Moosach:Von wegen Rathausspionage

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Bürgermeister Eugen Gillhuber (CSU) entschuldigt sich nur widerwillig bei seinem Herausforderer Robert Bauer und seiner Ex-Sekretärin Eva Lanzl, obwohl er haltlose Anschuldigungen gegen beide erhoben hatte.

Von Korbinian Eisenberger

Wer Mist baut, - da sind sich die Verhaltensregelwerke einig - sollte sich bei der anschließenden Entschuldigung nach Möglichkeit besonders Mühe geben. Dass man sich mit einer solchen beim Adressaten jedoch noch unbeliebter machen kann als ohnehin schon, stellte am Montagabend Moosachs Bürgermeister Eugen Gillhuber (CSU) unter Beweis. Dessen ehemalige Sekretärin und der im März unterlegene Bürgermeisterkandidat Robert Bauer (UWG) taten sich sichtlich schwer, Gillhubers Worte am Tisch der Gemeinderatssitzung als ehrliche Reue aufzufassen. Und überhaupt: Als nach der zweieinhalbstündige Versammlung im Moosacher Rathaus die Kirchenglocke halb elf läutete, dürfte auch der letzte der 20 Zuschauer im Sitzungssaal bemerkt haben, dass es für Moosach längst fünf vor zwölf geschlagen hat.

Bei den zwölf Ratsmitgliedern am Verhandlungstisch konnte man sich da freilich nicht so sicher sein. Nachdem die zehn Männer und zwei Frauen in dieser Zusammensetzung letztmalig ausgiebig über Bauanträge und hässliche Risse im Straßenbelag diskutiert hatten, folgte schließlich Tagesordnungspunkt acht. Gillhuber hatte vor der Stichwahl am 30. März Vorwürfe gegen seine Vorzimmerdame Eva Lanzl erhoben, sie habe unberechtigterweise E-Mails aus dem Posteingang des Rathauses an Konkurrent Bauer weitergeleitet. Dieser habe sich zudem mehrmals ohne Erlaubnis einen Schlüssel zur Gemeindekanzlei besorgt. Mit beiden Aktion wären die Datenschutzgesetze verletzt worden, hieß es.

Da in Moosach jedoch zu beiden Fällen bis dato weder Richtlinien noch Satzungen existieren, erwiesen sich die Anschuldigungen als haltlos. Ohnehin, sagt Bauer, habe er sich den Schlüssel nur geholt, um außerhalb der Öffnungszeiten das hauseigene Betriebssystem upzudaten. Da die Kanzlei nur Donnerstags geöffnet ist, habe er an diesem Tag keine der beiden langsamen ISDN-Internetleitungen blockieren wollen. Bei den E-Mails habe es sich um "Informationen banalster Art" gehandelt, sagt Bauer. Etwa allgemeine Mails vom bayerischen Staat über das Steueraufkommen in Bayern, die seinerzeit auch die Süddeutsche Zeitung erhalten hat. "Das war einfach alles nur Wahlkampf", sagt Bauer.

Zu überprüfen, um welche Nachrichten es tatsächlich ging, ist freilich ebenso wenig möglich, wie festzustellen, ob die angedichtete E-Mail-Affäre Robert Bauer kurz vor den Stichwahlen entscheidende Wählerstimmen gekostet hat. Erstaunlich wäre dies freilich, zumal Gillhuber selbst über Jahre hinweg sensible E-Mails aus der Gemeindearbeit über seine Versicherungsagentur-Adresse verschickte. Sie gingen damit über den Server des Versicherungskonzerns, wo sie theoretisch hätten gespeichert und ausgewertet werden können.

"Ich bin nur gekommen um eine Entschuldigung zu hören", sagte Christian Bauer, Techniker in Moosach. Auch der Rentner Konrad Brunner, früher selbst Gemeinderat, hatte sich wie die meisten Gäste hauptsächlich wegen jenem Punkt auf der Einladung in den Saal begeben, den Gillhuber erst in einer zweiten Version auf die Tagesordnung gesetzt hatte.

Und dann war es soweit: "Nach Prüfung der Vorwürfe gegen Eva Lanzl und Robert Bauer haben sich die erhobenen Anschuldigungen als haltlos und nicht zutreffend erwiesen", gab Gillhuber in der gespannten Runde zu Protokoll. AMB-Gemeinderat Willi Mirus brach das anschließende Schweigen. Ob er sich bei den beiden schon entschuldigt habe, fragte er Gillhuber. "Nein", erwiderte Gillhuber, aber das wolle er jetzt erledigen. "Eva, es tut mir leid, ich wollte dich nicht beschuldigen", sagte er von seinem Chefsessel aus, "und den Robert genauso wenig". Dann ging er weiter zum Punkt Anfragen.

Es mag an der Verabschiedung seines Parteikollegen Herbert Weidlich mit Blumenstrauß und warmen Worten gelegen haben, dass sich Eva Lanzl anschließend mit mehreren Moosachern noch lange nach Sitzungsende vor der Glastür des Rathauses über den Bürgermeister ärgerte. "Ganz schlechter Stil" sei seine Entschuldigung gewesen. "Ich bin froh, dass ich nicht mehr Rathaussekretärin bin", sagte sie dann kurz darauf mit etwas ruhigerem Puls. Sechs Jahre hatte sie im Vorzimmer Anrufe und Emails entgegengenommen. Weil ihr die "Propaganda" in der vergangenen Wahlkampfperiode zu intensiv wurde, kündigte sie nach zwölf Jahren ihre Stelle.

Die Enttäuschung sprach aber nicht nur aus den Gesichtern der Beteiligten. Wie die meisten Moosacher, die von außen zugesehen hatten, hatten auch Christian Bauer und Konrad Brunner nur mehr Kopfschütteln für ihren Rathauschef übrig. "Die gezwungene Entschuldigung", sagte Christian Bauer, "das war das Schlimmste". "Charakterlos", befand Konrad Brunner. Unter Vorgänger Siegfried Eisenschmid (CSU), sagte Brunner "da wäre so etwas nicht passiert." Gillhuber selbst zeigte sich auf Nachfrage unbeeindruckt. "Mehr als mich entschuldigen kann ich nicht", sagte er. Eine Entschuldigung auf Aufforderung? Darauf, sagte Robert Bauer, könne er dann auch gerne verzichten.

© SZ vom 30.04.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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