Kündigungen und Auflösungsverträge:Ärger hinter maroder Fassade

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Im Vaterstettener Rathaus ist die Stimmung angespannt. Mehrere Mitarbeiter haben bereits gekündigt. Auch der Personalratsvorsitzende.

Von Wieland Bögel

Das Vaterstettener Rathaus ist in einem schlechten Zustand. Diese Tatsache ist in der Gemeinde unbestritten. Der Bau aus den 1970er Jahren muss dringend saniert werden, auch ein Neubau ist nicht ausgeschlossen. Doch offenbar steht hinter der bröckeligen Fassade und unter dem undichten Dach der Gemeindeverwaltung auch nicht alles zum Besten. Mitarbeiter klagen über schlechte Stimmung, einige haben ihrem Job deshalb bereits den Rücken gekehrt.

Schon seit Jahren fällt die hohe Fluktuation im Vaterstettener Rathaus auf. Mitarbeiter, teilweise in hoher Position, verlassen die Verwaltung der Großgemeinde nach oft nur sehr kurzer Zeit wieder. Eine regelrechte Kündigungswelle hatte es zuletzt im Jahr 2011 gegeben. Damals musste Vaterstetten auf die erst eineinhalb Jahre zuvor eigentlich auf sechs Jahre bestellte Bauamtsleiterin Tanja Debes verzichten. Sie nahm gleich noch einen ihrer leitenden Mitarbeiter an ihren neuen Arbeitsort mit. Auch zwei weitere Mitarbeiter des Bauamtes beschlossen im selben Jahr, sich lieber einen neuen Job zu suchen.

Diese Vorgänge schienen der Vergangenheit anzugehören, ja die Stimmung in der Wendelsteinstraße schien sich inzwischen sogar gebessert zu haben. Immerhin kehrte der Hauptamtsleiter Götz Beckenbauer nach einem kurzen Gastspiel in der Nachbargemeinde Grasbrunn 2012 auf seinen alten Posten in Vaterstetten zurück. Doch nun deutet vieles darauf hin, dass im Rathaus erneut oder immer noch vieles im Argen liegt.

Der jüngste Vorfall ereignete sich ausgerechnet in jener Zeit, die man in Bayern gerne die "staade" nennt. Während fleißige Helfer damit beschäftigt waren, im Foyer des Rathauses die hübsche provenzalische Krippe aufzubauen, ging es nebenan weitaus weniger stimmungsvoll zu. Statt "Stille Nacht" oder "Jingle Bells" war eine lautstarke Auseinandersetzung zwischen Verwaltungsleiterin Doris Laban und einer anderen Rathausmitarbeiterin zu vernehmen. Wie man hört, sollen dabei nicht nur laute, sondern auch äußerst unschöne Worte gefallen sein, was allerdings keine der Beteiligten bestätigen will. Bestätigt ist allerdings, dass die betreffende Rathausmitarbeiterin inzwischen keine mehr ist. Man habe sich von ihr im beiderseitigen Einvernehmen getrennt, so Bürgermeister Georg Reitsberger (FW), offiziell waren gesundheitliche Gründe dafür ausschlaggebend.

Dies wäre an sich kein allzu ungewöhnlicher Vorgang. Pikant ist allerdings, dass die ehemalige Mitarbeiterin, die rund drei Jahre in der Verwaltung beschäftigt gewesen war, eine erstaunlich hohe Abfindung erhalten hat, nämlich den Gegenwert von neun Monatsgehältern. Laut Arbeitsschutzgesetz ist eine Abfindung von einem halben Monatsgehalt pro Jahr Betriebszugehörigkeit angemessen. Verwaltungsleiterin Laban erklärt hingegen, eine solche Abfindung sei bei einem Auflösungsvertrag, wie man ihn mit der betreffenden Mitarbeiterin geschlossen habe, "durchaus üblich". Hier gebe es Verhandlungsspielraum.

Über was genau verhandelt wurde, unterliegt zwar der Schweigepflicht. Allerdings bestätigt Laban, dass die Trennung nicht unbedingt im besten Einvernehmen erfolgt ist. Zwar sei die Abfindung nicht gerade niedrig, "aber Prozesse kosten auch viel Geld". Die Gemeinde fürchtete also offenbar eine langwierige und teure Verhandlung vor dem Arbeitsgericht sowie Ärger mit der Staatsanwaltschaft. Denn nach ihrem Streit mit Laban hatte die Mitarbeiterin diese angezeigt, der Vorgang wurde inzwischen eingestellt.

Über die Gründe für den Streit und die Kündigung der Mitarbeiterin würde sie sehr gerne Auskunft geben, so die Verwaltungsleiterin, aus rechtlichen Gründen "kann ich im Moment dazu aber nichts sagen". Gerüchte, wonach die Gekündigte wiederholt auf Missstände innerhalb der Verwaltung hingewiesen habe und mit ihrer Kritik auf taube Ohren gestoßen sei oder ihr gar offene Feindschaft der Kritisierten entgegengeschlagen wäre, weist Laban allerdings vehement zurück. "Ich war immer dafür, dass alles nach Recht und Ordnung läuft", sagt die Juristin.

Unterstützung bekommt sie von Reitsberger. Er habe seine Verwaltungsleiterin "stets als korrekte Kraft erlebt, wie man sich das wünscht". Aber aufgrund ihrer Position habe sie "wahrscheinlich nicht immer den einfachsten Stand im Haus". Die Worte von der angeblich so schlechten Stimmung in der Behörde hätten ihn "selbst überrascht", er könne dies aus seiner Erfahrung nicht bestätigen. Dass es gelegentlich "Reibereien" zwischen Mitarbeitern gebe, sei nie auszuschließen, aber so etwas komme schließlich überall vor. Er habe sich erst kürzlich mit seinen Sachgebiets- und Abteilungsleitern zusammengesetzt, um zu beraten, wie man die Arbeit im Rathaus verbessern könne. "Man muss immer schauen, dass das Zusammenspiel funktioniert, und alle haben mir zugesichert, dass sie ihr Bestes geben werden."

Ob damit die Wogen geglättet sind, muss sich zeigen. Einer jedoch wird dann auf jeden Fall nicht mehr dabei sein. Der bisherige Personalratsvorsitzende Felix Judt. Er hat im Rathaus gekündigt und will sich laut Reitsberger "beruflich umorientieren" und einen Job in der Privatwirtschaft annehmen. Dass dies ebenfalls an der angespannten Stimmung im Rathaus liege, möchte Reitsberger nicht bestätigen, Judt selbst war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.

© SZ vom 23.01.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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