Markt Schwaben:Im Tiefflug

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Zu laut, zu oft zu, zu nah: Im nördlichen Landkreis Ebersberg sehen Politiker und Bewohner ein Problem durch die Flugzeuge des Münchner Flughafens. (Foto: dpa)

Im nördlichen Landkreis häufen sich die Beschwerden über den Lärm der Flugzeuge. Zwei SPD-Politiker erheben schwere Anschuldigungen gegen die Verantwortlichen.

Von Korbinian Eisenberger und Annalena Ehrlicher, Markt Schwaben

Urlauber aus ganz Deutschland starten derzeit vom Münchner Flughafen aus in die Ferien. Für die Daheimgebliebenen im Umland hat eine Zeit begonnen, in der sie besonders oft daran erinnert werden, dass sie in der Nähe eines der größten Flughäfen Mitteleuropas wohnen.

Zwei SPD-Politiker aus dem Landkreis Ebersberg vermuten nun, dass die Anwohner bei der Planung und Durchführung der Flüge übergangen werden. Am Donnerstagabend äußerten Ewald Schurer, Landkreisabgeordneter im Bundestag, und Markt Schwabens Bürgermeister Georg Hohmann Vermutungen, wonach die Maschinen tiefer fliegen als bisher - und dass Flugrouten direkt über Markt Schwaben verlegt worden seien.

Für Schurer ist der Fluglärm im gesamten nördlichen Landkreis "ein Problem geworden, das wir in den Griff kriegen müssen". In seiner Bürgersprechstunde kämen immer häufiger Beschwerden wegen des Fluglärms. Poings Bürgermeister Albert Hingerl (SPD) und Plienings Rathauschef Roland Frick (CSU) hätten ebenfalls angekündigt, die Initiative zu unterstützen.

Flugzeuge im Minutentakt

Bürgermeister Hohmann hat ein Protokoll verfasst, in dem er zwischen 22.11 Uhr und 23.03 Uhr 21 Flugzeuge zählte, die teilweise im Minutentakt über sein Haus in Markt Schwaben flogen, "zum Teil so tief, dass man erkennen kann, ob hinter einem Kabinenfenster Licht brennt", sagt Hohmann. Zudem beobachte er, dass die Maschinen nicht mehr über den südlichen Gemeinderand fliegen würden, sondern seit kurzem auch direkt über den Ort. "Informiert hat uns darüber niemand", sagt Hohmann.

Er und Schurer vermuten dahinter ein bewusstes Manöver. "Ich unterstelle, dass die Verantwortlichen die Routen und Höhen ändern, und sich erst dann erklären, wenn sich jemand beschwert", sagt Schurer. Seine Kritik richtet sich unter anderem an die Betreibergesellschaft des Flughafens, die auf Anfrage bestätigt, dass Änderungen von Routen oder Höhen vorab immer in der Fluglärmkommission abgestimmt werden müssen - und demnach mit den betroffenen Gemeinden, die im Gremium vertreten sein müssen.

Weil Hohmann sich übergangen fühlt, kontaktierte er den Münchner Ableger der deutschen Flugsicherung (DFS), wo die Flugrouten rund um den Flughafen koordiniert werden. "Kurz darauf flogen die Flieger wieder höher", sagt Hohmann. "Das hat uns in der Annahme bestätigt, dass den Verantwortlichen bewusst ist, dass sie uns in ihrer Informationspolitik ausgespart haben", sagt Schurer.

Die DFS ist sich keiner Schuld bewusst. Ein Sprecher erklärt auf Nachfrage, dass die Höhen, in denen die Flugzeuge derzeit über Markt Schwaben verkehren würden, "rein gar nichts mit dem Anruf aus der Gemeinde" zu tun hätten. "Wie ein Luftfahrzeug steigt, hat unter anderem mit Lufttemperatur, Windrichtung und Abflugmasse zu tun", erklärt der Sprecher. Auch an den Routen habe sich, entgegen der Vermutung Hohmanns und Schurers, seit Jahren nichts geändert.

Dass Flugzeuge über den Ort fliegen habe damit zu tun, dass die DFS für einen flüssigen Flugverkehr sorgen und dabei etwa die Wegstrecken mancher Flugzeuge verkürzen müsse. Andere Maschinen würden hingegen ganz an Markt Schwaben vorbeigeleitet. Für die starke Taktung in Hohmanns Protokoll seien saisonale Schwankungen eine mögliche Erklärung, etwa, dass in Süddeutschland die Sommerferien begonnen haben. Dies sei alles nichts Neues, so der Sprecher. "Wir wären sehr schlecht beraten, Änderungen durchzuführen, ohne das Gremium mit den betroffenen Gemeinden zu informieren."

Warten auf das Messergebnis

Eine Erklärung für die Beobachtungen der Landkreis-Politiker hat die Flugsicherung nicht. Hohmann ist fest davon überzeugt, "dass da irgendwas nicht abgesprochen wurde". Das Beispiel Markt Schwaben zeige, "dass die Belastung durch den Flughafen jetzt schon grenzwertig ist", sagt Schurer.

Der SPD-Politiker ist seit Jahren ein erklärter Gegner der dritten Startbahn, für die man in großen Teilen der CSU leidenschaftlich wirbt. Durch einen Flughafenausbau könnten mehr Flüge abgewickelt werden, was auf die gesamte Region Einfluss hätte. Die Landesregierung ist aber politisch an den Bürgerentscheid von 2012 gebunden, als die Münchner den Ausbau ablehnten.

Belastende Zahlen haben Schurer und Hohmann nicht. Wie stark der Lärm in Markt Schwaben tatsächlich ist, soll jetzt ermittelt werden. Der Münchner Flughafen führt bereits Messungen in Markt Schwaben durch, zudem hat die Gemeinde im vergangenen Jahr einen Antrag an die DFS für mobile Messungen gestellt.

© SZ vom 06.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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