Kommentar:Der Stachel sitzt tief

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Die Entscheidung des Marktgemeinderats zum Berufsförderungswerk wirkt nach dem jüngsten Streit um Baumfällungen wie eine teure Racheaktion. Dem Miteinander mit der renommierten Einrichtung ist damit nicht gedient

Von Andreas Junkmann

Noch ist zwar kein einziger Bauarbeiter auf dem Bildungscampus des Kirchseeoner Berufsförderungswerks (BFW) zu Gange, die rund 50 Millionen Euro teure Generalsanierung hat aber bereits jetzt eine steile Karriere hinter sich - und zwar steil nach unten. Im Sommer vergangenen Jahres noch als Vorzeigeprojekt und richtungsweisend für den Ort gefeiert, konnte sich der Marktgemeinderat am Montagabend nicht einmal mehr dazu durchringen, den Bauantrag abzusegnen. Stattdessen gibt die ohnehin nicht gerade wohlhabende Gemeinde nun viel Geld aus, um per Bebauungsplan in die Sanierungsmaßnahme eingreifen zu können. Der Stachel muss wahrlich tief sitzen.

Dieser hatte sich in die Haut der Gemeinderäte gebohrt, als das BFW zum Jahreswechsel als Vorgriff für die anstehenden Arbeiten rund 100 Bäume auf dem Campusgelände gerodet hat. Im Rathaus war die Empörung entsprechend groß, hatte man doch vereinbart, im Vorfeld alle naturschutzfachlichen Belange zu klären. Das sei doch geschehen, hieß es dagegen vom BFW. Man habe entsprechende Gutachten eingeholt und bewege sich rechtlich im absolut erlaubten Bereich. Eine Prüfung durch die Gemeinde bestätigte wenige Wochen später diese Einschätzung. Dennoch waren die Fronten seither verhärtet.

So sehr, dass der Markt nun per Bebauungsplan teure Rache an der Bildungseinrichtung zu nehmen scheint. Bis zu 90 000 Euro ist es Kirchseeon wert, bei der Gestaltung der Stellplätze mitzureden. Dass das Bauvorhaben der Schule dadurch um mindestens ein Jahr verzögert wird, war dagegen nur ein Randaspekt, den die Mehrheit der Gemeinderäte offenbar gerne in Kauf genommen hat. Dabei hätte es in der Sitzung am Montag durchaus Stimmen der Vernunft gegeben. FDP-Gemeinderätin Susanne Markmiller etwa forderte das Gespräch zu suchen, statt teure Fakten zu schaffen. Auch bei der SPD konnte man sich mit dieser neuen Stufe der Eskalation nicht anfreunden.

Bei der Mehrheit im Gremium überwog allen Anschein nach aber der Drang, dem BFW eins auszuwischen. Wenn das jedoch der von Bürgermeister Jan Paeplow (CSU) beschworene partnerschaftliche Umgang mit der Bildungseinrichtung sein soll, dann wird sein erhoffter Weg zur gemeinsamen Basis ein sehr weiter werden.

© SZ vom 21.04.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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