Beamten dann neben einer Feinwaage, mehreren Handys und Hanfsamen auch kleinere Mengen Amphetamine und Marihuana.

Den Drogen habe er inzwischen jedoch abgeschworen, beteuerte der Angeklagte. Das Gericht erkannte neben einer guten Sozialprognose dessen Abstecher in die organisierte Kriminalität als Ausrutscher an. Nur deshalb entging der Mann dem Gefängnis und kam mit einer zweijährigen Bewährung davon.

© SZ vom 07.07.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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