Kommunalpolitik:Mit Leib und Seele für Kirchseeon

Lesezeit: 2 min

Herbert Blöchls Fähigkeiten als Teamplayer schätzt Kirchseeons Bürgermeister Udo Ockel, der dem SPD-Gemeinderat im Herbst vor zwei Jahren eine Urkunde zu seiner Ernennung als Ehrenbürger überreicht hat. (Foto: Christian Endt)

Nach 52 Jahren verabschiedet sich Herbert Blöchl aus dem Gemeinderat. 30 Jahre lang hat er die SPD-Fraktion geführt, war Mitglied des Kreistags und ist Ehrenbürger seiner Heimatgemeinde

Von Franziska Langhammer, Kirchseeon

Fragt man Herbert Blöchl nach seinen Verdiensten, ist die Antwort eine schlichte: "Stolz? Ich kenne dieses Wort nicht."Genau dieser nonchalante, kollegiale Stil ist es, mit dem Blöchl über ein halbes Jahrhundert die Kommunalpolitik prägte. Nun, nach 52 Jahren im Gemeinderat Kirchseeon, gibt das SPD-Urgestein sein Amt auf. "Ab einem gewissen Alter, wenn man gesundheitlich nicht mehr so fit ist, muss man sagen: So, jetzt ist Schluss", sagt der 78-Jährige. Ein bisschen Wehmut ist nach einer so langen Zeit freilich dabei. "Wenn man über 50 Jahre immer mitmischt und sich einbringen kann, geht das schon ab, das ist ganz klar", konstatiert er.

1966 kandidierte Herbert alias "Harry" Blöchl zum ersten Mal für den Gemeinderat; seitdem wurde er bei jeder Kommunalwahl bestätigt. Zudem saß er mehr als 30 Jahre der SPD-Fraktion vor; für die Partei war er 18 Jahre lang im Ebersberger Kreistag. 2016 wurde ihm für seine Verdienste um den Markt Kirchseeon das Ehrenbürgerrecht verliehen - die höchste Auszeichnung, die ein Gemeindemitglied erhalten kann. Auch wenn er maßgeblich an zahlreichen wichtigen Entscheidungen in der Gemeinde Kirchseeon beteiligt war, ist Blöchl jede Art von Selbstbeweihräucherung fremd: So sei Freude, nicht Stolz der richtige Ausdruck für das, was er beispielsweise angesichts der Schaffung von Wohnraum in Kirchseeon empfinde. "In der Nachkriegszeit war das noch viel problematischer", sagt Blöchl, "aber Kirchseeon war immer ein Ort, an dem viele Sozialwohnungen gebaut wurden."Eine weitere Sache, über die er sich freue, sei der Ausbau von Einrichtungen für Kinder wie etwa Kindergärten und Horte. "Das ist das Wichtigste, was man in einer Gemeinde machen kann", erklärt er, "und es ist sehr schön, wenn man solche Erfolge hat."

Bittere Erfahrungen habe er in seiner Zeit als Gemeinderat habe er nur ganz wenige gemacht. "Es gibt Menschen, die lassen sich nur in den Gemeinderat wählen, um für sich selber möglichst viel rauszuholen, wie zum Beispiel ein eigenes Grundstück." Von den geschätzt 100 bis 150 Gemeinderäten, die er kennen gelernt habe, seien das jedoch höchstens zwei oder drei gewesen, bei denen das zugetroffen habe. Trotzdem sei es genau das, was er jungen Politikern mit auf den Weg geben wolle: "Wenn man sich in den Gemeinderat wählen lassen will, dann wirklich nur, wenn man etwas für die Bevölkerung tun will."

Das Schöne an der Kommunalpolitik sei im Unterschied zur Entscheidungsfindung auf höheren Ebenen: Man ist meistens einer Meinung. "Natürlich gibt es auf jede Frage zwei bis drei Antworten", räumt Herbert Blöchl ein, "im Wesentlichen sind die sich jedoch so ähnlich, dass man auch damit leben kann."

Seine Fähigkeiten als Teamplayer schätzt auch Kirchseeons Bürgermeister Udo Ockel (CSU): "Harry Blöchl hat einmal gesagt, die Verdienste während seiner Amtszeit fallen nicht einem einzelnen Gemeinderat zu, sondern sind immer eine Mannschaftsleistung gewesen. Das hat mir gefallen." Schmunzelnd fügt er hinzu, dass er Glück gehabt habe, nur den "altersmilden" Harry kennen gelernt zu haben: "In jungen Jahren muss er ein sehr kämpferischer Heißsporn gewesen sein." Er selbst, sagt Ockel, habe ihn vor allem als Gemeinderat erlebt, der mit großer Besonnenheit seine Anliegen vorgetragen und stets ausgeglichen auf das Geschehen eingewirkt habe. "Mein Eindruck war, dass es Harry Blöchl immer wichtig war, Entscheidungen für den Ort zu treffen - nicht für die Partei", sagt Udo Ockel.

Am 23. April wird er zum letzten Mal an einer Gemeinderatssitzung teilnehmen. Seine Nachfolgerin ist Barbara Bittner. Nach seinem Ausscheiden, so Blöchl, wolle er sich jedoch nicht aufs Altenteil zurück ziehen: "Ich werde nach wie vor mit Interesse die Politik verfolgen und mich über Entscheidungen freuen, welche die Gemeinde einen Schritt voranbringen."

© SZ vom 21.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: