Projekt zur Selbstversorgung:Eine wachsende Gemeinschaft

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Zusammen anpacken für die gemeinsame Ernte: Die Solidarische Landwirtschaft im Landkreis wächst stetig. Wie hier in Glonn bauen die Mitglieder regionale Obst- und Gemüsesorten an. (Foto: Christian Endt)

Die Solidarische Landwirtschaft im Landkreis Ebersberg bekommt immer mehr Mitglieder. Mehr als 50 Familien bauen inzwischen ihr eigenes Gemüse an. Dadurch steigt auch der Flächenbedarf deutlich

Von Valentin Tischer, Glonn

Mitte 2018 haben sich 20 Haushalte im Landkreis Ebersberg zusammengeschlossen, um gemeinsam Obst und Gemüse anzubauen. Sie gründeten die Solidarische Landwirtschaft "fair & teilen" - kurz SoLaWi. Seither hat sich die Zahl der Mitglieder mehr als verdoppelt.

"Wir sind fast überrannt worden", sagt Angelika Gsellmann, die sich als ausgebildete Gärtnerin um den Gemüseanbau kümmert und das Projekt plant. 52 Haushalte wollen dieses Jahr zusammen Lebensmittel anbauen und sich den Ertrag teilen.

Das Konzept einer Solidarischen Landwirtschaft basiert darauf, dass Verbraucher keine Lebensmittel kaufen, sondern einen gemeinsamen landwirtschaftlichen Betrieb finanzieren und von dort die Waren beziehen. So solle der Druck des Weltmarktes genommen und seine negativen Folgen verringert werden, durch die Unterstützung der Landwirtschaft im kleinen Stil und ihre Erhaltung, erklärt Carolin Glück, die sich in der SoLaWi engagiert. Sie bezeichnet deshalb die Projekte auch als eine teilweise politische Aktion. "Es muss auch anders gehen. Und da kann man selbst anpacken", meint Glück. In ganz Deutschland gibt es mehrere Hundert ähnlicher Projekte, die sich zu einem Netzwerk zusammengeschlossen haben, das stetig wächst.

Die SoLaWi Grafing/Glonn/Feldkirchen ist im Mai 2018 entstanden. Auf einem Hof in Krügling, im Nachbarlandkreis Rosenheim, haben 20 Haushalte zusammen mit der Gärtnerin Angelika Gsellmann über 2000 Quadratmeter Land bewirtschaftet und dort Gemüse und Obst angebaut. Doch das Interesse an dem Projekt ist seither stetig gewachsen - und damit auch der Bedarf an landwirtschaftlicher Fläche. Nun wollen Gsellmann und ihre Mitstreiter auf 3200 Quadratmetern Feingemüse, wie Zucchini oder Salat, anbauen. Auf weiteren 3000 Quadratmetern sollen Kartoffeln angepflanzt werden.

Der Fokus liegt auf regionalen und saisonalen Gemüsesorten. "Alles womit die Leute in der Küche umgehen können", erklärt Gsellmann. Für den Winter wird Lagergemüse wie Rote Rüben oder Porree geerntet. Neben den normalen Sorten will sie auch einige Schmankerl, wie Mairüben oder Zuckerrüben, anpflanzen. Für kleinere normale Bio-Betriebe sei der Anbau solcher Pflanzen zu arbeitsintensiv und rechne sich nicht, erklärt Gsellmann. Für jeden Teilnehmer steht eine gewisse Fläche zur Verfügung. Für Feingemüse sind es pro Haushalt 50 Quadratmeter, für Kartoffeln 60 Quadratmeter.

Die Zahl der Haushalte, die dieses Jahr an der SoLaWi teilnehmen, hätte auch höher sein können. Immer wieder erreichen Gsellmann weitere Anfragen, drei bis vier pro Woche, sagt sie. Aber das Budget für 2019 stehe schon fest und so bleibe keine andere Möglichkeit übrig, als Interessenten auf nächstes Jahr zu vertrösten. "Man kann nicht ständig nachlegen", sagt Carolin Glück. Es sei landwirtschaftlich nicht möglich, das Projekt jederzeit auszuweiten, Saatgut müsse besorgt und der zur Verfügung stehende Boden geplant werden.

Warum so viele Leute bei der SoLaWi mitmachen wollen, hat verschiedene Gründe. "Bei 52 Haushalten, gibt es auch 52 verschiedene Motivationen", sagt Gsellmann. Ihr zu Folge ist die Lust auf praktische Arbeit und etwas beizutragen, ein großer Antrieb für die Teilnehmer. Oft hätten diese selbst gar keinen Garten oder könnten dort nicht richtig anbauen, an vielen Stellen fehle auch schlicht das nötige Wissen. Durch die Arbeit mit der SoLaWi versprechen sich viele, die nötigen Erfahrungen sammeln zu können, erzählt Gsellmann. Einige Eltern sehen gar einen pädagogischen Mehrwert in der Tätigkeit auf dem Feld. So könne den Kinder auf diese Weise ein Bezug zu Lebensmitteln vermittelt werden. "Die Kinder sollen wissen, wo die Kartoffeln gewachsen sind, aus denen der Kartoffelbrei besteht, den sie essen", sagt die Gärtnerin. Die Geselligkeit in der SoLaWi ist für Gsellmann auch ein großer Faktor: "Wir haben immer viel Spaß und es ist schön etwas wachsen zu sehen, was man selbst gepflanzt hat."

Die Freude über den großen Mitgliederzuwachs ist bei Gsellmann sehr groß. Die Initiative hat in den Gemeindeblättern, mit Plakaten und auf Informationsveranstaltungen Werbung gemacht. Viele der neu dazu gestoßenen Mitglieder dürften aber durch Mundpropaganda auf die SoLaWi aufmerksam geworden sein.

Davon, dass das Projekt weiter wachsen wird, ist Gsellmann fest überzeugt. 60 bis 100 Haushalte seien für eine SoLaWi am besten, sagt sie. In solchen Größenordnungen funktioniere solidarische Landwirtschaften am besten, erklärt sie. Die Organisation sei zu bewältigen, der familiäre Charakter gehe nicht verloren und die Personalkosten würden sich decken. Unendlich weiter könne das Projekt aber nicht wachsen, meint Gsellmann. Um trotzdem das Konzept in der Region weiter auszubreiten, will sie andere Projekte unterstützen und einige Ableger im Landkreis etablieren.

© SZ vom 28.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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