Premiere am Wochenende:"Ein Spiel mit Spekulationen"

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"Da Kini-Schiaßer", ein Volkskrimi von Jörg Herwegh, verlangt den Darstellern Beate Gnatzy und Peter Fritsch einiges ab. (Foto: Veranstalter)

Dramaturg Jörg Herwegh über seine Recherchen für den neuen bayerischen Volkskrimi "Da Kini-Schiaßer", der nun in der Land-Wirtschaft gespielt wird

Von Nathalie Stenger, Wasserburg

Auf die Frage, wie viele Stücke er schon geschrieben habe, weiß er gar keine richtige Antwort. "So um die zehn", schätzt Schauspieler, Autor und Regisseur Jörg Herwegh und lacht. Sein neuestes Werk, ein bayerischer Volkskrimi, wird nun am Wochenende in Staudham uraufgeführt: "Da Kini-Schiaßer - oder der Mann, der Ludwig zwo erschoss" widmet sich den Geheimnissen rund um den sagenumwobenen Tod von Ludwig II. Was könnte damals, im Jahr 1886, am Starnberger See passiert sein, als der Märchenkönig mit seinem Psychiater dort unterwegs war? War es Suizid? Oder doch Mord?

"Mich hat die bayerische Geschichte schon immer interessiert", erklärt Herwegh, "vor allem das 19. Jahrhundert, weil es so reich an Geschichten ist. Viel von dem, was damals geschehen ist, hat zu jener bayerischen Mentalität geführt, die man heute verkauft." Prägend war damals das Wirken von König Ludwig II. von Bayern. Kein Wunder also, dass Herwegh dem mysteriösen Tod des Bauherrn von Neuschwanstein, Herrenchiemsee und Schloss Linderhof nun ein Stück widmet: "Mich hat dieser Monarch fasziniert, der nicht in die Zeit gepasst hat - und fast schon scheitern musste!"

Das Stück spielt zwanzig Jahre nach dem Tod des Königs und dessen Arzt Bernhard von Gudden. Ein angeblicher Schriftsteller bereist das Dorf Berg, Schauplatz der Tragödie, und fordert Antworten. Er interviewt den ehemaligen Hofkoch, der nun ein Delikatessengeschäft betreibt, und sucht im Wirtshaus nach einem alten Säufer, den die Einheimischen nicht ernst nehmen und verächtlich den "Kini-Schiaßer" nennen. Der Spurensucher erkennt jedoch schnell, dass der Alte mehr als nur die üblichen Gerüchte weiß...

"Wir stellen aber keine weitere Theorie auf, sondern spielen mit den geschichtlichen Fakten", betont Herwegh. Er sei selbst überrascht gewesen, wie viele gute Quellen er für seine Recherche gefunden habe. Aus einer Vielfalt von Publikationen, aus einer Faktenspurensuche, akribischen Telegrammen und verblüffend genau geführten Protokollen, habe er wahre Abhandlungen herausfiltern können. Allerdings erreiche man immer wieder den Punkt, so der Autor, an dem man nicht wisse, was in den entscheidenden Momenten am See passiert sei. Aber genau das mache die ganze Geschichte ja so spannend. "Der Vorfall ist außerhalb unserer griffigen, technisch-klaren Zeit. Es ist ein Spiel mit Spekulationen."

Wichtig ist Herwegh dabei, was das Volkstheater übermittelt: Es dürfe nicht nur reine Gaudi zu sehen geben, es müsse ein bisschen sein wie in den Sechziger Jahren, etwa bei dem Dramatiker Martin Sperr. So ein Stück solle gute Unterhaltung und lehrreiche Aspekte bieten. Herwegh erwähnt die latente Homosexualität Ludwigs: "Das ist ja ein Drama in so einer furchtbar kleinkarierten Zeit. Er muss so gelitten haben." Auch solche Aspekte wolle er zur Sprache bringen, genauso wie das Thema Religion. "Ludwig war religionsfrei. Aber das war inmitten dieser zunehmend antisemitischen Gesellschaft sehr ungewöhnlich."

Geschichtliche Vorkenntnisse brauche man übrigens nicht, um den "Kini-Schiaßer" zu verstehen. "Man muss sich darauf einlassen, aber es wird alles erklärt, was wichtig ist", verspricht der Dramaturg. Vor dem Stück gibt es sogar eine Art Publikumsgespräch: Herwegh erzählt "ein paar nette Schmankerl" über das Geschlecht der Wittelsbacher sowie Wissenswertes rund um den Märchenkönig - für den Autor "eine faszinierende Mixtur aus spannendem Politthriller, groteskem Kasperltheater, tiefster menschlicher Verzweiflung und rührseligem Schmachtfetzen".

Eine "Höllenherausforderung" sei die Inszenierung hingegen für die Darsteller: vier Amateure, die schon lange Theater spielen, einer von ihnen habe fünf bis sechs Rollen. Als Autor nutze er nämlich eine spezielle Schnitttechnik, um den Zuschauer zu fordern, erklärt Herwegh. Wie der "Kini-Schiaßer" ankommt, bleibt abzuwarten.

Das "Theater Herwegh" zeigt den Volkskrimi "Da Kini-Schiaßer" in der Land-Wirtschaft Staudham, am Samstag, 23., um 20 Uhr, und Sonntag, 24. November, 19 Uhr, weitere Spieltermine bis Januar. Infos und Tickets unter www.theater-herwegh.de.

© SZ vom 20.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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