Prozess:Für Cookies und Kuchen vor Gericht

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Für Besitz und Handel von 300 Gramm Marihuana wird ein 29-Jähriger zu einer Bewährungsstrafe verurteilt

Von Max Nahrhaft, Ebersberg

Möglich oder doch eher ungewöhnlich? Ein 29-Jähriger beteuerte vor Gericht, dass er 300 Gramm Cannabis in seinem Rucksack mit sich herumtrug, um es ausschließlich selbst zu konsumieren. Verkauft will er diese große Menge an Drogen aber nicht haben. Die Frage, wie plausibel diese Angaben des Angeklagten vor dem Amtsgericht Ebersberg wirklich ist, zog sich dann wie ein roter Faden durch die ganze Verhandlung, da von ihr die Härte der Strafe abhing. Zuerst schienen die Beteuerungen durchaus nachvollziehbar - doch am Ende reichten sie dann doch nicht aus: Wegen Besitz und Handel der Droge wurde der 29-Jährige zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt.

Vorausgegangen war eine Verfolgung im vergangenen Jahr. Der Angeklagte wurde im Sommer mit mehreren Freunden auf einem Skatepark im Süden des Landkreises von einer zivilen Polizeistreife kontrolliert. Zwar hat der Verdächtige versucht zu fliehen, doch die Polizei nahm zu Fuß die Verfolgung auf und konnte den Mann schon nach kurzer Zeit stellen. Dabei entdeckten die Beamten die nicht unerhebliche Menge an Marihuana in dessen Rucksack.

Vor Gericht stand nun der Verdacht im Raum, dass der Angeklagte die Drogen nicht nur für den Eigenkonsum besaß, sondern mit ihnen auch Handel betrieb. Der Verdächtige rechtfertigte sich damit, dass er sie auf Vorrat gekauft habe: Er lebte bis vor einem Jahr selbst im Landkreis, war dann aber nach Sachsen umgezogen. Zum Zeitpunkt der Festnahme sei er nur zu Besuch bei einem Freund gewesen und habe bei dieser Gelegenheit eine größere Menge Marihuana bei einem Bekannten erworben. "Nach dem Umzug in die neue Stadt kannte ich dort noch keinen Dealer, dem ich vertrauen konnte. Außerdem war die Qualität relativ schlecht und der Preis sehr hoch", rechtfertigte sich der Verdächtigte.

Trotz dieser Aussage war der Richter daran interessiert, was der 29-Jährige mit einer so großen Menge mache, wenn er nach eigenen Angaben gar nicht abhängig sei. "In letzter Zeit backe ich gerne Kuchen, Cookies und Muffins und verwende dabei bis zu 30 Gramm Gras. Der Cannabis-Geschmack ist im Gebäck viel angenehmer und weicher", antwortete der Angeklagte. Außerdem wunderte sich der Richter, dass der Mann damals trotz geringer Einkünfte durch Arbeitslosengeld den Preis von 2000 Euro für die 300 Gramm aufbringen konnte. "Ich habe nach dem Tod meiner Großmutter kurz vorher 5000 Euro geerbt, davon konnte ich mir diesen Großeinkauf finanzieren", so die Antwort.

Die Rechtfertigungen des Angeklagten mag für Außenstehende glaubwürdig geklungen haben. Doch der Staatsanwalt und die Schöffen waren noch lange nicht überzeugt. Deswegen ordnete der Richter ein Rechtsgespräch mit dem Staatsanwalt, dem Rechtsanwalt des Angeklagten und den Schöffen an, das unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfand. Als alle Beteiligten nach der Unterbrechung wieder an ihre Plätze zurückgekehrt waren, folgte die Überraschung: eine Einigung.

Nun räumte der Angeklagte plötzlich in wenigen Worten alle Anklagepunkte ein, die sowohl den Besitz als auch den Handel mit der Droge umfassten. Er gab allerdings keine weiteren Erklärungen zu seinem Geständnis ab. Trotzdem zeigte der Richter in seinem Urteil Milde: Da der Angeklagte inzwischen keine Drogen mehr konsumiert und eine Arbeitsstelle gefunden habe, sah der Richter davon ab, ihn in einer Haftanstalt unterzubringen. Stattdessen wurde der 29-Jährige zu zwei Jahren Bewährung verurteilt sowie zu monatlichen Zahlungen an eine Organisation, die Drogenkranke unterstützt.

© SZ vom 24.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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