Mitten in Ebersberg:Partnertest für Töchter mit Niveau

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Wenn man den Neuen der Mama kennenlernt, ist der Einstieg ins Gespräch gar nicht so einfach

Glosse Von Nathalie Stenger

Es gibt unangenehme Fragen und es gibt besondere soziale Umstände. Und dann gibt es noch Leute, die beides zusammenführen. Aus gegebenem Anlass folgt nun die realitätsnahe Niederschrift eines Gesprächs, das darlegt, wie man sich vielleicht nicht bei dem Gspusi der Mama vorstellen sollte.

Freitagabend. Die Kerzen brennen, Lichterketten tauchen den Raum in romantisches Licht (ja, da fühlt man sich gleich richtig behaglich als drittes Rad am Wagen) und die Pasta duftet ganz vorzüglich. Eigentlich ein guter Aufhänger, man könnte also leicht über Italien reden, über Wein und Urlaube aus anderen Zeiten, und dass man dringend wieder das Italienisch auffrischen müsste. Aber nein, kaum sitzt der arme Kerl und hat seine Gabel einmal in der Lasagne versenkt, darf er sich mit ganz besonderen Aufgabenstellungen befassen. "Was bist Du denn für eine Art Mensch? Erzähl doch mal." Glückwunsch, denkt man sich im nächsten Moment, und würde sich am liebsten an den Kopf fassen - jetzt nimmt der Mann gleich Reißaus! Da war sogar der Satz "Du bist ja wirklich groß" noch besser, der einem vorhin entfuhr, kaum traf man erstmals aufeinander.

Aber solche Momente sind einfach schwierig. Für alle Beteiligten. Der neue Partner muss mit bestehenden Abläufen in einer eingespielten Familie zurechtkommen, und Kinder von getrennten Eltern müssen sich damit arrangieren, dass in Zukunft jemand anderes in genau diesen Abläufen mitmischen möchte. Natürlich muss da unterschwellig getestet werden, ob dieser Mensch hineinpasst, oder? Nur war das hier alles andere als subtil.

Doch der Mann, der gerade so durch die Tür gehen kann, ohne sich zu bücken, weiß mit solch schlauen Fragen umzugehen und manövriert sie sogar in Richtung eines funktionierenden Gesprächs. Er macht auch direkt mit: "Was bist Du denn für ein Typ Mensch?", fragt er Tochter Nummer zwei am Frühstückstisch am nächsten Morgen. "Ne", sagt diese und blockt die psychologische Analyse zum Morgen ab. "So was mach' ich nicht". Hätte er sich also gar nicht so abmühen müssen. Aber allein dafür darf er bleiben.

© SZ vom 23.12.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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