Theater in Markt Schwaben:Heimatkunde auf der Bühne

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Ein witziges Volkstheater mit ernsthaftem Hintergrund ist der "Komödienkrieg", den der Markt Schwabener Theaterverein nun zeigt. (Foto: Christian Endt)

Marga Kappl hat zum Ortsjubiläum Markt Schwabens ein wundervolles Stück über eine historische Episode geschrieben: Der "Komödienkrieg" zeigt den Beginn der Aufklärung.

Von Anja Blum, Markt Schwaben

Auch wenn sich Heimatforscher und Chronisten Land auf, Land ab wirklich redlich Mühe geben: Oft ist lokale Geschichtsschreibung doch etwas recht Dröges. Wie glücklich können sich da die Markt Schwabener schätzen, eine Theaterfrau wie Marga Kappl in ihren Reihen zu haben. Sie hat anlässlich der 900-Jahr-Feier nun ein Stück geschrieben, das eine so charmante wie einmalige Episode aus der Geschichte Markt Schwabens aufgreift und ganz nebenbei ein liebevoll-ironisches Sittengemälde jener Zeit zeichnet. So wird Heimatkunde unterhaltsam, lebendig und greifbar. Am Samstag, 14. November, ist Premiere.

Die Begebenheit aus dem Schwabener Heimatbuch, die sich Kappl ausgeguckt hat, nennt sich "Komödienkrieg", und so heißt denn auch das Stück. Die Zuschauer reisen darin zurück ins Jahr 1774, als die adelige Obrigkeit noch weitgehend über Bürger und Bauern bestimmte, die Zeit der Aufklärung jedoch bereits heraufdämmerte und so mancher von der Gleichheit aller Menschen träumte.

So auch viele Markt Schwabener in Kappls Schauspiel. Der Konflikt zwischen "Oben" und "Unten" entzündet sich hier, nach eben jener historisch verbürgten Begebenheit, an dem Wunsch der Bürger, ein Theaterstück über das Leben und Sterben des Heiligen Nepomuk aufzuführen. Dies verstößt jedoch gegen die Order des Herzogs, der solcherlei theatralische Darstellungen als missliebigen Aberglauben abtut. Nach dem Motto: "Es gibt keine Wunder mehr!"

Sein Vertreter in Markt Schwaben ist der hochnäsige Pfleger Janson de Stock, er muss das Verbot durchsetzen. Die Bürger jedoch, deren Selbstbewusstsein im Laufe des Stücks zunehmend erstarkt, lassen sich das nicht gefallen - so dass der Pfleger schließlich 500 bewaffnete Bauern gegen sie aufbietet, um den Abbau der Bühne zu erzwingen. . .

Ganz so viele Darsteller sind es auf der Bühne in Markt Schwaben freilich nicht, doch lumpen lässt sich der Theaterverein beileibe nicht: Alle seine Unterabteilungen sind in die aufwendige Inszenierung involviert, vom Kinder- und Jugendtheater bis hin zur Mannschaft der "Weiherspiele". Zwischen den Szenen geben die Markt Schwabener Sänger Elke Deuringer und Albert Hones deftige Moritaten zum Besten, die ebenfalls aus Kappls Feder stammen. Martin Eibl aus Reithofen steuert Drehorgelmusik bei.

Die Moritaten sind für die Autorin "wichtige Kommentare" zu der Komödie: Hier werden immer wieder Bezüge hergestellt zur heutigen Zeit beziehungsweise allgemeingültige Weisheiten formuliert. "Und unser G'schicht, dee zoagt uns, du hosts net in da Hand, wia schnell werd aus am Feier a großer, wuida Brand", heißt es etwa gleich zu Beginn. Oder später, geradezu fatalistisch: "Du brauchst net oiwei mehra, dees muass doch gar net sei, am Schluss, do gehst du nackert in diese Erd' hinein."

