SZ-Serie Kommentar: Wohnen für alle:Schwabing darf kein Vorbild sein

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Der Ebersberger Marktplatz. (Foto: EBE)

Noch leben im Landkreis Ältere und Junge, Reiche und weniger Wohlhabende gut miteinander. Damit das so bleibt, muss sich einiges ändern.

Von Korbinian Eisenberger

Für die Hauseigentümer unter den etwa 138 000 Landkreisbewohnern mag es wie Musik klingen: Wohnen wird nicht nur in München immer teurer - sondern auch im Osten der Landeshauptstadt, und zwar vor allem in Ebersberg. Die Preise steigen dort, und auch wenn es für die Immobilienbranche lukrativ klingen mag, so birgt diese Entwicklung doch eine große Gefahr. Sie schadet nicht nur den Mietern, sondern der ganzen Region.

Die Kehrseite der hohen Mieten bekommt man im 40 Kilometer entfernten Schwabing serviert. Weil dem Stadtteil im Norden Münchens einst nachgesagt wurde, es handle sich um das Szeneviertel schlechthin, zogen dort bekanntermaßen immer mehr Menschen hin. Am Anfang war das spannend, weil sich neues Volk unter die Einheimischen mischte. Heute parken dort jedoch nur noch Edelkutschen in den Einfahrten, Schwabing ist längst zur süddeutschen Metropole der Anzugträger und Latte-Macchiato-Ladys geworden: ein Einheitsbrei aus 30- bis 50-Jährigen mit Cabriolets und prallen Geldbeuteln.

In Ebersberg ist es noch nicht so weit gekommen. Da laufen noch Kinder über den Mittwochsmarkt, im Eiscafé sieht man noch verlässlich Rentner bei einem Haferl Kaffee sitzen, und im Supermarkt trifft man Zugezogene aus fernen Ländern. Man könnte auch sagen, es handle sich trotz allem um eine gesunde demografische Mischung. Noch.

Angesichts der Entwicklungen im Landkreis ist nämlich zu befürchten, dass sich all das in den kommenden Jahren ändert. Kein Landkreis wächst so schnell wie Ebersberg, daran ist nicht zu rütteln. Doch auch hier steigen die Mieten, es fehlt an sozialen Wohnraum - und an bezahlbarem. Landrat Robert Niedergesäß moniert, dass die Mittelschicht bereits Schwierigkeiten bei der Wohnungssuche hat. Er hat das Problem erkannt, gelöst hat er es nicht.

Und auch wenn der Landkreis Ebersberg wohl kaum zu einem zweiten Schwabing verkommen wird: Für Familien ist es jetzt schon äußerst schwierig, eine Bleibe zu finden. Ob sich daran etwas ändert? Die SZ Ebersberg begibt sich in acht Serienteilen auf die Suche nach Antworten - etwa auch auf die Frage, ob vielleicht bald keine Kinder mehr über den Marktplatz rennen. Aussichten wie diese wären nicht gut für eine Region, in der man gerne daheim sein will.

© SZ vom 30.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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