Kommentar:Entschlossenheit und Solidarität

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Die Regierungsgrünen haben wichtige Entscheidungen getroffen - und die Basis hinter sich

Von Mathilde Wicht

Dass uns in Europa politisch und diplomatisch anspruchsvolle Zeiten erwarten, ist in den vergangenen Monaten deutlich geworden. Es handelt sich um eine Zeitenwende in der Weltgeschichte, denn in Europa herrscht Ausnahmezustand, seit Wladimir Putin die Ukraine im Februar 2022 angegriffen hat. Der Krieg ist uns näher als jemals seit den Kriegen auf dem Gebiet des ehemaligen Jugoslawien in den 90er Jahren. Seine Auswirkungen sind für alle zu spüren. Gas- und Ölpreise steigen, Lebensmittel werden teurer, Menschen, die von einem Tag auf den anderen ihre Existenz verlieren, müssen fliehen, werden zu Schutzbedürftigen.

Die Grünen, seit Herbst Regierungspartei, haben in den vergangenen drei Monaten Entscheidungen getroffen, an denen wahrscheinlich nicht alle Mitglieder Gefallen finden konnten. Aber es sind wichtige und richtige Entscheidungen. Es sind Entscheidungen, die Entschlossenheit und Solidarität demonstrieren. Es ist wichtig zu zeigen, dass man sich in der Partei auf Bundesebene diesmal einig ist, dass man Kompromisse eingehen kann, ebenso wie es wichtig ist, europaweit Einigkeit darin zu demonstrieren, wie dem Angriffskrieg Russlands entgegenzutreten ist. Die Grünen haben schnell und eindeutig Stellung bezogen, ein Schritt, der viel Mut bedarf, der aber deswegen auch viel Wert hat. Denn vor allem die Themen Sondervermögen und Waffenlieferungen haben die Partei erschüttert und ihnen von Teilen der Wählerschaft Unmut eingebracht. Aber es war ja schnell klar, dass zusätzlich zu der Hilfe vor Ort und der Aufnahme von schutzbedürftigen Menschen als Unterstützung auch Sanktionen verhängt werden und wirksame Mittel zur Selbstverteidigung bereitgestellt werden müssen.

Auf den ersten Blick scheint es so, als stünden die Grünen an der Basis, wie es sich bei der Kreisversammlung der Ebersberger Parteigliederung soeben gezeigt hat, heute mehr den je hinter den Entscheidungen von oben. Zwar ist man nicht mit allem einverstanden, aber gerade bei einem Thema, das in der Vergangenheit nicht eben ein Herzensthema der Grünen war, ist man sich einig: Die Bundeswehr muss modernisiert werden, um Deutschland verteidigen zu können. Wie das passieren soll hingegen, da gehen die Meinungen auseinander. Dass die 100 Milliarden Euro, die Olaf Scholz (SPD) in seiner Regierungserklärung am 27. Februar 2022 angekündigt hatte, nur für die Ausrüstung und Bewaffnung der Bundeswehr genutzt werden sollten, wie es etwa die Union gefordert hatte, hatte dann doch bei einigen Grünen für Unmut gesorgt. Denn viele Projekte, die seit Jahren verhandelt werden, hätten einen Bruchteil dieser Summe ebenfalls gut vertragen können.

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