Kommentar:Rückzug als Türöffner

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Die Abschiedsankündigung des Bündnis für Grafing könnte auch für den Stadtrat einen Neuanfang bedeuten

Von Thorsten Rienth

Die Grafinger BfG-Fraktion kandidiert bei den Kommunalwahlen 2020 nicht mehr für den Stadtrat. Stattdessen will sie Lokalpolitik außerhalb des Gremiums machen. Wie ist es um ein solches bestellt, wenn eine komplette Fraktion frustriert hinwirft? Wenn sie der Stadtratsarbeit einen Wechsel in die außerparlamentarische Opposition vorzieht?

Fünf Jahre nach der Kommunalwahl 2014 steht der Grafinger Stadtrat dort, wo niemand hinwollte - in einem Zankdreieck aus BfG, CSU und Grünen respektive Bürgermeisterin. Dessen jüngsten Resultate waren drei Aufsehen erregende Possen: die Versuche, den Weihnachtsmarkt zu kürzen. Den fast fertigen Öxinger Platz wieder aufzureißen und die Rotter Straße blau-weiß anzumalen. Sowie einem Stadtratskollegen nicht-öffentlich die Bewirtschaftung der Grundschulkantine zuzuschustern. Zwar hielten sich Freie Wähler und SPD - aber etwa auch CSU-Stadtrat Schorsch Schlechte - aus vielem anständig heraus. Doch die beiden Fraktionen stellen zusammen nur ein knappes Viertel des Stadtrats.

Natürlich: Derselbe hat einiges passabel hinbekommen. Fraktionsübergreifend beschloss er einen sozialeren Grundsatzbeschluss zum Einheimischenbauland. Er entwickelte den Aiblinger Anger und das ehemalige BayWa-Gelände. Er brachte den Um- und Ausbau der Grundschule auf den Weg sowie das Gewerbegebiet "Schammach II".

Was von den fünf Jahren seit der vergangenen Kommunalwahl jedoch überwiegt, ist das Bild eines Stadtrats, der entweder nicht willens ist, sich als kollektives Grafing-Gremium zu begreifen. Oder der es tatsächlich nicht kann. Es gibt Abende, da genügt schon ein falsch aufgefasster Tonfall, damit die Runde im Streit auseinandergeht. Und selbst wenn es gut läuft: Gemeinsam ins Wirtshaus geht's nach den Grafinger Sitzungen schon lange nicht mehr.

Mit seiner Abschiedsankündigung hat das BfG zwar vor allem für sich selbst die Reißleine gezogen. Gleichzeitig öffnete die Entscheidung dem Stadtrat aber auch die Tür zu einem personellen Neuanfang. Wenn die verbleibenden Ortsverbände einen solchen bei der Listenaufstellung zur nächsten Kommunalwahl ebenfalls im Hinterkopf hätten, wäre dem Gremium sehr geholfen. Und der Stadt freilich auch.

© SZ vom 25.06.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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