Sozial und ökologisch:Innovatives Projekt

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Bürgermeister Thomas Stark, Landrat Robert Niedergesäß, GWG-Vorsitzender Ulrich Krapf und Eberwerk-Chef Markus Henle eröffneten die Anlage. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Das "Eberwerk" eröffnet in Poing eine Photovoltaik-Anlage für Wohnungen, die eine einkommensorientierte Förderung erhalten.

Von Johanna Feckl, Poing/Ebersberg

In wenigen Tagen wird in der Gemeinde Poing eine Photovoltaik-Anlage (PV-Anlage) in regulären Betrieb genommen, die im Landkreis Ebersberg bislang einzigartig ist: Die PV-Anlage ist mit einer neuen Art von Stromspeichern auf Salzbasis ausgerüstet und geht im Rahmen des sogenannten Mieterstrom-Modells ans Netz. Mit einer Größe von 100 Kilowatt Leistung, das eine Strommenge von etwa 95 000 Kilowattstunden pro Jahr liefert, können dann alle 24 einkommensorientiert-geförderten Wohnungen in der Bergfeldstraße 9 im Wohngebiet W5, dem Zauberwinkel, mit Strom vom eigenen Dach versorgt werden. Realisiert hat das Projekt das Eberwerk, ein Unternehmen von 19 Gemeinden, das im Auftrag der Kommunen die Energiewende im Landkreis voranbringen soll. Vergangene Woche war die Einweihungsveranstaltung der PV-Anlage, zu der Poings Bürgermeister Thomas Stark (parteilos), Landrat Robert Niedergesäß (CSU), der Vorsitzende der Wohnungsgenossenschaft Ebersberg (GWG) Ulrich Krapf, Eigentümer des Gebäudes in der Bergfeldstraße 9, sowie Eberwerk-Geschäftsführer Markus Henle gekommen waren.

"Das ist ein völlig innovatives Projekt", sagt Markus Henle auf Nachfrage der SZ. "Ein zweites damit Vergleichbares ist aktuell nicht in Planung." Die Innovation für den Landkreis steckt in zwei Aspekten: Zum einen im Speichermedium des Stroms, nämlich eine Batterie auf Salzbasis. Im Gegensatz zu bislang gebräuchlichen Batterien auf Basis von Lithium kommt diese Batterie mit Grundstoffen aus, die hinsichtlich Gewinnung ressourcenschonender und bei einem späteren Recycling einfacher handzuhaben sind. Diese Grundstoffe sind im Wesentlichen Kochsalz, Nickel, Eisen und Keramik. Zum anderen läuft die PV-Anlage unter dem sogenannten Mieterstrom-Modell. Dabei wird der Strom in direkter Nähe zum Strombezieher produziert und muss nicht erst über öffentliche Wege zu ihm beziehungsweise in dessen Wohnung geleitet werden - in diesem Fall ist die Strom produzierende PV-Anlage auf dem Hausdach platziert.

Das Projekt hat jedoch einen Haken: "Unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten würde man derzeit eher auf einen marktgängigen Lithium-Ionen-Speicher setzen", so Markus Henle in einer Pressemitteilung. Auf Nachfrage teilte er weiter mit, dass sich das Projekt wirtschaftlich für das Eberwerk nicht positiv auswirke. Einerseits, weil die Batterien auf Salzbasis teuer sind; andererseits, weil die gesetzlichen Bedingungen für Stromnutzung mittels Mieterstrom keinen finanziellen Anreiz bietet. Bei Mieterstrom setze der Gesetzgeber mehr Vorgaben bezüglich der Strommessung und -abrechnung voraus, erklärt Henle. "Da gibt es sehr viele Hürden."

In diesem Fall lege er jedoch mehr Wert auf den Aspekt der Innovation, die das Projekt trotz aller wirtschaftlicher Erschwernisse mit sich bringt. Außerdem haben sich die Gemeinde Poing und die Ebersberger Genossenschaft mit jeweils 1000 Euro sowie der Landkreis mit 3000 Euro an den Mehrkosten von mehr als 10 000 Euro beteiligt.

"Wir haben das Projekt sehr gerne unterstützt", sagt Bürgermeister Stark. Dass eine PV-Mieterstromanlage nun im Zauberwinkel ihren Dienst tut, bezeichnet er als strategisch günstig: Direkt gegenüber befindet sich das Neubaugebiet W7, der Lerchenwinkel. "Es ist immer gut, ein Best-Practice-Beispiel direkt vor Ort zu haben", so der Rathauschef. Sollten Bauträger im Lerchenwinkel Interesse an einem solchen Projekt signalisieren, so bräuchten sie nur die Straßenseite wechseln und könnten sich eines ansehen, das in Betrieb ist.

Auch der Eigentümer des Hauses an der Bergfeldstraße 9, die GWG, legte sein Augenmerk auf den Aspekt des Umweltschutzes. "Uns war es von Anfang an wichtig, das Projekt mit einer ökologisch innovativen Lösung umzusetzen", so GWG-Vorsitzender Krapf. Ebenso sieht Landrat Niedergesäß das Poinger Projekt als "sichtbares Zeichen im Landkreis" für den Ausbau von PV-Anlagen - Potenzial dafür würde genügend im Kreis schlummern.

Von der PV-Anlage im Poinger Zauberwinkel abgesehen wurden in jüngster Zeit einige weitere Projekte in Kooperation mit dem Eberwerk fertiggestellt. So ist eine 1,5-Megawatt-große PV-Anlage bei der Firma Canon, ebenfalls in Poing ansässig, realisiert worden. In der Nachbargemeinde Markt Schwaben entstand an den Bahngleisen eine Anlage mit ähnlicher Leistung. Außerdem hat das Eberwerk vergangene Woche zwei Ladesäulen für E-Autos in Forstinning und weitere im Ebersberger Stadtgebiet, sodass dort nun insgesamt fünf Stück vorhanden sind, in Betrieb genommen. Nutzer und Nutzerinnen können mit kontaktloser EC-Karte, Handy und Ladekarten verschiedener Anbieter bezahlen.

© SZ vom 30.11.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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