Mit 70 in der 30er Zone:Poings Autofahrer rasen am liebsten im Bereich von Schulen

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Seit Januar geht die Gemeinde mit Laser-Messgeräten gegen Raser vor, die Kinder gefährden. Die erste Bilanz ist alarmierend.

Von Korbinian Eisenberger, Poing

Den Rekord hat eine 56 Jahre alte Frau aus dem Landkreis München aufgestellt: Die Kirchheimerin war am Vormittag des 5. Mai 2018 um kurz nach zehn mit ihrem Pkw auf der Poinger Bergfeldstraße unterwegs. Dann, um 10.07 Uhr, tappte sie auf Höhe der Grundschule in die Falle. Genauer gesagt passierte sie in der 30er-Zone mit 71 Stundenkilometern ein Lasermessgerät. Die Messung ergab also, dass die Frau mit 41 Sachen zu schnell an der Schule vorbei düste. Das Ergebnis - abzüglich der Messtoleranz: 190 Euro Bußgeld, zwei Punkte in Flensburg und ein Monat Fahrverbot.

Poing geht gegen die Raser im Ort vor, so oder so ähnlich war die Botschaft am Donnerstagabend in der Gemeinderatssitzung. Seit Januar dieses Jahres stehen in der Gemeinde an verschiedenen Stellen automatische Lasermessgeräte, die in stehenden Fahrzeugen befestigt sind. Schwerpunktmäßig wurden die Geräte auf Straßen in der Nähe von Schulen, Tagesstätten und Kindergärten platziert. Als Reaktion auf Hinweise, dass viele in den Tempo-30-Zonen aufs Gaspedal steigen. Die Ergebnisse aus den ersten siebeneinhalb Monaten zeigen nun, dass es kein Zufall ist, dass der Negativrekord auf der Bergfeldstraße gemessen wurde.

Die Rekordhalterin aus Kirchheim ist nur eine von insgesamt 558 Rasern, die zwischen Mitte Januar und Ende September 2018 innerhalb der Poinger Ortsgrenzen erwischt wurden. 64 Prozent davon hatten ein Ebersberger Kennzeichen, dahinter folgt das "M"-Nummernschild (18 Prozent) und Erding (7 Prozent).

Die Bergfeldstraße nahe des Schulzentrums ist der absolute Brennpunkt

Insgesamt sind so 10 429 Autofahrer gemessen worden. Die Laseranlage war an 32 Tagen, also im Schnitt an jedem achten Tag, zu verschiedenen Tageszeiten immer drei bis fünf Stunden im Einsatz. Die Zahlen präsentierte Prokurist Raimund Steckermeier von der Wach- & Schließgesellschaft Nürnberg, er leitet dort den Bereich Verkehrsüberwachung und ist nun auch für Poing zuständig.

Gemessen wurde an zwölf verschiedenen Punkten im Ort, darunter in der Bergfeldstraße gegenüber der Grundschule, in der Schulstraße nahe des Kinderhorts, am Mitterfeldring neben der Kindertagesstätte und in der Blumenstraße mit dem Kindergarten. An diesen vier Punkten - jeweils Tempo-30-Zonen - wurde insgesamt zehn Mal gemessen, davon allein vier Mal an der Bergfeldstraße nahe des Schulzentrums - der Brennpunkt.

An vier Tagen wurden dort zu unterschiedlichen Zeitpunkten zwischen 10 und 17 Uhr insgesamt 1536 Autos gemessen, von denen 237 mit überhöhter Geschwindigkeit unterwegs waren, fast die Hälfte aller Temposünder aus siebeneinhalb Monaten. In der Bergfeldstraße fuhr also jeder Sechste zu schnell. In den zusammen 8893 übrigen Messungen war hingegen nur jeder 28. Autofahrer über dem Tempolimit.

Einnahmen durch Bußgelder? "Die Gemeinde verdient hierdurch nichts."

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Im Gemeinderat kam die Frage auf, was die kommunalen Messungen bringen. Bürgermeister Albert Hingerl erklärte hierzu: "Die Gemeinde verdient hierdurch nichts." Entscheidend ist ohnehin, ob die Quote der Raser sich dadurch verringert und somit die Gefahr auf der Straße weniger wird. Verkehrsüberwacher Steckermeier erklärte hierzu, dass "die Verstöße an den Messpunkten zurückgegangen" seien, wenn an einer Straße an mehreren Tagen gemessen wurde - sprich, nachdem es sich rumgesprochen hat.

Hierzu gab er ein Beispiel: In der Blumenstraße wurden am 23. Februar zwischen neun und 14 Uhr bei 175 gemessenen Fahrzeugen 27 Verstöße gemessen - am 4. Juni und 7. September wurden in etwa zur gleichen Tageszeit bei insgesamt 322 gemessenen Fahrzeugen nur mehr 20 Verstöße festgestellt. Gemessen wird nur an Wochentagen und nicht in Ferienzeiten.

In Poing ist immer wieder die Rede von nächtlichen Rennen im Bereich der Kirchheimer Allee unweit der Bergfeldstraße. Hierzu erklärte Steckermeier, dass dort erst eine Messung vorgenommen wurde, die "unauffällig war". Allerdings stand das Lasergerät dort mitten am Tag und nicht in der Nacht. Die Gemeindeverwaltung erklärte, dass in Poing künftig auch abends oder gar nachts Messgeräte aufgestellt werden sollen. Von den insgesamt 23 Messpunkten wurden bis zudem erst zwölf genutzt. Neun weitere haben die Verkehrsüberwacher bereits ausgesucht. Wo sie sich befinden, behielt der Spezialist für sich.

© SZ vom 27.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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