Neustart geglückt:Ende des alten Lagerdenkens

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Der Grafinger Stadtrat erfüllt der neuen Bürgermeisterin den Wunsch des Abends: Nahezu einstimmig wählt das Gremium in seiner konstituierenden Sitzung die Stellvertreter von Angelika Obermayr.

Von Thorsten Rienth

Der Grafinger Stadtrat probiert den Neuanfang: Nahezu einstimmig hat das Gremium die Stellvertreter von Bürgermeisterin Angelika Obermayr (Grüne) gewählt. Es sind zwei langjährige Stadträte von CSU und Freien Wählern, Josef Rothmoser und Josef Wieser. Die beiden gelten als bekennende Konservative, genießen über die Fraktionsgrenzen hinweg großen Respekt und waren die Wunschkandidaten der neuen Rathauschefin. Wer auch immer bei der konstituierenden Sitzung etwas zu sagen hatte: Er appellierte an ein Ende des alten Lagerdenkens und ein neues Grafinger Miteinander.

Dafür, ob ein solches wieder möglich ist, galt am Dienstagabend die Wahl der beiden Grafinger Bürgermeisterstellvertreter als politischer Lackmustest. Wie groß würde die Mehrheit für die Konsenskandidaten Rothmoser und Wieser sein? Sie war groß, sehr groß sogar. Zweiter Bürgermeister Rothmoser bekam gegen Heinz Fröhlich (Bündnis für Grafing) gerade einmal zwei Gegenstimmen. Wieser, gegen den sich niemand aufstellen ließ, lediglich eine. Das Gremium erfüllte der neuen Bürgermeisterin damit den Wunsch des Abends: Eine breite Mehrheit für zwei Kandidaten, die sich um Parteipolitik wenig scheren.

Das Thema überparteiliche Zusammenarbeit zog sich durch die gesamte Sitzung. SPD-Mann Franz Frey, ältester Stadtrat und damit derjenige, der Angelika Obermayr den Eid abnahm, erklärte beispielsweise: "Wir brauchen ein geduldiges Ringen um akzeptable Kompromisse. Toleranz im Umgang miteinander ist hilfreicher als Besserwisserei oder der Anspruch, allein den einzig richtigen Weg zu wissen." Eine Forderung, auf die auch die neue Bürgermeisterin in ihrer Rede einging: "Ich hatte in der Vergangenheit oft das Gefühl, dass deren Meinung und deren Engagement abgetropft sind, weil sie der falschen Partei, dem falschen Parteiflügel oder dem falschen politischen Lager angehörten", sagte Angelika Obermayr. "Ein ungeheures Potenzial, das oft brach gelegen ist."

Alle im Gremium müssten sich bewusst sein, dass ein Stadtrat keine Plattform für Parteipolitik sei. "Wir alle hier wurden gewählt, um Grafing voranzubringen, um uns für Grafing einzusetzen - niemand hier wurde gewählt, um eine CSU, Grüne, SPD, Freie oder ein Bündnis voranzubringen - und schon gar nicht, um die Ideen der jeweils anderen zu blockieren oder gar zu torpedieren."

Die neue Bürgermeisterin nutzte die erste Sitzung auch, um erste Eckpunkte ihrer Agenda bekanntzugeben. Das "Thema Dienstwagen" sei in Arbeit. Obermayr hatte angekündigt, auf den 5er BMW ihres Vorgängers verzichten zu wollen. Derzeit liefen Gespräche mit dem Autobauer, den Wagen bereits zurückgeben zu können, obwohl der Leasingvertrag erst in etwa einem Jahr ausläuft. Parallel dazu sei die Verwaltung in Gesprächen mit den Grafinger Autoteilern. Ziel ist - ähnlich dem Konzept im Landratsamt - dort einen zusätzlichen Wagen aufzunehmen. Er soll zu den Dienstzeiten des Rathauses geblockt sein, aber außerhalb davon von der Allgemeinheit gebucht werden können. Außerdem arbeite die Verwaltung bereits an einem Vorschlag für eine Informationsfreiheitssatzung. Sie soll in einer der nächsten Sitzungen beraten werden.

Schließlich ging es noch um die Grafinger "Wunschliste". Es gebe eine Menge Erwartungen. Ein neuer Marktplatz, ein neues Musikschulgebäude, Bauland für Einheimische, eine schnelle Energiewende, neue Sporthallen und neue Kinderbetreuungsstätten. "Bitte bedenken wir bei allen Wünschen: Wir werden uns nicht alles leisten können, was wir wollen. Wir werden uns nicht alles zu dem Zeitpunkt leisten können, den wir uns vorstellen. Und wir werden uns unsere Wünsche nicht schuldenfrei erfüllen können", erklärte Obermayr. Aber der Stadtrat werde gemeinsam entscheiden: "Was ist es uns wert?"

Bei der Bekanntgabe der Vorsitzenden der Fraktionen gab es keine Überraschungen. Max Graf von Rechberg ist dies bei der CSU. Sein Stellvertreter ist der Landtagsabgeordnete Thomas Huber. Gabriela Wischeropp sitzt der Fraktion der Freien Wähler vor und wird von deren Ortsvorsitzendem Christian Einhellig vertreten. Bei den Grünen sind die Vorsitzenden Christiane Goldschmitt-Behmer und Wolfgang Huber. Regina Offenwanger ist SPD-Fraktionsvorsitzende, Franz Frey ihr Stellvertreter. Das "Bündnis für Grafing" bestimmte Heinz Fröhlich und die neue Stadträtin Yukiko Nave.

© SZ vom 08.05.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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