Poing/München:"Die äußere Situation der Kita war eine Katastrophe"

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Der Neubau des Kindergartens am Endbachweg dauert länger als zunächst geplant, nun soll er im nächsten Frühjahr bezugsfertig sein. (Foto: Christian Endt)

Im katholischen Kindergarten im Endbachweg in Poing kündigt die Hälfte des Personals. Pfarrer Philipp Werner verrät Hintergründe

Von Korbinian Eisenberger, Poing/München

Was ist eigentlich geschehen? Mit dieser Frage dürften nicht wenige Poinger Familien aktuell ohne eine Antwort dastehen. Auslöser dafür war ein Brief aus Poings katholischem Pfarrheim St. Michael an Eltern, deren Kinder in der Kita Am Endbachweg untergebracht sind. Der grob zusammengefasste Inhalt: Die Kita Ihres Kindes kann mangels Personal nicht mehr wie bisher weiterbetrieben werden. Die Hälfte der Mitarbeiter hat gekündigt. Warum? Ein Telefonat mit Pfarrer Philipp Werner am Donnerstagnachmittag gibt Aufschluss. Es gab mehrere Gründe. Oder anders gesagt: Es kam einiges zusammen.

Der Kindergarten ist seit September 2018 in Containern am Polizeispielplatz an der Hohenzollernstraße untergebracht. Träger der Poinger Einrichtung ist die Katholische Kirche. In einer Pressemitteilung des Erzbistums München und Freising werden Ende der Woche zwei Gründe für die fünf quasi gleichzeitigen Kündigungen genannt. "Die erschwerten Arbeitsbedingungen durch die Betreuung im beengten Containerprovisorium und die Maßnahmen aufgrund der Corona-Pandemie haben trotz zahlreicher unterstützender Maßnahmen in Form von Coaching und anderen Gesprächsangeboten durch den Träger zu einem unerwarteten Personalnotstand in der Kindertageseinrichtung Am Endbachweg in Poing geführt, so dass der gesetzlich erforderliche Personalschlüssel spätestens ab dem 1. Oktober 2020 nicht mehr erfüllt ist", wie eine Sprecherin mitteilt.

Kurz: Die Mischung aus Container und Corona sei für fünf von insgesamt elf Bediensteten in der Poinger Kita zu viel gewesen. Mehr dürfe das Erzbistum "aus Datenschutzgründen" nicht mitteilen. Die genaue Erklärung liefert Poings Pfarrer Philipp Werner. In den Containern war es im Winter zu kalt und im Sommer zu heiß. "Für vier Gruppen war es dort im Prinzip schon immer zu eng", sagt der Pfarrer. Die Bestimmungen wegen der Viruskrise führten nun dazu, dass nicht einmal mehr Teambesprechungen der Mitarbeiter möglich waren. Hinzu kamen Spannungen nach dem Wechsel der Einrichtungsleiterin vor einem halben Jahr. Und Meinungsverschiedenheiten, wie mit Corona innerhalb der Gruppen umzugehen sei. "Innerhalb des Teams hat es Spannungen gegeben", sagt der Pfarrer, daran änderten auch die jüngsten Coachingmaßnahmen, die Teamsupervision und Mitarbeitergespräche offenbar nichts.

Für Pfarrer Werner sind dies alles mögliche Erklärungen, warum die Situation so eskalieren konnte. Die Beteiligten selbst hätten sich ihm gegenüber nicht geäußert. "Es sagt uns bisher keiner Näheres", so Werner. Die Eltern hat der Pfarrer so detailliert wie möglich informiert und als Antwort positive Signale erhalten. Werner: "Wir dürfen auf Unterstützung vom Elternbeirat bauen, der bietet sich dankenswerterweise als Mediator an."

Wie es gelungen ist, dass die Unterbringung aller 61 Kinder im Poinger Gemeindegebiet möglich ist, kann Reinhard Tonollo, Poings Zweiter Bürgermeister von der SPD, selbst nicht so ganz erklären. Vorbereitet war in der Gemeinde niemand darauf. "Die Kündigungen haben uns getroffen wie der Blitz", sagt Tonollo, der Bürgermeister Thomas Stark (parteilos) derzeit urlaubsweise vertritt. "Wir sind in der glücklichen Lage, dass wir in Poing dieses Jahr mehr Platz haben als sonst immer", so Tonollo. Ein Grund dafür könnte sein, dass die Anzahl an Kitaplätzen in Poing auf den in der Wachstumsgemeinde zu erwartenden massiven Bevölkerungsanstieg in den kommenden Jahren ausgelegt ist. Und so fügten sich die Dinge in Poing glimpflicher als man hätte vermuten können.

Die fünffache Kündigung hat offenbar alle Beteiligten überrascht, selbst Albert Hingerl (SPD). Der im April abgetretene langjährige Bürgermeister erklärt am Donnerstag, dass damit "nicht zu rechnen" gewesen sein.

Pfarrer Philipp Werner ist indes um Verständnis für die Kündigungen bemüht. "Die äußere Situation in der Kita Am Endbachweg war eine Katastrophe", sagt er. Und eine Erzieherin müsse sich "keine fünf Minuten Gedanken machen, ob sie wieder einen Job bekommt". Weil diese Berufe in der Region gefragt sind wie kaum ein anderer. Werners Einschätzung: "Die Rahmenbedingungen vom Ordinariat waren vielleicht zu ambitioniert." Womöglich sei die Personaldecke in der Kita zu klein gewesen. Man müsse prüfen, ob Entlastung gut täte, "damit das nicht auf so wenigen Schultern ruht". Sein Fazit: "Der Kindergarten war auf Kante genäht. Wir müssen uns Gedanken machen, dass so etwas nicht mehr passiert."

Das Ordinariat in München erklärt, primäres Ziel des Einrichtungsträgers sei nun, alle aktuellen und zukünftigen Betreuungsplätze und Gruppengefüge zu erhalten. "Das neue Gebäude für die Kita soll nach aktuellem Planungsstand nach Ostern 2021 bezugsfertig sein."

© SZ vom 14.08.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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