Gewerbegebiet:Parsdorfer Modellflieger müssen am Boden bleiben

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Die Mitglieder des MFC sorgen sich um die Zukunft ihres Hobbys im dicht bebauten Münchner Umland. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Die Ansiedlung von BMW und Krauss-Maffei bei Parsdorf zwingt die Mitglieder des MFC Red Baron zu Einschränkungen.

Von Simon Groß, Vaterstetten

Mittlerweile heben nur noch kleine Maschinen von der Startbahn des Modellfliegerklubs MFC Red Baron ab, nordwestlich von Parsdorf, auf dem Areal des Staatsguts Grub. Unter fünf Kilo müssen sie sein, 2,50 Meter maximale Spannweite, mit elektrischem Antrieb. An Wettbewerben können die Red Barons damit nicht mehr teilnehmen. Die großen Flieger, teils 25 Kilo schwer, mit einer Spannweite von bis zu 7,50 Metern müssen seit vergangenem September am Boden bleiben. Mit ihnen hatten die Red Barons Erfolge gefeiert. So auch ihr Vorsitzender, Frank Joosten, der 2017 zusammen mit einem Vereinskollegen bayerischer Meister in der Klasse "Segelschlepp" wurde - einer herausfordernden Disziplin, die eine enge Zusammenarbeit zwischen zwei Piloten voraussetzt, da Schlepper und Segler gemeinsam präzise Flugmanöver absolvieren müssen.

Der Grund dafür, dass Triumphe wie dieser nun wohl der Vergangenheit angehören hat drei Buchstaben und mehr als 130 000 Mitarbeiter. BMW fing im Herbst mit dem Bau eines Logistikzentrums auf dem benachbarten Gelände an. Genau dort, wo die Maschinen bisher starteten und landeten. Weil Überflüge über bebautes Gebiet zu gefährlich sind, können sie dort nicht mehr fliegen. Mindestens 100 Meter Abstand sind gesetzlich vorgeschrieben. Und im Süden stehen auch schon die Bauzäune bereit. Dort entsteht eine Zubringerstraße, dahinter siedelt sich der Maschinenbauer Krauss-Maffei an. Auf die gegenüberliegende Seite auszuweichen ist keine Option, dort befindet sich das Kirchheimer Gewerbe- und Wohngebiet in unmittelbarer Nähe. Der Lärm der Motoren wäre hier zu laut.

Es ist also eng geworden um den Flugplatz. Zu eng für die großen Maschinen, von denen manche - die Jets - mit Turbinen wie bei echten Passagierflugzeugen angetrieben werden und eine Geschwindigkeit von 300 Kilometern pro Stunde erreichen. Sie brauchen einen großen Flugradius: Platz, der jetzt nicht mehr da ist.

Seitdem die Pläne für die Ansiedlung der Unternehmen vor rund zwei Jahren bekannt wurden, haben die Modellflugbegeisterten versucht die Bebauung zu verhindern. "Ich weiß nicht, wie viele Ordner ich im Keller habe mit der Kommentierung von Bauleitplänen", sagt Vereinschef Joosten. Schließlich taten sich die Modellflieger mit dem Vogelschutzbund und den Grünen zusammen und versuchten, das Vorhaben so noch abzuwenden. In dem Gebiet brütet die Feldlerche, der "Vogel des Jahres" 2019. Aber auch die gefiederte Prominenz half dem Verein nicht weiter. Im Süden schuf die Gemeinde eine Ausgleichsfläche für die Vögel.

Darauf verlassen, dass sie die Bauprojekte stoppen können, haben sich die Modellflieger sowieso nicht. Zusammen mit der Gemeinde suchten sie nach Alternativen, doch entweder waren Autobahn oder Häuser im Weg. Und auch bis zu 40 Kilometer weit entfernt sind sie nicht fündig geworden. Ohnehin wäre fraglich gewesen, ob die Mitglieder diese Entfernung auf sich genommen hätten, sagt Joosten. Seit Beginn der Bauarbeiten von BMW sei deren Zahl schon von 110 auf 85 gesunken. Die Hobbyflieger sind enttäuscht von der Politik, hätten sich mehr Unterstützung und eine bessere Kommunikation gewünscht. So auch zuletzt, als plötzlich ein Bauzaun die Zufahrt zu ihrem Parkplatz versperrte. Zwar haben sie schon kurze Zeit später die Erlaubnis bekommen den Parkplatz über zwei Tore mit Zahlenschlössern weiter benutzen zu dürfen, dennoch fühlen sie sich übergangen.

Vaterstettens Wirtschaftsförderer Georg Kast hält dagegen. Die Gemeinde habe schon vor zwei Jahren versucht, den Modellfliegern zu helfen. Aber Vaterstetten selbst habe nun mal keine geeigneten Grundstücke, sagt Kast. Und auch bei Privatleuten hätten sie kein Glück gehabt. Nachdem ein Bauer sich bereit erklärt habe, ein Feld zur Verfügung zu stellen, beschwerte sich der benachbarter Jäger. "Wir können niemanden dazu zwingen", sagt Kast. Er findet, dass sich die Red Barons mit ihrem bisherigen Verpächter, dem Freistaat, über mögliche Lösungen verständigen sollten. Schließlich hätte der in der Nähe große Flächen zur Verfügung. Doch auch dort: keine Chance. Auch weil der Flächentausch mit Vaterstetten, der die Ansiedlung der Unternehmen erst ermöglichte, den Freistaat mehr Flächen kostete.

Ihren bisherigen Flugplatz wollen die Vereinsmitglieder in jedem Fall behalten. Sie hätten viele Rentner aus der Umgebung, die kleinere Modelle flögen. "Für uns ist es wichtig, die Vielfalt im Verein zu erhalten", sagt Joosten. Für mittelgroße Maschinen ruht ihre Hoffnung jetzt auf einer neuen Aufstiegsgenehmigung, die sie im Dezember beantragt haben. Doch klar ist auch: "Egal was kommt, es wird nicht mehr dasselbe sein", sagt Joosten.

© SZ vom 28.01.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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