Das Herz ist in das spröde Holz einer Bank geritzt. Es steht für die Liebe von Kalle und Susanne. Liebt Kalle Susanne oder hat er sie schon vergessen? Sind es zwei Zwölfjährige, die erst erfahren müssen, was Liebe eigentlich bedeutet? Mit solchen Gedanken über Dinge, die einem eher selten auffallen, beschäftigen sich Slam-Poeten wie Eva Niedermeier. Am Freitagabend trat die 19-Jährige gemeinsam mit dem Duo Bella in der Glonner Schrott Galerie auf. Und das in einer Form, wie man sie selten zu sehen bekommt.
Die Kraft der Worte kommt mit Musik noch besser zum Ausdruck. Vor allem, wenn sie in so sanften Klängen wie von Hanna Specht und Irmi Haager vorgetragen werden, sie traten an diesem Abend als Duo Bella auf. Die beiden Musikerinnen aus dem Landkreis Rosenheim interpretieren Popmusik-Stücke auf ihre eigene Art. Aus "Crazy" von Gnarls Barkley machen sie eine Version mit Ukulele und Kontrabass. Gemeinsam mit Texten von Eva Niedermeier, ebenfalls aus Rosenheim, kreierten sie ein facettenreiches Programm.
Eva Niedermeier ist die Bayerische U-20-Meisterin im Poetry Slam 2016, sie trug Werke vor, die sie sonst bei Literaturwettbewerben, sogenannten Poetry-Slams, präsentiert. Dort müssen selbstgeschriebene Texte in möglichst kurzer Zeit vorgetragen werden - und besser sein als die der Konkurrenz. Dieser Druck blieb Niedermeier in der Schrott Galerie erspart. Dennoch erzählte sie ihre Geschichten in rasantem Tempo, schilderte Erlebnisse und verwies auf die kleinen Dinge des Alltags. Die Worte überschlugen sich beinahe, trotzdem verstand man jede Silbe.
Neben ihren Liebesgeschichten erzählte sie auch von den Abgründen des Lebens. "Wie fühlt es sich an, wenn Träume schlafen gehen?" Wenn sich die Welt ekelhaft, dunkel und falsch präsentiert. "Jedes Bild hat zwei Seiten. Stell' es einfach in ein anderes Licht", rät Niedermeier. Kaum zu glauben, diese Gedanken von einer 19-Jährigen zu hören. Danach stimmen Bella ein Lied der US-Rocksängerin Alanis Morissette an, "everything's gonna be quite alright" heißt es darin, es wird also alles irgendwie gut. Mit zarten, leisen Tönen, dann wieder kräftiger und laut. Und obwohl die Temperaturen in der Schrott Galerie bereits tropische Ausmaße angenommen hatten, war das Publikum begeistert.
"Ich war schon öfter in der Schrott Galerie und es ist immer toll, hier aufzutreten", verrät Irmi Haager, es kämen immer interessierte Leute, die für eine lebendige Stimmung sorgen. Als Bella spielten die beiden 34-jährigen Frauen vor zwei Jahren noch auf Hochzeiten. Das gefiel ihnen, und so spielten sie mittlerweile auch schon im Viehhof in München. Specht und Haager sorgen mit Kontrabass und Ukulele für einen unverwechselbaren Sound.
Dass das Musikantenduo mit Niedermeier auftrat, ist kein Zufall. Vor einem Jahr zog Eva Niedermeier in das Haus von Specht in Rosenheim, das so zu einem wahren Künstlerhaus wurde. Daraufhin beschlossen sie, gemeinsam etwas auf die Beine zu stellen. Und das kann sich sehen lassen: Im späteren Teil des Programms, wechseln sich Bella und die Slammerin nicht mehr ab, sondern tragen gemeinsame Stücke vor. Die Texte der Slam-Poetin werden musikalisch unterstützt. Niedermeier erzählt von ihrem Großvater, der ihr als kleines Mädchen die Welt erklärte. Er tröstete sie, baute sie auf, war ihr Held. Bis er sie mit verlorenen Augen ansah und nicht wiedererkannte. Mit klaren Worten schildert sie ihre Erfahrung, und durch die Musik wird es so richtig emotional. "Wir haben bei den Proben selbst geweint", verrät Niedermeier. Zum Abschluss des Abends singen sie gemeinsam noch ein selbstgeschriebenes Lied von Eva Niedermeier. "Gib mir einen guten Grund zu bleiben, und ich bleibe."