Protest in der Kreisstadt:Ebersberger demonstrieren gegen Alltagsrassismus

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Am Samstag versammeln sich 140 Menschen auf dem Ebersberger Marienplatz, um gegen Alltagsrassismus zu demonstrieren. Es bleibt friedlich.

Von Antonia Voelzke, Ebersberg

Es ist ein sonniger Vormittag, kurz vor elf Uhr. Im Café Schwaiger sitzen noch einige Menschen mit Kaffee und Croissant beim Frühstück. Eigentlich ein ganz normaler Samstag auf dem Ebersberger Marienplatz. Doch heute wird der Alltag gleich von einer Demonstration durchbrochen werden, die auf den nicht so schönen Alltag einiger Mitbürger aufmerksam machen soll. Denn für so manchen Landkreisbewohner ist auch ein ganz normaler Samstag ein Tag, an welchem er aufgrund seiner Hautfarbe, Herkunft oder Sprache diskriminiert wird.

Nach und nach sammeln sich immer mehr Menschen auf dem Marienplatz, am Ende werden es 140 sein. Unter ihnen sind sowohl Familien mit kleinen Kindern als auch Jugendliche und ältere Menschen. Viele der Demonstranten haben Schilder mit Sprüchen wie "Rassismus tötet" oder "Alle Menschen sind gleich" dabei. Auf einem besonders großen Banner, das über einer Warnbake hängt, steht in rot-blauer Schrift: "Make Racism wrong again". Die Anspielung auf Donald Trumps Wahlspruch scheint kein Zufall zu sein, denn Anlass der Demonstration gegen Alltagsrassismus sind auch die jüngsten Vorfälle in den USA, bei denen mehrere Menschen Opfer rassistischer Gewalttaten wurden.

Dass Alltagsrassismus längst nicht nur ein Problem in den USA ist, sondern auch im Landkreis Ebersberg zur Realität gehört, darauf möchte die Demo aufmerksam machen. Organisiert wurde sie vom Ebersberger Bündnis "Bunt statt Braun". Ebenfalls beteiligt sind die Ausländerhilfe, der Helferkreis Asyl Ebersberg, die Jugendinitiative Grafing, das Katholische Kreisbildungswerk Ebersberg und der Asylhelferverein "Seite an Seite".

Zwischen den Demonstranten flattern rot-weiße Absperrbänder in der Luft. Doch anders als auf Baustellen oder bei Gefahrenzonen sollen sie an diesem Samstag keine Grenzen ziehen. Ganz im Gegenteil: Sie sollen verbinden und soziale Grenzen überwinden. Anstatt Hand an Hand eine Menschenkette zu bilden, benutzen die Demonstranten die eineinhalb Meter langen Flatterbänder, um trotz Abstandsregeln in Corona-Zeiten eine verbundene Gemeinschaft darzustellen.

Während der Veranstaltung laufen die Organisatoren vom Bündnis "Bunt statt Braun" die Menschenkette immer wieder auf und ab und rufen: "Rassismus darf in unserer Gesellschaft nicht weiter normalisiert werden", und "Wir müssen das Problem beim Namen nennen und verurteilen". Auch Angela Warg-Portenlänger ist Teil des Bündnises. "Viele Mitmenschen erleben Diskriminierung aufgrund ihrer Hautfarbe, Sprache oder Herkunft tagtäglich", sagt sie, mit der Menschenkette wolle man ein Zeichen gegen Alltagsrassismus setzen. Dabei sei es den Veranstaltern aber wichtig gewesen, mit Blick auf die Corona-Krise verantwortungsvoll zu protestieren und darauf zu achten, dass Hygiene- und Abstandsregeln eingehalten werden, sagt Warg-Portenlänger. Wer sich nicht an die Maskenpflicht halte oder den Abstand nicht wahre, müsse des Platzes verwiesen werden.

Ebenfalls an der Demonstration beteiligt ist der erst kürzlich gegründete Verein "Small World". "Wir wollen Personen, die hier ankommen, helfen, sich besser integrieren zu können, sagt Brimo Kabba, einer der Gründer des Vereins. "Small world" ist die erste Organisation, dessen Gründer selbst einmal Neuankömmlinge im Landkreis waren. Auch sie berichten von rassistischen Alltagserfahrungen.

Anstatt der hundert angekündigten Teilnehmer versammeln sich letztendlich 140 Personen, um gegen Alltagsrassismus zu protestieren. "Das ist ein wirklich gutes Zeichen", sagt Werner Koska. Auch er hatte sich dem Protest angeschlossen. Die hohe Teilnehmerzahl zeige, dass viele begriffen hätten, dass Alltagsrassismus immer noch eine enorme Bedeutung habe, sagt er. "Es zeigt, dass sich viele Leute Gedanken machen und überlegen, wie sie gegen den Alltagsrassismus angehen können", so Koska.

Nachdem die Menschenkette ein paar Minuten gehalten wurde, ist die Veranstaltung auch schon wieder beendet. Große Reden werden an diesem Samstag in Ebersberg nicht gehalten. Manch einen mag das gewundert haben. Vielleicht gibt es aber auch nicht mehr viel zu sagen. Vielleicht ist es einfach an der Zeit, zu handeln.

© SZ vom 06.07.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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