Ohne Investoren:Grafing baut Flüchtlingsunterkunft selbst

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Die Stadt stoppt die Investorenpläne für ein großes Asylbewerberheim am neuen Bauhof und will stattdessen eigene Planungen vorantreiben

Von Thorsten Rienth, Grafing

Paukenschlag in der nicht öffentlichen Sitzung des Grafinger Stadtrats: Der Deal mit dem Investor, der eine Flüchtlingsunterkunft neben dem neuen Grafinger Bauhof errichten wollte, ist geplatzt. Stattdessen will die Stadt Grafing die Unterkunft in Eigenregie bauen und vermieten, berichten Teilnehmer der Sitzung. Grund für den plötzlichen Strategiewechsel sei, dass der Investor aus Bad Wiessee den nötigen Mietvertrag mit der Regierung von Oberbayern nicht vorlegen konnte. Bürgermeisterin Angelika Obermayr (Grüne) wollte sich zu den Berichten nicht äußern und verwies auf die Stadtratssitzung Anfang Februar.

Erst dann sollen die Eckpunkte kommuniziert werden, die am Dienstagabend unter Ausschluss der Öffentlichkeit schon sehr konkret benannt wurden. Angedacht sei eine Unterkunft mit 120 Schlafplätzen, heißt es. Dazu kämen noch 30 Betten für bereits anerkannte Asylbewerber. Kosten von rund vier Millionen Euro würde die Stadt für den Bau veranschlagen. Bis zu 20 Euro könne Grafing aktuell pro Quadratmeter an Miete verlangen. Je nach Belegung hätte sich die Investition nach spätestens zehn Jahren amortisiert, soll Kämmerer Christian Bauer den Stadträten vorgerechnet haben.

Womöglich werden schon in der Sitzung des nächsten Bauausschusses erste Entwürfe präsentiert. Bestätigt ist nichts, aber die öffentliche Tagesordnung deutet darauf hin. "Bauantrag zum Neubau einer Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber auf dem Grundstück Fl.Nr. 573 Gemarkung Grafing (Glonner Str. 43)", lautet der Titel des sechsten Tagesordnungspunktes. Die Flurnummer 573 ist das Areal, auf dem Grafing derzeit seinen neuen Bauhof plant. Würde die Stadt tatsächlich selber bauen, dürfte sich die CSU-Fraktion bestätigt fühlen: Sie hatte diese Option im Dezember favorisiert - allerdings ohne sie konkret in einen Antrag zu gießen.

Der geplatzte Deal bedeutet nicht, dass der Investor wieder an seine ursprünglichen Pläne einer Unterkunft im Gewerbegebiet anknüpfen kann. Einen solchen Bauantrag hatte er zwar im Sommer eingereicht. Grafing konterte ihm allerdings mit einer Veränderungssperre. Dieser geänderte Bebauungsplan untersagt von nun an "Anlagen für soziale Zwecke mit wohnähnlicher Nutzung und von Beherbergungsbetrieben". Flüchtlingsunterkünfte haben damit keinerlei Aussicht mehr auf eine Genehmigung.

Sollte - aus welchen Gründen auch immer - der neuerliche Plan des Grafinger Eigenbaus ebenfalls scheitern, bliebe noch der Grafinger Unternehmer Martin Löchle. Der wollte auf dem Areal neben dem Bauhof ebenfalls eine Flüchtlingsunterkunft bauen. Er kam aber nicht zum Zug. Mit ein Grund dafür war laut Stadtverwaltung der Rat der Regierung von Oberbayern, lieber mit dem Investor aus Bad Wiessee zu kooperieren. Also just derjenige, mit dem sich die Behörde jetzt nicht auf den entscheidenden Mietvertrag einigen konnte. "Ich bin nach wie vor zu Gesprächen bereit", erklärte Löchle auf Nachfrage der SZ.

Gespräche gibt es parallel auch an weiterer Stelle. Ein bislang in Sachen Asylbewerberhäuser noch nicht aktiv gewordener Investor beantragte den Bau einer Unterkunft in der Mühlenstraße. Auch darum wird es in der Sitzung am kommenden Dienstag gehen.

© SZ vom 21.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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