Kommentar zur Gluckstraße Vaterstetten:Was weg ist, ist weg

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Die Gemeinde hat in der Vergangenheit viel zu oft das Bauen anderen überlassen und so ihren Einfluss auf die Entwicklung verspielt

Von Wieland Bögel

Wer will, dass etwas richtig gemacht wird, sollte es selber machen, so eine bekannte Redensart, auf die man sich derzeit offenbar im Vaterstettener Rathaus besinnt. Zumindest der Chef ist dieser Meinung, wie nun im Bau- und Straßenausschuss zu erleben war. Die Ankündigung von Bürgermeister Leonhard Spitzauer, das alte Schulgrundstück an der Gluckstraße durch die Gemeinde entwickeln zu lassen, war für die Gemeinderäte sichtlich neu - was sie hoffentlich nicht davon abschreckt hier mitzuziehen.

Denn tatsächlich sind viele der Probleme, welche die Gemeinde Vaterstetten plagen, dadurch verursacht, dass man in der Vergangenheit zu wenig selber gemacht hat. Beispiel Finanzen: Das vor sechs Jahren eröffnete Gewerbegebiet Parsdorf II sollte ursprünglich ein Projekt der Gemeinde werden. Weil man sich mit den Eigentümern der Flächen aber nicht einigen konnte - oder die Mühe scheute, hart zu verhandeln -, stieg ein Investor ein. Mit der Folge, dass die Gemeinde keine Mitsprache bei den Gewerbeansiedlungen hatte, was sich bis heute negativ bei den Steuereinnahmen bemerkbar macht. Und was offenbar ein heilsamer Schock gewesen ist, denn beim derzeit im Bau befindlichen Gewerbegebiet Parsdorf III hat die Gemeinde deutlich mehr Einsatz gezeigt, mit der Folge, dass in BMW und Krauss-Maffei zwei Firmen angesiedelt wurden, die zumindest in einigen Jahren brauchbare Steuereinnahmen versprechen.

Diesen Umschwung in der Auffassung, was Aufgabe einer Gemeinde ist, scheint der neue Bürgermeister von seinem Amtsvorgänger Georg Reitsberger übernommen zu haben und versucht, damit ein anderes Vaterstettener Grundproblem anzugehen: Die Siedlungsentwicklung. Auch diese hat die Gemeinde zu lange den freien Kräften der privaten Profitmaximierung überlassen, so wurden zwischen 2000 und 2018 genau Null Sozial- oder sonstige vergünstigte Wohnungen in der Gemeinde gebaut. Auch versäumte es Vaterstetten lange Zeit, an der Wertsteigerung von Grundstücken mitzuverdienen, erst 2017 wurde ein Konzept zur sozialgerechten Bodennutzung eingeführt. Seitdem gehen Teile der Gewinne aus Nachverdichtung oder Baulandausweisung in Form von Sozialwohnungen, Kitas oder Zahlungen an die Gemeindekasse an die Allgemeinheit.

Was Spitzauer nun vorschlägt, ist der logische nächste Schritt: Anstatt Investoren einen Teil des Gewinns in Form von bezahlbaren Wohnungen abzuknöpfen, baut die Gemeinde diesen dringend benötigten Wohnraum einfach selber. Ein solches Vorhaben hat der Bürgermeister in Vaterstetten Nordwest von seinem Vorgänger übernommen - und es scheint, er will es zu einem Präzedenzfall werden lassen.

© SZ vom 23.10.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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