Pflegestützpunkt Ebersberg:Wegweiser durch den Pflege-Dschungel

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Rebecca Andraschko, Dietlinde Pointner, Christine Bagozzi (sitzend v.l.) sowie Christine Deyle (r.) beraten im Pflegestützpunkt, Jochen Specht und Christian Salberg sind der Kontakt zum Landratsamt. (Foto: Christian Endt)

Seit Dezember 2020 kümmert sich ein Beratungsteam um Anfragen zum Thema Pflege, einmal wöchentlich klärt eine Beauftragte des Bezirks über Sozialleistungen auf. Mittlerweile sind auch Hausbesuche möglich

Von Johanna Feckl, Ebersberg

In wenigen Tagen ist es neun Monate her, dass im Landkreis Ebersberg der Pflegestützpunkt seinen Dienst aufgenommen hat. Drei Beraterinnen stehen nun in der Kreisstadt zu allen Fragen rund um das Thema Pflege parat - im Rahmen von Außensprechstunden auch in Poing und Vaterstetten, von September an ebenfalls in Glonn. Ein weiterer, vierter Standort für eine solche Außensprechstunde im Landkreisnorden soll bald noch hinzukommen, wie Jochen Specht, Leiter des Teams Demografie im Landratsamt erklärt, wo der Pflegestützpunkt angesiedelt ist. "Wir möchten mit unserem Angebot zum Bürger hin."

Die Eröffnung der Beratungsstelle im Dezember vergangenen Jahres hatte sich um einige Monate verzögert - eigentlich sollte es das Angebot bereits von Sommer 2020 an geben. Ein "Hick-Hack sondergleichen" mit den Krankenkassen, wie es Landrat Robert Niedergesäß (CSU) damals nannte, habe den Aufschub zur Folge gehabt. Ende des Jahres war es dann aber soweit, alle Formalitäten waren geklärt und eine Beratungskraft gefunden. Seit Juli nun ist das Team vollständig: Rebecca Andraschko, Christine Bagozzi und Dietlinde Pointner - pro 60 000 Landkreisbürger steht eine Vollzeitkraft zur Verfügung. Für den Kreis Ebersberg ergibt das bei knapp 144 000 Einwohnern 2,38 Stellen. Übrigens: Das Angebot ist kostenfrei und neutral, der Pflegestützpunkt verkauft also keine eigenen Leistungen.

"Das Thema Pflege ist so umfangreich, wie ein Dschungel", sagt Christian Salberg, Leiter der Abteilung Jugend, Familie und Demografie. Dem stimmen die drei Beraterinnen zu. Wie beantragt man einen Pflegegrad? Bezuschusst der Staat einen barrierefreien Umbau im eigenen Zuhause? Wie findet man eine Schul- oder Alltagsbegleitung für Kinder mit einer Beeinträchtigung? Gibt es spezielle Hilfsangebote für demenziell erkrankte Menschen? Und welche Möglichkeiten zur Entlastung sind für pflegende Angehörige vorhanden? "Es ist wirklich unglaublich kompliziert", so Christine Bagozzi aus dem Beraterinnenteam. Aber nun sei ja Unterstützung für Betroffene da, sagt Salberg: "Der Pflegestützpunkt führt durch diesen Dschungel."

Und wie sieht das konkret aus? "Sehr individuell", sagt Beraterin Dietlinde Pointner. Oft sei es so, dass sich Angehörige zunächst telefonisch meldeten mit ihren Fragen. Die drei Beraterinnen arbeiteten dann mit Checklisten, um zu klären, welche weiterführenden Unterstützungsangebote und Beratungsstellen im jeweiligen Fall hilfreich wären. Geht es um gesetzliche Betreuung und Vorsorgevollmacht? Dann ist die Betreuungsstelle des Landratsamts der richtige Partner. Will jemand mehr über das Thema Wohnungsanpassungen für Senioren und Seniorinnen erfahren? Dann verweisen die Beraterinnen an die Caritas. Und bezieht sich das Thema auf Sozialleistungen, die der Bezirk Oberbayern anbietet, führt der Weg zu Christine Deyle.

Die Beraterin des Bezirks beantwortet jeden Donnerstag in den Räumen des Pflegestützpunktes Fragen zur Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderungen und zur Pflege. "Viele Menschen wissen gar nicht, welche Leistungen ihnen vom Bezirk eigentlich zustehen würden", sagt Deyle. Und nicht nur das, generell herrsche eher wenig Kenntnis über die vielfältigen Beratungs- und Hilfsmöglichkeiten. "Wir müssen in den Köpfen der Menschen verankern, dass es überhaupt solche Angebote gibt." Dann könnten sich Verbesserungen in Sachen gesellschaftlicher Teilhabe und Inklusion ergeben.

Positive Veränderungen bemerken die Beraterinnen schon jetzt. Nach wie vor beziehe sich das Gros der Anfragen zwar auf Belange von Senioren, jedoch nähmen auch die Anfragen im Hinblick auf die Unterstützung von Kindern zu - ein Aspekt, den der Pflegestützpunkt abdeckt, der vielen nicht bewusst ist. Die Zahlen sprechen für sich: 138 Menschen haben bislang das Angebot des Pflegestützpunkts in Anspruch genommen, 78 Frauen, 43 Männer sowie 17 weitere Personen, deren Geschlecht nicht erfasst wurde. Die meisten von ihnen waren 70 Jahre alt oder älter. Am häufigsten ging es um ambulante Betreuung und Pflegeleistungen, Anträge oder Entlastungsangebote. Und: Die Nachfrage für Hausbesuche steigt. Zwar sind sowohl der Standort in Ebersberg als auch die Büros der Außensprechstunden allesamt barrierefrei, jedoch betont Beraterin Dietlinde Pointner: "Manchmal brauchen wir auch einfach eine Momentaufnahme vor Ort." Dem Team steht dafür ein Auto zur Verfügung, die Kosten dafür werden vom Gesundheitsministerium gefördert.

An den Gesamtkosten für den Pflegestützpunkt beteiligen sich die Pflegekassen zu einem Drittel, die Krankenkassen zu einem weiteren Drittel, jeweils ein Sechstel übernehmen der Bezirk Oberbayern und der Landkreis. Das bedeutet, dass unter Berücksichtigung aller weiteren Fördermöglichkeiten der Landkreis aktuell mit einem Eigenanteil von ungefähr 15 000 Euro im Jahr 2021 rechnet. Die einmalige Anschubfinanzierung vom Landesamt für Pflege in Höhe von 25 000 Euro floss unter anderem in das Auto für Hausbesuche sowie eine Software zur Klientenerfassung. Dadurch, so Specht, "können wir sehr genau sagen, wo die Fragen und Themen liegen und dementsprechend bedarfsgerecht reagieren".

Der Pflegestützpunkt in Ebersberg ist erreichbar montags bis freitags unter (08092) 823-702 oder pflegestuetzpunkt@lra-ebe.de, weitere Infos unter lra-ebe.de/leben/demografie/?pflegestuetzpunkt-ebersberg&orga=32372 . Die Vor-Ort-Beratung des Bezirks findet donnerstags statt, Terminvereinbarung unter (089) 2198-21050 oder beratung-ebe@bezirk-oberbayern.de, zwischen 10 und 12 Uhr ist eine offene Sprechzeit.

© SZ vom 27.08.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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