Meta Theater Moosach:"Jeder gibt, was er hat"

Lesezeit: 3 min

Talk im Moosacher Meta Theater: Die beiden Bühnenmenschen Kirtana Kumar und Axel Tangerding tauschen sich gerne miteinander aus. Nun führen sie ihre Gespräche per Livestream - und hoffen auf rege Beteiligung aus dem Publikum. (Foto: Veranstalter)

Eine Gesprächsreihe von Axel Tangerding und Kirtana Kumar beschäftigt sich mit Theaterarbeit in zwei Kulturen - aber auch mit dem Leben, Sterben und allem, was wirklich zählt

Interview von Michaela Pelz

Vier Dienstage in Folge werden sie sich über die unterschiedlichsten Themen unterhalten, Axel Tangerding, Leiter des Meta Theaters in Moosach, und Kirtana Kumar, Schauspielerin, Filmemacherin, Regisseurin und Dramaturgin aus Bangalore. Dank Livestream kann und soll das Publikum sich an den Gesprächen (in englischer Sprache) unter dem Titel "Soup & Talk Adda" beteiligen. Die Süddeutsche Zeitung Ebersberg hat im Vorfeld mit den beiden Theatermenschen gesprochen.

Frau Kumar, gut, dass für dieses Gespräch zu dritt die Zeitverschiebung keine Rolle spielt!

Kirtana Kumar: Das liegt daran, dass Sie mich nicht in meinem Künstler- und Theaterzentrum "Infinite Souls" in Bangalore erreichen, sondern in Feldafing, wo ich seit zwei Wochen mit anderen Künstlern in der "Villa Waldberta" wohne.

Axel Tangerding: Insgesamt zwei Monate ist Frau Kumar Stipendiatin der Stadt München. Unter anderem, weil wir im April mit internationalem Cast das Stück "Dance Like a Man" beim Indienfestival des Teamtheaters gemeinsam inszenieren.

Vorher sieht man Sie beide jedoch selbst auf der Bühne: Bei viermal "Soup & Talk Adda". Ist das eine Kochshow?

Tangerding (lacht): Nicht wirklich. "Suppe" steht hier eher für das Teilen in Gemeinschaft. Das Ganze geht zurück auf den Theaterregisseur Eugenio Barba. Bei seiner Südamerikatour verlangte der von den Zuschauern kein Eintrittsgeld, sondern bat sie um das, was sie entbehren konnten: Gemüse, Eier...

Kumar: In Indien war das im traditionellen Volkstheater genauso. Wenn die Schauspieler, meist selbst Bauern, nach der Ernte von Dorf zu Dorf auf Tournee gingen, wurden sie in Naturalien bezahlt. Solch ein "Jeder gibt, was er hat" wünschen wir uns auch von den Menschen, die sich an unseren Gesprächen beteiligen.

So viel zur "Suppe" im Titel der Reihe. Woher aber kommt "Adda"?

Kumar: Aus dem Indischen. So nennen wir einen Ort, an dem man sich trifft, um zu reden und zu diskutieren.

Tangerding: Was wir dann hier zwar über dasselbe Thema tun, aber aus ganz unterschiedlichem Blickwinkel - indisch und deutsch.

Dafür haben Sie sich gleich ein ziemlich anspruchsvolles Thema ausgesucht. "The Relevance of Grotowski Today." Klingt, als wäre der Talk vor allem für Insider gedacht?

Kumar: Ganz und gar nicht! Er ist für alle, die sich für Kunst, Spiritualität und Politik interessieren. Grotowski...

Tangerding: ...dieser revolutionäre Theaterphilosoph und Erfinder des "Neuen Theaters"...

Kumar: ...war auf der Suche nach Antworten. Sind wir das nicht alle? Auch und gerade heute, mitten in der Pandemie. Vielleicht denken die Menschen dann über die ganz großen Fragen nach, darüber, warum wir tun, was wir tun und was wir bereit sind, dafür einzusetzen.

Tangerding: Übrigens wohnte Grotowski 1982, bei seiner ersten Deutschland-Konferenz in Moosach und machte Workshops im Forst.

Kumar: Und auch zu Indien, wo er viel Inspiration fand, hatte er eine ganz besondere Beziehung. Deswegen sollte auch seine Asche dorthin gebracht werden.

Tangerding: Vor allem aber ist er deswegen so bedeutsam, weil wir uns viel von seiner Selbstreflexion abschauen können in einer Zeit des Paradigmenwechsels angesichts der Fülle neuer Fragen.

Kumar: Ich wiederum bin wirklich gespannt, welche Bedeutung Grotowski heute für junge Theatermacher hat - und ob überhaupt.

Das heißt, Sie wünschen sich rege Teilnahme von Nachwuchs - dürfen auch Vertreter von Theater-AGs an Schulen kommen?

Kumar: Unbedingt! Zumal auch ein paar meiner indischen Schauspielschülerinnen und -schüler dabei sein werden. So erfährt man aus erster Hand, wie der Alltag dieser 15-Jährigen aussieht und was sie bewegt.

Tangerding: Dabei sollen sehr gern Fragen gestellt werden. Das ist ja das Schöne an dem Online-Format!

Haben Sie beide sich ebenfalls übers Netz kennengelernt?

Tangerding: Nein, eine Freundin, die Indologin Agnes Stache-Weiske, hat uns vor drei Jahren bekannt gemacht. Sie lebt in Grafing...

Kumar: ...ging aber mit mir in Indien zur Schule, denn ihr Vater war Direktor des Goethe-Instituts. Sie schrieb mir, da sei dieser Theatermann in Moosach, mit dem ich mich unbedingt austauschen müsse.

Tangerding: Und nun tun wir das öffentlich, per Talk, der absichtlich nicht geprobt wurde, damit wir uns gegenseitig überraschen können.

Und das Publikum, das, wie wir gehört haben, gerne jung sein darf...

Kumar: ...aber auch alt! Jeder ist willkommen, wenn wir über so existenzielle Themen wie Leben und Tod sprechen! Und vielleicht auf der Bühne Suppe kochen.

Meta Theater Moosach: Gesprächsreihe per Zoom, immer dienstags um 19 Uhr, Termine: 30. März: "The Relevance of Grotowsky Today", 6. April: "Theatre in a Post Pandemic World", 13. April: "Hybrid Theatre Pedagogies for Youth", 20. April: "Theatre Anthropology / Cultural Exchange Today". Eintritt frei, Spenden erbeten, Anmeldung per Mail an info@meta-theater.com.

© SZ vom 25.03.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: