Moosach:Emotionale Höhepunkte

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Im Moosacher Meta-Theater entlockt Joe Viera seinem Saxophon einen Tonfall mit nahezu jugendlichem Temperament. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Die Musikerinitiative "Jazz.Grafing" feiert mit Gaststar Joe Viera ein aufwühlendes Jubiläum

Von Claus Regnault, Moosach

Wie wird man zur Legende? Im Jazz gibt es viele solcher Legenden, entweder die, die nach ihrem Beitrag zur Menschheitskultur viel zu früh verstorben sind, oder jene, die mit weiter wirkendem hellem Kopf die biblische Altersgrenze erreicht, ja vielleicht sogar überschritten haben. Zu letzterer Kategorie gehört der Münchner Joe Viera, der seit den 1950er Jahren als Tenorsaxophonist und Jazzpädagoge wirkt und 1970 mit Helmut Viertel die Internationale Jazzwoche Burghausen ins Leben gerufen hat und künstlerisch leitet. Er ist am Donnerstag zum siebenjährigen Bestehen der Musikerinitiative jazz.grafing im Meta-Theater Moosach aufgetreten.

Viera hatte zum Jubiläumsauftritt sein Quartett mitgebracht, bestehend aus dem eher aus dem Popbereich kommenden Günther Hauser (Schlagzeug), Klaus Staudacher (Klavier) und Gerhard Uttenthaler, Bass. Sie spielten zwei kurze Opener Sets mit Themen wie "Dewey Square" (Parker), "Jumpin' with Symphony Sid", eher brav mit dem Phrasierungsmaterial, welches jedem wirklichen Jazzer sozusagen im Schlaf zur Verfügung steht. Erstaunlich aber war, was diesen Musikern, insbesondere Viera, bei den nach der großen Pause folgenden regional bestückten Gruppen einfiel: Im ersten Set zu Ehren Vieras einige seiner Kompositionen wie "Hightown Blues", "Ides" und "Bistro Blues", in denen sein Saxophonspiel Leben gewann, in einen Tonfall geradezu jugendlichen Temperaments fiel, begleitet von einheimischen Größen wie Armin Ronacher (Piano), Joachim Jann (a-Saxophon), Chris Naleppa (Tenorsaxophon), Peter Sigel (Posaune), Michael Liese (Bass) und Frank Haschler (Schlagzeug).

Der Abend hatte noch ein zweites Highlight, nämlich die Jazzsängerin Nina Plotzki. Sie hatte sich eine Begleitband, bestehend aus dem Jungstar Niklas Roever (Piano), Jo Ametsbicher (Bass), Thomas Elwenspoek (Schlagzeug), Walter Ruckdeschl (Saxophon) und Frank Haschler (Percussion) ausgewählt, lauter Musiker, die entweder wie Roever auf dem Weg zum Profi sind, oder Profiqualitäten schon entwickelt haben wie Ruckdeschl, Elwenspoek, Grafings Bass-Guru Ametsbichler und Haschler. Plotzkis Gesang, ihre Stimme, haben eine besondere Qualität, sie nehmen den Hörer schon mit dem ersten angesungenen Ton gefangen und er bleibt in dieser Gefangenschaft, ihrem freien Umgang mit dem Timing fasziniert folgend bis zu den emotionalen Höhepunkten. Schon ihr erster Set mit dem überwältigenden "Bye Bye Blackbird", dann "Love for Sale" und Erold Garners "Misty" hatte einen weiteren, jamsessionartigen Set zur Folge, in welchen auch Viera wieder einstieg. Und da schlug die Stunde des Scat bei Parkers "Billie's Bounce", bei "B-Flat Blues", in welchen neben Plotzki auch Viera seine nach wie vor präsente Herkunft aus dem Bebop virtuos zur Geltung brachte. Alle Beteiligten steuerten eloquente Soli bei, so dass Plotzki die aufgewühlte Stimmung mit besänftigenden Songs wie "The Days of Wine and Roses" und "Body and Soul" wieder beruhigen musste. Dennoch: Der Abend hätte noch lange so weiter gehen können. Das Meta-Theater ist für solche Veranstaltungen ein sympathischer Ort mit dem kleinen Nachteil, dass sein Fassungsvermögen bei der hiesigen Jazzbegeisterung an räumliche Grenzen stößt.

© SZ vom 04.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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