Kommentar:Verwaltet statt gestaltet

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Hinter der Ankündigung von Zornedings Bürgermeister "Jedes Kind hat einen Platz" steht ein großes Fragezeichen

Von Viktoria Spinrad 

Ist es wirklich eine gute Idee, an zufällig verteilten Fragezetteln die gemeindeweite Bedarfsplanung von Kinderbetreuung auszurichten? Wieso gibt man einer Großtagespflege, die sich vergrößern will, in einer ohnehin überlasteten Gemeinde keine Chance? Und ist es wirklich bloß ein "Komfortproblem", wenn Kinder nach der Schule mit dem Bus zwischen zwei Ortsteilen pendeln müssen, um den Nachmittag rumzukriegen, bis die Eltern von der Arbeit kommen?

"Jedes Kind hat einen Platz", hat Zornedings Bürgermeister Piet Mayr (CSU) in dieser Woche verkündet. Doch was hinter dieser Aussage steht, wirft Fragen auf. Zum Beispiel die in Kitas verteilten Fragezettel. Es klingt wie ein Witz, dass man die Arbeits- und Einkommensplanung von Bürgern an Umfragezetteln zur gewünschten Hortbetreuung festmacht - die viele Eltern nach ihren Angaben nie zu Gesicht bekommen haben. Besser sieht die Verwaltung auch nicht bei ihrem Umgang mit den "Minimäusen" aus: Die Großtagespflege hatte zunächst vergebens angeboten, Schulkinder zu betreuen. Nun verzichtet sie nach eigenen Angaben auf 1000 Euro an Gebühren, weil sie doch zwei Hort-Kinder statt zweier Kita-Kinder in der bestehenden Gruppe unterbringt.

Peinlich ist das für eine Gemeinde, deren Finanzen sich wirklich sehen lassen können. Peinlich auch, dass sich Mayr ständig hinter Definitionsfragen versteckt - als ob es Eltern wichtiger wäre, dass eine Einrichtung das Siegel "Hort" trägt, als dass ihre Kinder ausreichend lange und auch in der Ferienzeit gut betreut sind. Zynisch wirkt Mayrs Hinweis auf ein "Komfortproblem" - als hätte er die moderne Lebensrealität seiner Bürger nicht begriffen, die Planungssicherheit brauchen, um arbeiten zu können.

Umso erfreulicher ist es, dass die Verwaltung nun ein zentrales Anmeldesystem einführen will, um etwas Struktur ins Chaos zu bringen. Lob gebührt auch den Trägern, die dafür ihre "Auswahlhoheit" aufgeben. Bleibt zu hoffen, dass die Verwaltung in Zukunft das Risiko eingeht, ein paar Plätze zu viel zu haben. Schließlich geht es hier nicht nur um Planungssicherheit für Eltern, sondern auch um die Kinder, die gegebenenfalls aus ihrer Umgebung gerissen werden. Auf dass jedes Zornedinger Kind in Zukunft seinen Platz bekommt - und nicht nur irgendeinen.

© SZ vom 01.06.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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