Dass mehr als 30 Darsteller beim "Komödienkrieg" mitspielen, ist bei den Proben indes eher von Nachteil: "Immer fehlt irgendjemand", stöhnt Kappl, die auch Regie führt. An diesem Abend sind es gleich vier Schauspieler. Doch die Truppe beweist in dieser Situation ihren Zusammenhalt und ihre Professionalität: Schnell ist für jede unbesetzte Rolle ein Ersatz gefunden, notfalls wird mit dem Textbuch in der Hand gespielt.

Überhaupt macht die Kostprobe einen sehr guten Eindruck: Kappl muss kaum Anweisungen geben, das Tempo ist gut, die Darsteller spielen lebendig, Texthänger kommen so gut wie keine vor. "Eine Souffleuse? Brauchen wir nicht", sagt die Regisseurin und grinst. Ganz reizend sind die vielen Details, die sich die Markt Schwabener haben einfallen lassen - bei den Kostümen, dem Bühnenbild, im Text, beim Spiel: Von der resoluten, beleibten Köchin in weißer Haube und Rüschenschürze über die schön gezimmerte hölzerne Schenke und der lispelnden, theatervernarrten Adelstocher bis hin zum Streitgespräch zwischen ihrem Bruder und dem Wirtssohn, in dem sich die Vorurteile zwischen den Ständen offenbaren.

So ist der Adlige sehr verblüfft, dass der Bürger gebildet ist - sogar "Emilia Galotti" kennt und den "Werther" - und darüber hinaus aus einer reichen Familie stammt. "Du weißt ja gar nichts über uns", stellt der Sohn des Brauers verwundert fest - bevor die beiden jungen Männer Freundschaft schließen.

Kappl selbst liebt diesen Dialog, weil er so aussagekräftig ist, aber auch an bestimmten Bühnenbildern hat sie - völlig zu Recht - ihre helle Freude, oder an einzelnen Wörtern. "Zahnerbeitl", eine zutiefst mundartliche Bezeichnung für einen wehleidigen Menschen, ist so eines. Ebenso bemerkenswert sind die historischen Zitate, die die Autorin in den Text einfließen ließ: zum Beispiel einen Brief des Pflegers an die kurfürstliche Kanzlei.

Drei Mal hat Kappl, die Deutsch und Geschichte studiert hat, im Staatsarchiv nach Quellen geforscht, das Schwabener Heimatbuch hat sie freilich auch durchgeackert und lange mit dessen Autor Josef Blasi gesprochen. "Ich habe bestimmt eineinhalb Monate nur recherchiert", sagt sie. Das Schreiben der Komödie hingegen sei ihr leicht von der Hand gegangen, nur eine Woche habe sie dafür gebraucht. "Hätte ich gewusst, dass das solchen Spaß macht, hätte ich längst schon mal so ein Stück geschrieben." Bislang hat Kappl nur Kindertheater verfasst. Die Markt Schwabener können sich also auf etwas gefasst machen - zu ihrem Glück.

Ebenfalls zukunftsweisend ist die Jahresausstellung zum Jubiläumsjahr 2015 im Markt Schwabener Heimatmuseum, die am Samstag, 14. November, um 14 Uhr eröffnet wird. Sie widmet sich mit zahlreichen Fotos und Infos den 22 Veranstaltungen und Ereignissen rund um das Jubiläum, an denen insgesamt mehr als 4000 Personen teilgenommen haben. Die Besucher der Schau können dabei wählen, welche Veranstaltungen künftig zu bleibenden Einrichtungen werden sollen. Außerdem wird die Holzskulptur "suaben 900" enthüllt, die Hans Wetzl, ein ehemaliger Markt Schwabener, geschaffen hat.

"Der Komödienkrieg" findet in der Theaterhalle Markt Schwaben statt. Aufführungen sind am Samstag, Freitag und Samstag, 14., 20. und 21. November, um 20 Uhr, sowie am Sonntag, 15. November, um 18 Uhr. Karten gibt es im Büro am Schlossplatz 1; geöffnet mittwochs und freitags von 16 bis 18 Uhr, unter der Telefonnummer (08121) 224 22 oder unter www.theater-marktschwaben.de.

© SZ vom 12.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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