Kunst und Kultur:Ebersberger Publikum offenbar zu prüde für nackte Haut

Lesezeit: 1 min

Tabledance-Tänzerinnen auf einem Laufsteg in München (Symbolfoto). (Foto: Florian Peljak)

"Die kurvige Kitty Kokett und die rebellische Ruby Tuesday sind Gegensätze, die sich an- und ausziehen." Für dieses Programm gehen im Vorverkauf des Alten Kino nur zehn Karten weg.

Glosse von Anja Blum

Stubenhocker zu sein, das kann man den Ebersbergern sicher nicht nachsagen. Mittlerweile bietet die Kreisstadt gleich zwei Bühnen, die meistens sehr gut besucht sind, hinzu kommen diverse Lesungen, Konzerte und Ausstellungen andernorts. Insofern lässt es schon aufhorchen, wenn ein Abend im Alten Kino abgesagt wird - wegen zu geringen Interesses.

Lediglich zehn Karten seien vorab verkauft worden, sagt Markus Bachmeier, Chef der Kleinkunstbühne. Eindeutig zu wenig also, um an einem Samstagabend die Türe aufzusperren, das Licht anzumachen und Servicepersonal bereit zu stellen. Bachmeier allerdings kann gar nichts dafür: Veranstalter war ein externer Anbieter.

Doch was, um Himmels willen, ist passiert? Wollte da einer Kinderkram anbieten? Puren Schwachsinn? Oder Splatter gar? Nein, auf dem Programm stand "Glitterama - eine spektakuläre Neo-Burlesque-Show, umrahmt von Magie und Comedy", so versprach es zumindest die Ankündigung. Aufgetreten wäre das Münchner Burlesque-Duo The Fabulous Fräuleins:

"Die kurvige Kitty Kokett und die rebellische Ruby Tuesday sind Gegensätze, die sich an- und ausziehen." Ihnen zur Seite gestanden wäre der Wirklichkeitsverkäufer und Gentleman-Magier Markus Laymann, und zwar mit Illusionen und satirischen Conférencen. Eine illustre Showtruppe also, die in ein burleskes Glitzeruniversum entführen möchte.

Aha. Jetzt stellt sich nur noch die Frage, weshalb genau die Ebersberger beim Kartenkauf derart zurückhaltend, ja lustlos waren. Ist das hiesige Publikum schlicht zu prüde für die kurvige Kitty Kokett? Oder trifft genau das Gegenteil zu: Kann man mit vermutlich recht harmlosen Anzüglichkeiten wie einer Burlesque in Zeiten von Online-Pornos einfach niemanden mehr vom Sofa locken?

Möglicherweise hat die ganze Sache aber auch gar nichts mit nackter Haut zu tun - sondern mit Anspruch. Vielleicht sind die Ebersberger von ihrem sonstigen Kulturprogramm derart verwöhnt, dass sie sofort merken, wenn etwas nur glitzert, aber nicht wirklich glänzt.

© SZ vom 16.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Kommentar
:Poing wird zur Weltstadt

Poing hat nicht nur eine S-Bahn, die nach München fährt: Es gibt Arbeitsplätze, mehrere Grundschulen, Kitas, einen Wildpark und ein schneidiges Volksfest. Einfach gesagt: Poing ist sexy!

Kommentar von Jan Schwenkenbecher

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: