Provisorische Bleibe :Solidarität auf Zeit

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Auf der Wiese im Norden des Umspannwerkes am Philipp-Maas-Weg soll bald eine Containerunterkunft für bis zu 150 Flüchtlinge entstehen. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Am Philipp-Maas-Weg sollen bald 150 Flüchtlinge in einer Containeranlage wohnen - zumindest so lange, bis das neue Gewerbegebiet gebaut werden darf.

Von Wieland Bögel, Vaterstetten

Die größte Gemeinde des Landkreises will mehr Flüchtlinge unterbringen. Der Vaterstettener Gemeinderat beschloss nun, ein Grundstück am nördlichen Ortsrand an den Landkreis zu verpachten. Dieser will dort eine Containerunterkunft für bis zu 150 Bewohner errichten, die im Rahmen der Umverteilung etwa aus Turnhallen in neue Unterkünfte umziehen müssen.

Der Pachtzins für das 6125 Quadratmeter große Areal ist mit zwei Euro pro Jahr und Quadratmeter eher symbolisch, allerdings nur für die ersten drei Jahre. Sollte der Landkreis das Grundstück länger benötigen, würde der Preis steigen und spätestens nach fünf Jahren soll die Unterkunft wieder verschwunden sein.

Denn das Areal beim Umspannwerk am Philipp-Maas-Weg soll in ein paar Jahren zum Gewerbegebiet werden. Dieses steht seit Jahren im Gemeindeentwicklungsprogramm und rund herum gibt es bereits Gewerbeflächen. Allerdings hat die Gemeinde noch nicht alle Grundstücke für das "Vaterstetten-Nordost" genannte Baugebiet zusammen.

Derzeit werden Verhandlungen mit Eigentümern geführt

Man führe derzeit Verhandlungen mit einigen Eigentümern, wie Bauamtsleiterin Brigitte Littke nun im Gemeinderat erklärte. Ein Grundstück gehört der Gemeinde allerdings schon, jenes direkt hinter dem Umspannwerk, das bis zum Gelände des Voltigiervereins reicht.

In der Zeit, bis auch die anderen Grundstücke Gewerbeflächen werden können - mit Baurecht rechnet man bei der Gemeinde im Jahr 2019 - , soll das Areal nun dem Landkreis zur Verfügung stehen. Denn im Landratsamt hatte man schon länger in Vaterstetten nach Flächen für die Flüchtlingsunterbringung angefragt.

Denn im Vergleich zu seiner Größe hat Vaterstetten noch vergleichsweise wenige Flüchtlinge aufgenommen: In der Gemeinde mit rund 22 500 Einwohnern leben aktuell 108 Asylbewerber - deutlich weniger als etwa in den deutlich kleineren Kommunen Ebersberg, Grafing, Poing oder Pliening.

Im Visier ist ein Flurweg in Baldham-Dorf

Von diesen 108 haben 35 bereits einen positiven Bescheid, sie müssten eigentlich aus der Unterkunft ausziehen, aber sie haben noch keine andere Bleibe gefunden. Würde man den Königsteiner Schlüssel - eine Berechnungsgrundlage, nach der Flüchtlinge auf die Landkreise verteilt werden - auch auf die Kommunen anwenden, müsste Vaterstetten weitere 231 Menschen aufnehmen, so Littke. Bis zu 88 könnten in der geplanten Wohnanlage neben dem Wertstoffhof am Föhrenweg unterkommen, die im kommenden Jahr gebaut werden soll.

Weitere 150 in einer Container-Anlage, die der Landkreis kürzlich angeboten bekommen hat - es fehlte bislang nur ein geeignetes Grundstück. Als möglicher Standort für die Module habe man neben dem Areal am Umspannwerk auch eine Fläche am Flurweg in Baldham-Dorf untersucht, so Littke. Diese sei aus mehreren Gründen aber schlecht geeignet. So liegt diese zu wenig zentral, eine Nahversorgung sei daher nicht gegeben - ganz im Gegensatz zum Standort am Philipp-Maas-Weg, wo mehrere Discounter in unmittelbarer Nähe sind.

Außerdem befindet sich das Grundstück am Flurweg im Außenbereich. Um dort bauen zu können, sei eine Genehmigung der Regierung von Oberbayern nötig, so Littke. Eine solche Erlaubnis werde in der Regel aber nur dann erteilt, wenn gar kein anderer Standort im Gemeindegebiet möglich sei - was aber mit der Fläche am Umspannwerk sehr wohl gegeben sei.

Vermengung von Lokal- mit Bundespolitik

"Wir bekunden damit Solidarität mit den anderen Gemeinden im Landkreis - und das wird auch von uns erwartet", warb Bürgermeister Georg Reitsberger (FW) im Gemeinderat um Zustimmung. Das Gremium folgte der Empfehlung - mit der Ausnahme von Manfred Schmidt (FBU/AfD), der erklärte, man brauche weniger Unterkünfte, wenn mehr Menschen abgeschoben würden.

Eine Bemerkung, die Renate Will (FDP) sichtlich verärgerte und zu einer Forderung an die Sitzungsleitung veranlasste: Der Bürgermeister solle doch dafür sorgen, dass sich die Wortmeldungen auf die Tagesordnung und nicht auf die Bundespolitik bezögen: "Sonst werden wir hier nie mehr fertig." Schmidts Äußerung, sei "jenseits von Gut und Böse", kritisierte SPD-Fraktionssprecher Sepp Mittermeier, "solche schäbigen Debatten haben hier nichts verloren." Gegen die Stimme von Schmidt wurde der Verpachtung der Fläche an den Landkreis zugestimmt.

© SZ vom 21.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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