Kommentar:Verschont uns!

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Die Behauptung, die Gemeinde Forstinning habe falsche Gründe für die Umgehung vorgeschoben, ist frech. Die Argumentation dahinter ist aber teilweise nachvollziehbar.

Von Korbinian Eisenberger

Natürlich geht es bei der Debatte um die Forstinninger Umgehungsstraße um den Ebersberger Forst, um Schulkinder, um Lärm, um Grund, um Sicherheit und vielleicht ein bisschen darum, am Ende recht zu haben. Bei all dem geht es aber vor allem um eins: Darum, das Beste für sich selbst rauszuholen. Das ist per se nicht verwerflich, denn wer tut das nicht, wenn man ehrlich ist?

Die nie enden wollende Debatte um die Forstinninger Umfahrung war dafür bisher ein gutes Beispiel: Die einen wollten die Ortsumfahrung, egal wo - Hauptsache der Verkehr ist aus dem Ort. Die im Dorfzentrum wohnen, wünschten sich die Trasse auch, aber bitte im Forst, wo es vor allem die Schwaberwegener und die Wildschweine träfe. Was die Wildschweine wollen, weiß niemand, aber wahrscheinlich denken sie ähnlich wie die Schwaberwegener: "Verschont uns!"

Forstinning ist in dieser Hinsicht überhaupt nichts besonderes, man könnte die Diskussion in Dutzenden Regionen Bayerns genauso führen, und würde vielleicht am Ende zu einer mehr oder weniger guten Lösung kommen. Besonders ist aber die neueste Unterschriftenaktion der Bürgerinitiative - deshalb, weil sie ziemlich raffiniert ist. Anders als in allen bisherigen Versuchen, die Trasse dem Anderen vor die Haustür zu schieben, ist hier nicht so recht klar, wer welche Interessen vertritt. Die Behauptung, die Gemeinde habe falsche Gründe vorgeschoben und ihre Bürger bewusst getäuscht, ist ein starkes Stück, fast schon frech, zumal es schlichtweg keinerlei Anhaltspunkte gibt, die solch einen schweren Vorwurf erhärten würden.

Die Argumentation, die Gemeinde habe sich über all die Jahre zu wenig um eine Verkehrsberuhigung im Ort bemüht, ist jedoch durchaus nachvollziehbar. Warum schafft es eine Gemeinde seit Jahren nicht, einen Blitzer aufzustellen, eine Haltestelle zu versetzen und an den Ortsschildern ordentliche Tempo-Messgeräte aufzustellen? Und warum bringt es ein Gremium plötzlich fertig, einstimmig für eine komplizierte und umstrittenere Umgehung zu stimmen? Wie man es dreht und wendet: In der Kombination dieser beiden Fragen schwingt etwas mit, das einfach nicht zusammenpasst.

© SZ vom 16.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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