Landkreis Ebersberg in schlechtem Licht:Übereilte Kaufentscheidung

Lesezeit: 3 min

Ein Gutachten des Bayerischen Kommunalen Prüfungsverbands offenbart etliche Versäumnisse beim Erwerb des Sparkassengebäudes. Grüne und SPD üben nun massive Kritik

Von Barbara Mooser, Ebersberg

Der Landkreis hat beim Kauf des früheren Sparkassengebäudes einige gravierende Fehler gemacht: Das offenbart ein Gutachten des Bayerischen Kommunalen Prüfungsverbands (BKPV), das der Kreis auf Initiative der Grünen in Auftrag gegeben hatte. Unter anderem monieren die Fachleute, dass die Kaufentscheidung übereilt gefasst und der Kreistag unzureichend über die Kosten informiert wurde. Grüne und SPD reagieren nun mit heftiger Kritik. "Wir sind erschüttert über den Bericht", sagt Waltraud Gruber, Grünen-Fraktionssprecherin und stellvertretende Landrätin. Die Versäumnisse seien noch schlimmer, als es die Grünen ohnehin schon vermutet hätten. Ähnlich formuliert es auch SPD-Fraktionschef Albert Hingerl. "Alle Befürchtungen haben sich bestätigt." Das Thema soll nun bei einer Sondersitzung des Kreistags am 27. Januar ausführlich behandelt werden.

Auf Antrag Hingerls werden die Fachleute vom Kommunalen Prüfungsverband selbst ihre Erkenntnisse vortragen und Fragen dazu beantworten. Bereits im September 2018 hatten sie ihre Untersuchungen aufgenommen. Ihr Auftrag war es, zu prüfen, ob und welche Fehler beim Kauf des früheren Sparkassengebäudes durch den Landkreis gemacht wurden, und welche Schäden dem Landkreis dabei möglicherweise entstanden sind. Auch der Informationsfluss an den Kreistag war Thema des Gutachtens - dass dieser unzureichend gewesen sein soll, ist ein Vorwurf, den vor allem Grüne und SPD seit langem erheben. Denn wie schwierig die Lage tatsächlich ist, wurde erst nach und nach bekannt. Im Oktober 2017 wurde das zuständige Kreisgremium darüber informiert, dass sich die zunächst auf 3,3 Millionen Euro bezifferten Umbaukosten auf 6,7 Millionen erhöhen würden, im Sommer 2018 ging es dann um 11,1 Millionen. Dabei, so der Vorwurf der Grünen, sei dem Landratsamt schon damals eine Kostenberechnung vorgelegen, die sich auf mindestens 15 Millionen Euro belief. Seither haben sich die Kostenschätzungen ohnehin ständig weiter erhöht.

Ein echtes Goldstück ist das alte Sparkassengebäude nicht - die Sanierung wird erheblich teurer als zunächst kalkuliert. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Die Kritiker dürfen sich nun bestätigt fühlen, denn eines der Versäumnisse, die das Gutachten dem Landkreis bescheinigt, ist die unzureichende Information des Kreistags über die Kosten, wie ein Sprecher des Landratsamts auf Anfrage der SZ Ebersberg mitteilt - das Gutachten in seiner Gesamtheit will der Kreis vorerst nicht herausgeben, erst soll es den Kreisräten präsentiert werden. Gezeigt hat die Prüfung demnach auch, dass die Ermittlung der wirtschaftlichsten Lösung nicht sorgfältig genug erfolgte, die Wirtschaftlichkeitsprüfung vor dem Kauf unzureichend war und die Kaufentscheidung insgesamt übereilt erfolgte. Punktuell, so ein weiterer Kritikpunkt der Gutachter, sei die Liegenschaftsverwaltung in der zweiten Jahreshälfte 2016 auch nicht eingebunden worden. Bemängelt wird außerdem, dass bei der Vergabe von Aufträgen für Gutachten vor dem Kauf der Gutachtensumfang nicht präzise genug definiert wurde. Auf eine Frage gehen die BKPV-Gutachter explizit nicht ein: Wer trägt für das alles die Verantwortung? Dies sei nicht Gegenstande des Auftrags gewesen, teilt das Landratsamt mit. Die Gutachter machen weder Aussagen dazu, wo das Problem innerhalb des Landratsamts liegt, noch dazu, ob den ehrenamtlich agierenden Kreisräten Vorwürfe zu machen sind.

Zu einer anderen Frage äußern sie sich hingegen: ob dem Landkreis durch die diagnostizierten Versäumnisse ein Schaden entstanden ist. Dies ist - so kommuniziert das Landratsamt jedenfalls die Aussagen des BKPV-Berichts - nicht der Fall. "Ein Verlust, also ein negatives wirtschaftliches Ergebnis ist - auch nach Aussage des BKPV - nicht eingetreten. Es handelt sich um eine Investitionsentscheidung, den Ausgaben für den Kauf stehen Sachwerte in mindestens der Höhe des Kaufpreises gegenüber", so der Sprecher des Landratsamts. Auch in der Vergangenheit hatte Landrat Robert Niedergesäß (CSU) immer wieder unterstrichen, dass der Wert der Immobilie seit dem Kauf ständig gestiegen sei, man sie also jederzeit mit Gewinn weiterverkaufen könnte.

Auch wenn man im Landratsamt einräumt, dass das Gutachten klar gezeigt hat, dass der Kreistag nicht ausreichend über die Kostenentwicklung informiert wurde, weist der Sprecher dennoch darauf hin, dass vieles dem Gremium aber auch bekannt war. Die Kreisräte hätten gewusst, dass zum Zeitpunkt des Kaufs kein externes, unabhängiges Wertgutachten über den aktuellen Verkehrswert des Gebäudes vorlag, dass es nur ein rudimentäres Nutzungskonzept gab und dass die Immobilie nicht energetisch untersucht worden war. Darüber hinaus hätten die Gremienmitglieder gewusst, dass sowohl die Voruntersuchungen als auch der Inhalt der Notarurkunde einsehbar waren.

Dennoch wird sich Landrat Robert Niedergesäß in den nächsten Wochen auf einigen Gegenwind einstellen müssen - und der Prüfungsverband möglicherweise auf noch mehr Arbeit. "Der Bericht lässt viele Fragen offen", so SPD-Fraktionschef Albert Hingerl. Man werde daher einen Fragenkatalog vorlegen und fordern, dass auch Aussagen zu Haftungsfragen und möglichen strafrechtlichen Aspekten getroffen würden. In der Fraktion habe man sich die Frage gestellt, ob der Landrat in dieser Sache überfordert gewesen oder möglicherweise auch selbst falsch informiert worden sei. Eine umfassende Aufklärung sei jedenfalls wichtig, ansonsten sei fraglich, ob eine "vertrauensvolle Zusammenarbeit jetzt und in der Zukunft" weiter möglich sei.

Auch Waltraud Gruber sieht als größtes Problem den mangelnden Informationsfluss zu den Kreisräten. Mit den vorhandenen Informationen hätten diese eigentlich keine seriöse Entscheidung treffen können, sagt sie.

© SZ vom 07.01.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: